0075 - Das tödliche Tagebuch
Schultern. »Ich kann Sie nicht zwingen, es zu glauben.«
»Der Sohn des Teufels«, sagte Sands. Und noch einmal schüttelte er ungläubig den Kopf. »Im Film mag so etwas recht gut ankommen, aber im wirklichen Leben… Nun ja. Jeder Mensch kann glauben, was er möchte, nicht wahr?« Der Journalist blickte auf seine schlanken Hände. »Drogan ist also sein Name. Woher wissen Sie das?«
»Ich konnte mich auf telepathischem Wege an ihn herantasten«, erwiderte Zamorra.
Sands breitete die Arme aus. »Tja, da kennen Sie also nun seinen Namen, aber im Grunde genommen können Sie damit so gut wie gar nichts anfangen.«
»Vielleicht doch.«
Sands lachte. »Ich nehme an, er läuft nicht wie der Sohn des Teufels in unserer Stadt herum.«
»Das ist richtig. Er befindet sich im Körper eines Menschen.«
»Das bedeutet doch… Bitte korrigieren Sie mich, wenn ich etwas Falsches sage… Das bedeutet doch, daß Sie keine Ahnung haben, wie er aussieht und welchen - sagen wir - weltlichen Namen er trägt.«
Zamorra wanderte nicht mehr weiter durch den Raum. Er blieb hinter dem Sofa stehen und sagte: »Ich muß Sie tatsächlich korrigieren, Mr. Sands. Ich weiß sehr wohl, wie er aussieht und welchen weltlichen Namen er trägt. Er hatte die bodenlose Frechheit, hierherzukommen, Mr. Sands. Er befindet sich in diesem Raum, Mr. Sands. Sie sind Drogan, Mister Gordon Sands! «
***
Ohne daß Drogan es sehen konnte, hatte Zamorra die Silberkette, an der sein Talisman hing, abgenommen. Von Anfang an hatte der Parapsychologe die dämonische Ausstrahlung gespürt, die von dem Journalisten ausging. Jetzt wollte er beweisen, daß er die Wahrheit gesagt hatte. Sein Amulett sollte den Sohn des Teufels, der sich in Sands Körper befand, entlarven.
Blitzschnell, bevor Sands noch reagieren konnte, warf Zamorra dem Journalisten die Silberkette um den Hals. Jetzt hing der Talisman des Parapsychologen vor Gordon Sands Brust. Der Mann stieß einen markerschütternden Schrei aus. Zamorras Amulett brannte ihm ein tiefes Loch in die Brust. Er heulte schaurig auf, schnellte hoch und vollführte einen ekstatischen Tanz. Seine Hände wurden zu grauenerregenden Klauen. Nun brach Drogan auch aus Sands Gesicht heraus. Nicole Duval blieb bei diesem scheußlichen Anblick der Atem weg. Bill Fleming wich erschrocken vor dem zotteligen Ungeheuer zurück. Sands Fratze hatte glühende Augen, aus dem Schädel ragten kräftige Hörner. Die harten Lippen klafften weit auf und entblößten ein gefährliches Raubtiergebiß.
Drogan wollte sich das Amulett vom Hals reißen, aber es war ihm nicht möglich, die Silberkette anzufassen.
Die Bestie stampfte brüllend durch den Raum. Ein furchtbarer Schwefelgestank legte sich auf die Lungen der Anwesenden. Drogan litt wahnsinnige Qualen. Er wand sich unter unsagbar schmerzhaften Krämpfen, stieß fürchterliche Schreie aus und wirbelte zuckend, als hätte er die Orientierung verloren, durch den Livingroom. Es war ein grauenvolles Schauspiel, das der Sohn des Teufels den Anwesenden bot. Das Loch in Drogans Brust wurde immer größer. Rauch und Flammen schlugen daraus hervor. Der Dämon konnte diese irrsinnigen Schmerzen nicht mehr ertragen. Mit einem ohrenbetäubenden Schrei hetzte er durch das Zimmer. Ein Sprung. Wie katapultiert flog der Unhold auf das geschlossene Fenster zu. Sein Körper durchbrach das Glas mit ungestümer Kraft, und dann sauste das Monster, von einem schaurigen Gebrüll begleitet, in die Tiefe. Da kam der Aufprall. Stille. Aber nur für wenige Schrecksekunden. Dann fingen unten auf der Straße die Leute entsetzt an zu kreischen.
Zamorra jagte wie von Furien gehetzt aus Bills Wohnung.
Er boxte sich unten durch die Menschenmenge, die Drogan umringte.
Da lag er.
Er war wieder zu Gordon Sands geworden. Zamorra kniete neben dem Toten nieder und nahm ihm das Amulett ab.
Sands Gesicht wirkte entspannt. Zamorra hatte den Eindruck, ein seliger Zug würde um den Mund des Journalisten liegen. Es sah so aus, als wäre Gordon Sands froh, von all dem Übel, das ihn in seinen Klauen gehabt hatte, erlöst zu sein.
Während Zamorra bei dem Toten blieb, rief Bill Fleming Captain Vicker an. »Ich hatte recht«, sagte der Historiker mit belegter Stimme. »Ich hatte recht, als ich behauptete, nur Zamorra könne den Mädchenkiller zur Strecke bringen…«
ENDE
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