0067 - Zwischenspiel auf Siliko V
dann verwässerte er die Kraft, die hinter seinen Worten steckte. Sie mußte selbst darauf kommen und verstehen, was er damit gemeint hatte.
Ihr Blick wechselte ununterbrochen im Ausdruck. Tifflor erlebte, wie stark Arkoniden hassen können, wie furchtbar ihre Wut ist und er erlebte auch arkonidische Willenskraft und Beherrschungskunst.
„Warum ... warum tut Ihnen Thomas leid, Oberst?"
„Weil ich ihn in den wenigen Tagen, in denen er auf Rusuf seinen Dienst erledigt, ununterbrochen studiert habe.
Thomas Cardif ist in all seinen Gefühlen Arkonide! Er ist ein Mensch von zwei Welten. Mit einem Bein steht er unverrückbar fest auf der Erde und mit dem anderen ebenso sicher auf Arkon! Das ist sein Unglück ..."
Er hatte leidenschaftslos gesprochen, so nüchtern wie Juristen, die vor Gericht einen Angeklagten verteidigen.
„Arkonide...?" Das war Thoras Echo auf seine Worte. Lauschte sie nun dem Wort „Arkonide" nach?
Plötzlich wurde Julian Tifflor diese Frau unheimlich. Zum erstenmal offenbarte sie ihm, daß zwischen der Erde und Arkon der Abgrund der Ewigkeit lag. Mensch und Arkonide waren sich ähnlich - äußerlich - aber in ihrem Wesen fremd.
„Stimmt das auch?"
Was Reginald Bull in der Unterredung mit Perry passiert war, daß er seine Gedanken zu Worten machte - dasselbe erlebte jetzt Oberst Tifflor.
„Was, Oberst?"
Er nahm nicht nur zur Notlüge Zuflucht. Er sagte Thora, was er gerade gedacht hatte. Und sie hörte ihm zu. Sie mußte ihm zuhören, denn es ging ja auch sie an. Sie war die Frau eines Terraners - Perry Rhodans Frau. Hatten sie sich beide versündigt, indem sie heirateten?
Diese neue Angst wollte sie schon anfallen, als sie sich ihres Jungen erinnerte, und im gleichen Moment flammte in ihren Augen der Stolz der Mutter auf, weil sie einem gesunden Kind das Leben geschenkt hat.
„Tiff, es stimmt nicht! Ist Thomas gesund oder krank?"
Da brachte er sein verwegenes Lachen auf. „Gesund!" schnarrte er. „Kerngesund! Ja..."
„Dann muß es auch einen Weg geben, den ich betreten kann, ohne, daß Ihnen Thomas leid tut, Tiff."
Er machte ihr keine Hoffnung. Wieder sagte ihm der Instinkt, daß er diese Frau auch nicht mit der elegantesten Lüge betrügen konnte. „Frau Thora, ich wüßte keinen Weg, und wieder komme ich auf meine Beobachtungen zurück: Thomas Cardif ist in seinen Gefühlen Arkonide, in seinem Denken Mensch und das macht es Ihnen unmöglich, den Weg zu ihm zu finden."
„Und wenn mein Mann ..."
Oberst Tifflor ließ sie nicht ausreden. Je schneller sie die Wahrheit erfuhr, um so besser war es auch für sie. „Der Chef ist verzweifelt, Frau Thora! Ich habe eigentlich nicht das Recht, es Ihnen zu sagen, aber jetzt ist es meine Pflicht."
„Lassen Sie mich jetzt bitte allein, Tiff..." Unter Tränen lächelte sie ihm zu, und dann war er schon an der Tür, als sie ihm nachrief: „Tiff, Sie sind immer noch der gleiche feine Kerl!"
Da schloß Julian Tifflor blitzschnell hinter sich die Tür. Auf dem Flur wischte er sich über die Augen.
Auf halbem Weg zum Verwaltungsgebäude wurde er von einem Wach-Robot kurz aufgehalten. Im breiten Kordon war der Bungalow umstellt. Oberst Tifflor dachte nicht daran, die Robots zu entfernen. Er konnte und durfte bei Thora auch nicht das kleinste Risiko eingehen. Auch der Luftraum über dem Bungalow wurde beobachtet.
Sorgenvoll betrat der Oberst sein Arbeitszimmer. Die Ordonnanz folgte ihm dichtauf. Aber heute konnte Tifflor keine Verwaltungsarbeit sehen. „Lassen Sie mich allein. Nur in dringlichen Fällen bin ich zu stören!"
Schwer legte er den Kopf in seine Hände. Seine Gedanken rannten sich immer wieder an einem Punkt fest, und der hieß Thomas Cardif.
Der junge Mann mit seinem Arkoniden-Stolz, dem Hochmut und seiner oft blitzartig aufflammenden Starrköpfigkeit war das unüberwindliche Hindernis für seine Eltern, sich ihm zu erkennen zu geben.
Auch die Positronik auf der Venus, die seinen Charakter bewertet hatte, war zu diesem Resultat gekommen und hatte eindringlich gewarnt. Es war eine Tragödie. Thomas Cardif war der Mensch von zwei Welten; jede Welt hatte ihm die Hauptmerkmale gegeben. Thomas Cardif war eine Mischung der Extreme.
Julian Tifflor wagte keinen Schuldspruch zu fällen, noch ihn zu denken. Thoras verzweifelten Schmerz würde er nie vergessen und auch nicht die Anstrengung, unter der er ihr den kurzen Satz gesagt hatte: „Mir tut Thomas Cardif leid!"
Dieser Satz enthielt eine mitleidlose Wahrheit. Mit diesem
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