0067 - Die Teufelssekte
zeigte auf mich. In den Augen der Frau las ich den Willen, mich umzubringen. Ich wagte nicht, mich zu rühren.
Auch Glenda ging es schlecht. Die schwarzhaarige Frau stand mit dem Rücken gegen die Wand gepreßt.
Vor ihr tänzelte Donna Summers von einem Fuß auf den anderen. Das Messer hielt sie fest umklammert, die Spitze zeigte auf Glenda Perkins.
»Ich bringe dich um!« kreischte Donna. »Ich bringe dich um!« Sie war rasend in ihrem Haß.
Doch Ruth behielt die Übersicht. »Nein, nicht!« schrie sie. »Laß sie in Ruhe. Sie kommt später an die Reihe!«
Donna gehorchte. Sie trat einen Schritt zurück, behielt ihre ›Freundin‹ aber nach wie vor im Auge.
Die Situation hatte sich wieder ein wenig entspannt.
Ich atmete auf.
Wo mich der Schlag getroffen hatte, schwoll meine Wange an. Auch spürte ich das Brennen auf meiner rechten Wange.
Die Narbe machte sich bemerkbar. Wahrscheinlich würde sie wieder dunkelrot glühen. Das geschah immer, wenn ich mich in gewissen Streßsituationen befand.
Und die beiden Glatzköpfe?
Sie hatten den Raum verlassen, betraten ihn jedoch jetzt wieder und trugen eine Kiste.
Mitten im Zimmer stellten sie sie ab.
Ruth lachte. »Endlich«, sagte sie. »Endlich kann es losgehen.« Sie freute sich wie ein Kind und funkelte mich dabei an. Mir war gar nicht wohl in meiner Haut.
»Öffnet sie!« befahl Ruth den beiden Männern.
Die Glatzköpfe machten sich an die Arbeit. Sie trugen noch immer ihre hellroten Anzüge. Wahrscheinlich gingen sie darin auch schlafen. Geschickt lösten sie die Deckelverschlüsse und hoben den Deckel dann hoch.
Ich konnte von meinem Standort nicht sehen, was sich in der Kiste befand.
Die Männer öffneten die Seitenteile und ließen sie nach unten fallen. Die Kiste fiel schnell auseinander.
Jetzt erkannte ich ihren Inhalt.
Es war ein gläserner Sarg!
***
Unangenehme Erinnerungen an ein weit zurückliegendes Abenteuer keimten in mir hoch. Damals spielten auch gläserne Särge eine Rolle, und ich hatte Abbot, einen Ghoul, gejagt. [6]
Doch ein Ghoul hatte in diesem Fall nichts mit dem Sarg zu tun.
Im Gegenteil.
Diesmal lag eine Frau in dem gläsernen Sarg.
Still, ruhig, wie tot.
Aber daran glaubte ich nicht. Ich nahm an, daß diese Frau Serena Kyle war.
Das Glas war so fantastisch geschliffen, daß ich jede Einzelheit wahrnehmen konnte. Nichts wurde verzerrt. Ich konnte durch den Sarg schauen, als bestünde er aus Fensterglas.
Ich drehte ein wenig den Kopf, so daß sich Ruths und meine Blicke trafen.
Die Frau kräuselte die Lippen zu einem kalten Lächeln. »Das ist sie«, sagte sie, »das ist Serena Kyle. Du wolltest sie doch kennenlernen, Sinclair?«
»Ja.«
»Sie wird sicherlich mit dir reden, Bulle, bevor du selbst in diesen Sarg gesteckt wirst.«
Scharf holte ich Luft. Ich hatte zwar mit dieser Vorankündigung gerechnet, aber jetzt, da man mir die Wahrheit unverblümt ins Gesicht sagte, erschreckte sie mich doch.
»Angst?« höhnte Ruth.
»Wie man’s nimmt.«
»Natürlich hast du Angst, Sinclair. Jeder hat Angst, wenn er in einen Sarg gesteckt wird. Du wirst noch einige Zeit leben. Aber dann wird dir die Luft knapp. Hast du schon einmal erlebt, wie das ist, wenn man immer weniger Sauerstoff bekommt? Hast du das schon mal mitbekommen? Es muß ein Gefühl sein wie…«
»Ja, ich habe es schon erlebt«, erwiderte ich kalt. »Man hat mich bereits einmal lebendig begraben.«
Ruht zuckte zusammen. »Und du bist freigekommen?«
»Sonst wäre ich nicht hier.«
Sie lachte kalt. »Humor hast du auch«, sagte sie. »Aber einen verdammt miesen.«
»Für Sie vielleicht.«
Ruth schüttelte unwillig den Kopf. Dann zischte sie den beiden Glatzköpfigen einen Befehl zu. »Los, öffnet den Sarg. Serena will sicherlich ihr gläsernes Gefängnis verlassen.«
Die Männer nickten.
Sie gehörten zu den Typen, die überhaupt keine eigene Meinung besaßen. Sie führten nur Befehle aus.
Befehle, die man ihnen gab. Dabei war es egal, ob es sich um Einbruch oder Mord handelte. Die Männer schauten mir so aus, als hätten sie kein Gewissen.
Vielleicht waren sie auch geistesgestört. Wer konnte das wissen? Wen ja, dann waren diese Leute nur zu bedauern.
Sie verteilten sich. Einer baute sich am Fußende des Sargs auf, der andere am Kopfende.
Sie bückten sich, legten ihre Hände auf den Deckel und hoben ihn an.
Die Männer besaßen Kraft, denn so leicht war der Sargdeckel nicht anzuheben. Zwischen ihm und dem Unterteil befand sich ein Gummiwulst,
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