0075 - Das tödliche Tagebuch
aus der Klemme schon raushauen, bevor sie noch richtig drinnen steckt.«
»Wir werden sie nicht enttäuschen«, gab Zamorra zurück. »Ich melde mich in ein paar Minuten wieder. Ende.«
»Okay. Ende.«
***
Jackson Heights. Drogan wußte nicht, warum es ihn immer ausgerechnet hierher zog. Er hätte überall in New York zuschlagen können, aber das tat er nicht. Er wollte es in Jackson Heights tun. Ein dämonisches Grinsen huschte über sein Gesicht. Die Polizei war ratlos. Drogan lachte. Er hatte die Absicht, die Polizei lächerlich zu machen. Er wollte auf der Nase von Captain Vicker tanzen.
Zwei Mädchen kamen ihm entgegen.
Er blieb stehen. Die beiden diskutierten ein ernstes Problem. Er lächelte, als ihn eines der beiden Mädchen mit einem kurzen Blick streifte. Ihre Augen wischten an ihm vorüber, kehrten dann aber wieder zu ihm zurück. Ihr Blick zeigte Interesse. Drogan sagte zu sich: »Jammerschade, daß sie nicht allein ist. Sie wäre wieder genau richtig für mich. Du hast Glück Mädchen. Verdammtes Glück. Aber du weißt es nicht.«
Die Girls gingen an ihm vorbei. Die Kleine schaute sich noch einmal nach ihm um. Er nickte ihr zu. Sie nickte ebenfalls. Dann bogen die Mädchen um die nächste Ecke.
»Bei der hätten wir Chancen gehabt!« lachte der Unhold. »Teufel, warum war sie nicht allein?«
Für einen Augenblick stand Drogan unschlüssig da. Sollte er den beiden nachgehen? Irgendwann würden sie sich trennen. Dann hatte er sein Opfer. Was also? Hinter den beiden herlaufen? Vielleicht durch die halbe Stadt? Nein. Das war nicht nach Drogans Geschmack. Er hatte keine Ausdauer. So etwas mußte schnell gehen. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel wollte er töten. Viele Straßen hinter seinem Opfer herzurennen machte ihm keinen Spaß.
Mit einem Ruck wandte er sich um.
»Nein«, sagte er zu sich. »Nicht diese. Du wirst eine andere finden. Eine, die allein ist, und glücklich ist, deine Bekanntschaft machen zu dürfen.«
Er lachte schallend und setzte seinen Weg fort. Ein kräftiger Bursche lehnte in der nächsten Hauseinfahrt, an der Drogan vorbeikam. Blitzschnell taxierte der Kerl den Vorbeigehenden. War bei dem etwas zu holen? Wenn ja, wieviel? Drogan starrte ihn feindselig an.
Er soll's nur versuchen! dachte er gereizt. Er soll es nur wagen, über mich herzufallen. Ich würde ihn zerlegen.
Der andere schien das instinktiv zu spüren. Die Muskel, die er zuvor angespannt hatte, wurden jetzt wieder locker. Ein höhnisches Grinsen huschte über das kantige Gesicht des Verbrechers. Ein anderer, etwas älterer Mann würde ihm gewiß weniger Schwierigkeiten machen als dieser da.
Drogan knurrte innerlich verächtlich: »Feigling!«
Er wechselte die Straßenseite.
Zwei Blocks weiter nahmen seine Augen einen hungrigen Glanz an. Dort vorn ging ein Mädchen. Allein. Sie war schlank und gut angezogen. Die Straße war schmal und nicht besonders hell. Ideale Bedingungen. Drogan lachte verhalten. Er hatte es ja gewußt. New York ging geradezu über von jungen hübschen Mädchen…
***
Obwohl Zamorras Amulett Nicole sehr viel psychische Kraft verlieh, war sie doch entsetzlich nervös. Jetzt, wo sie diese düsteren Straßen entlangging, hatte sie beinahe den Eindruck, sich etwas zuviel zugemutet zu haben. Zamorra und Bill hätten Verständnis dafür gehabt, wenn sie die Sache auf der Stelle abgeblasen hätte. Kein Wort des Vorwurfs wäre von dieser Seite zu erwarten gewesen. Aber Nicole Duvals Stolz ließ es nicht zu, daß sie vor ihrer Unruhe und der quälenden Angst kapitulierte. Sie preßte trotzig die Lippen zusammen und hämmerte sich pausenlos ein: Du mußt durchhalten. Du mußt es durchstehen. Wenn du jetzt umkippst, ist die einzige Chance vertan, jener grausamen Bestie das Handwerk zu legen.
Während sie mit festem Schritt den Bürgersteig entlangging, versuchte sie sich einzureden, daß ihr im Grunde genommen ja wirklich nichts passieren konnte.
Zamorra fuhr hinter ihr her.
Bill Fleming war auch ganz in der Nähe. Wenn der Unhold sich auf sie stürzen würde, wären Bill und Zamorra in wenigen Sekunden zur Stelle.
Was sollte dabei schiefgehen?
Außerdem trug sie auch noch den silbernen Talisman des Professors. Besser konnte sie gar nicht beschützt werden.
Nein, es konnte nichts schiefgehen. Sie war bestens gewappnet.
Es war das lange Warten, das ihr den Nerv tötete. Und dabei war noch nicht einmal raus, ob der Killer heute abend auch tatsächlich wieder in Jackson Heights sein Unwesen
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