Falling in love
1. Kapitel
Die letzten Sommertage
28. August, 19.23 Uhr
»Also schön.«
»Also was?«, frage ich. Dabei ist mir klar, was sie fragen will. Seitdem der Sommer begonnen hat, stellt sie jeden Tag dieselbe Frage. Und jedes Mal lautet die Antwort nein.
»Hat er dich angerufen?«, fragt Maggie.
»Du musst dich damit abfinden, dass das nicht passieren wird«, sage ich.
Am schlimmsten ist eigentlich die Aussicht, nächste Woche ein Senior zu sein und immer noch keinen Freund zu haben. Ich meine jetzt nicht so einen Mathe- oder Physikfreak, mit dem ich irgendwann zusammenkomme, nachdem er mich wochenlang angehimmelt hat. Ich meine einen richtigen Freund. Den Mann meiner Träume. Mit allem Drum und Dran.
»Sara«, sagt Maggie. »Ist dir klar, was das heißt?«
Besser, ich beachte sie nicht. Maggie ist hoffnungslos romantisch. Ich glaube nicht, dass das Leben voller Romantik ist. Oder besser gesagt: Den ganzen Sommer wollte ich daran glauben. Aber Dave hat einfach nicht angerufen.
»Das heißt, dass er ein Riesending plant«, meint Maggie.
»Etwas Gigantisches«, sagt Laila.
»Es wird dich umhauen«, kommt es von Maggie.
Dave ist Ende letzten Jahres von Colorado hierher gezogen und auf unsere Schule gewechselt. Er spielt Basketball und sieht wahnsinnig gut aus. Er ist ein Halbgott. Seitdem er sich bei der Vollversammlung neben mich gesetzt hat – und es gab einige wesentlich hübschere und beliebtere Mädchen, neben die er sich hätte setzen können –, warte ich darauf, dass er den ersten Schritt macht. Danach haben wir ab und zu ein paar Worte gewechselt, aber es ist nichts passiert. Als er mich dann am letzten Schultag nach meiner Nummer gefragt hat, habe ich sie natürlich in sein Jahrbuch geschrieben. Ich dachte, Dave ruft mich gleich am nächsten Tag an. Aber … nichts. Maggie ist fest davon überzeugt, dass Dave mich mag. Aber wenn das wirklich so ist, wieso meldet er sich dann nicht?
Es ist schrecklich, dass ich mich wegen eines Typen so mies fühle. Und noch schrecklicher ist, dass ich nichts dagegen tun kann.
»Themenwechsel!«, rufe ich.
Maggie wendet sich an Laila. »Wann, glaubst du, wird er sie um ein Date bitten?«
»Am ersten Schultag«, sagt Laila. »Spätestens am zweiten.«
»Können wir uns jetzt wieder auf das Spiel konzentrieren?«, frage ich. Über den Minigolfplatz schallt Can’t Fight This Feeling .
»Na gut. Eure Lieblingsszene aus einem Horrorfilm«, fängt Laila an.
»Oooh!«, sagt Maggie. »Gute Frage.«
»Ich muss erst mal überlegen«, sagt Laila.
Ich schlage meinen pinken Minigolfball etwas zu fest.
»Ich weiß es«, sagt Maggie. »Meine ist aus einem Horrorfilm mit Freddy Krueger. Er liegt unter dem Bett von diesem Mädchen. Langsam schlitzt er sie auf… und sie verschwindet in der Tiefe oder so. Ich weiß es nicht mehr genau. Jedenfalls, als ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, hatte ich lauter Kratzer am Hals.«
»Genau!«, sagt Laila. »Ich erinnere mich. Das war in der achten Klasse, oder?«
»Ich glaub schon.«
»Gruselig«, sage ich.
Mein Minigolfball prallt von einem pinken Plastikflamingo ab und rollt zu mir zurück.
Obwohl wir beste Freundinnen sind, kennen wir einander nur zu fünfundachtzig Prozent. Deshalb haben wir das Game of Favorites erfunden. Seit wir die offensichtlichen Dinge abgehakt haben, stellen wir Fragen, die uns gerade so durch den Kopf gehen. Dadurch finden wir auch den Kram heraus, den man von seinem Gegenüber normalerweise nicht erfährt.
Eigentlich wäre ich jetzt dran, aber mir fällt nur eine Horrorszene ein und die zeigt Dave, wie er sich schlapp lacht, weil ich in Betracht ziehe, dass er mich mögen könnte. Mit der Spitze meines Golfschlägers schlage ich sanft gegen Lailas Schläger. »Du bist dran.«
Laila überlegt noch. Ihr Minigolfball rollt am Flamingo vorbei und kommt direkt neben dem Loch zum Liegen. Laila ist perfekt im Minigolf. So wie sie in allem perfekt ist. Auch ihr Sommer war perfekt: Sie hat im Overlook-Krankenhaus hospitiert. Laila will Kinderärztin werden. Alle in ihrer Familie sind Ärzte, außer ihrem Bruder. Aber das liegt daran, dass der erst acht ist.
»Okay«, sagt Laila. »Wisst ihr noch, wie wir letztes Halloween American Werewolf ausgeliehen haben?«
»Und weiter?«
»Wisst ihr auch noch, wie die zwei Typen im Film mitbekommen, dass sie im Moor gelandet sind, vor dem alle sie gewarnt haben?«
»Äh…« Ich sehe zu Maggie. Sie schaut mich an, als wollte sie sagen: Ich habe keine Ahnung,
Weitere Kostenlose Bücher