0066 - Dämonenrache
Polizei eintraf, die sich nicht gern in die Altstadt wagte. Bis dahin war kaum noch jemand im Lokal. Die Aussagen der Anwesenden waren so widersprüchlich, daß sich nichts damit anfangen ließ.
Der Lokalbesitzer und die Kellner behaupteten, sie hätten überhaupt nichts mitbekommen. Plötzlich wären die Leute hinausgerannt und dann die Bauchtänzerin in Ohnmacht gefallen. Kommissar Mulay Hafid traf schließlich selbst ein und übernahm die Ermittlungen.
Die Bauchtänzerin kam wieder zu sich, als ihr der Polizeiarzt eine kreislaufanregende Spritze gab. Sie hatte einen schweren Schock erlitten und konnte sich an nichts erinnern. Als ihr Mulay Hafid ein paar Fragen stellte, begann sie zu schreien.
Sie mußte ins Krankenhaus gebracht werden.
Der dicke Kommissar mit dem blütenweißen Anzug, der auch jetzt seine dunkle Brille trug, wandte sich in französischer Sprache an Zamorra.
»Eine reichlich dubiose Angelegenheit, Monsieur le Professeur. Darf ich dieses strahlende Ding haben, mit dem Sie nach Aussage von ein paar Zeugen zur Bühne vorgingen?«
Eine Warnglocke klingelte in Zamorras Gehirn. Er brauchte sein Amulett dringend. Wenn Mulay Hafid es beschlagnahmte oder es behielt, um es untersuchen zu können, stand er da. Dann war er Abu Dschafar wehrlos ausgeliefert. Professor Zamorra zweifelte nicht daran, daß es ihm so gegangen wäre, wie Dr. Pierre Briand, hätte er sein Amulett nicht gehabt. Er glaubte nicht, daß er Abu Dschafar endgültig besiegt hatte. Bestenfalls einen Teil von ihm hatte er vernichtet.
Zamorra zwang sich zu einem Lachen.
»Ein strahlendes Ding? Davon ist mir nichts bekannt. Faydar al-Kabir, der Lokalbesitzer, und die Kellner haben schließlich auch nichts davon gesehen, ebensowenig Mademoiselle Duval und Monsieur Fleming. Ich sah eine unnatürliche Erscheinung, einen gräßlichen Kopf. Da ging ich vor zur Bühne, um mir das näher anzuschauen, denn ich bin Parapsychologe und kein schreckhafter Mensch. Da verschwand der Spuk. Mehr weiß ich nicht.«
Kommissar Mulay Hafid wußte genau, daß Zamorra ihm eine faustdicke Lüge erzählte.
»Vielleicht sollte ich Sie durchsuchen lassen, Monsieur le Professeur«, sagte er mit trügerischer Sanftheit.
Stand er vielleicht mit Abu Dschafar oder dessen Propheten, dem alten Abd el Bekim, im Bunde? Hatte er es deshalb auf das Amulett abgesehen?
»Das hätte gar keinen Zweck«, sagte Zamorra. »Selbst wenn ich einen solchen Gegenstand mit übernatürlichen Kräften in meinem Besitz hätte, was nicht der Fall ist, könnte ich ihn auf keinen Fall aus der Hand geben. Er könnte Unheil anrichten. Er könnte zum Beispiel, wenn er den Dämonenkopf, das Bildnis des Abu Dschafar, zerstört hätte, auch dessen Anhänger und Verbündete vernichten. Zu Staub verbrennen. Aber da ich einen solchen Gegenstand, wie gesagt, nicht habe, ist das natürlich illusorisch.«
Schweiß trat auf Mulay Hafids Stirn. Er hing an seinem Leben, und er ließ sich von Zamorra bluffen.
»Natürlich«, sagte er. »Ich vertraue Ihrem Wort. Wir sind doch Gentlemen. Ich fürchte, in dieser Sache kann ich nichts tun, aber ich werde mit dem Polizeipräfekten darüber reden. Rätselhaft, rätselhaft!«
Der Kommissar wollte nicht einmal Bill Flemings und Nicole Duvals Aussage hören, die sich bis jetzt zurückgehalten hatten. Abdul Aziz war im allgemeinen Durcheinander vor Eintreffen der Polizei verschwunden.
Er wollte bei einem Platz in der Nähe warten, hatte er Bill Fleming zugezischt.
Professor Zamorra und seine beiden Begleiter brauchten nicht länger im Lokal zu bleiben. Auch Kommissar Mulay Hafid und die acht Polizisten unter Führung eines Leutnants wollten gehen. Es war schließlich niemand zu Schaden gekommen, und es lag auch kein Verbrechen vor.
Zamorra, Nicole und Bill Fleming traten in die enge, von mehrstöckigen alten Häusern mit kleinen Fenstern begrenzte Gasse. Sie wollten in Richtung Basar gehen, zu dem Platz, wo Abdul Aziz mit dem Taxi wartete.
Es war nun schon nach Mitternacht. Drei weitere Gäste des Lokals, Einheimische, kamen hinter Zamorra, Nicole und Bill aus der Tür.
Da trat ein Mann aus einem der Häuser und versperrte ihnen den Weg.
Er war schon sehr alt. Er ging gekrümmt und trug einen dunklen, unsauberen Turban und eine schwarze Dschellaba. Der Alte stützte sich auf einen Knotenstock. Sein Gesicht war gefurcht, die dunklen Augen unter den buschigen weißen Brauen schauten böse drein.
Dieses Gesicht war vom Bösen geprägt. Ein kurzgestutzter
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