0075 - Die Horror-Cops
Weißen. Ein Sergeant mit dicken Tränensäcken unter den Augen, aber Muskelpakete, die sich sehen lassen konnten.
»Sie wünschen, Madam?«
Laurie war dicht vor der Barriere stehengeblieben. Jetzt stützte sie ihre Hände auf das abgeschabte Holz.
»Ich bin Zeuge einer Entführung geworden.«
»So?« In den Augen des Cops glomm nicht einmal Interesse auf. In der South Bronx war man viel gewohnt. »Wer ist denn entführt worden?«
»Ein Kollege von mir!«
»Und was sind Sie?«
»Reporterin. Ich…«
»Aha.«
Laurie regte sich über die Teilnahmslosigkeit der Männer schrecklich auf. »Was heißt hier aha. Es geht um Tod oder Leben. Sie müssen etwas tun, denn mein Kollege ist von Cops entführt worden.«
»Das glauben Sie doch selbst nicht.«
»Doch, Sergeant. Und diese Cops waren keine Menschen, sondern Gerippe.«
Jetzt fing der Sergeant an zu lachen. Bis auf den Schwarzen stimmten die anderen in das Gelächter mit ein.
Laurie schaute die Männer an. In ihren Augen blitzte es. Sie kam sich plötzlich furchtbar angeschmiert vor.
»Wollen Sie mir zuhören oder nicht!« schrie sie und war den Tränen nahe.
Das Gelächter verstummte.
»Okay, Lady«, sagte der Sergeant und beugte sich vor. Laurie roch seinen säuerlichen Atem. »Was haben Sie gesehen? Die Nacht ist ruhig wie lange nicht mehr. So etwas sind wir nicht gewohnt, deshalb freuen wir uns so. Verständlich oder?«
»Vielleicht. Aber während Sie hier herumsitzen, ist mein Kollege von drei Skeletten entführt worden. Von lebenden Skeletten, die Polizeiuniformen trugen und aus einem Patrol Car gestiegen sind. Begreifen Sie das?«
»Ja.«
»Und?«
»Nichts und. Sie sind nicht die erste, die uns mit diesen komischen Skeletten belästigt.«
Laurie holte tief Luft. »Dann glauben Sie mir also nicht?«
»Nein.«
»Sie sind aber verpflichtet, meine Aussage aufzunehmen, das heißt, zu protokollieren.«
»Bitte.« Der Sergeant deutete auf einen hinter der Barriere stehenden Stuhl mit einem grünen Filzsitz. »Nehmen Sie Platz. Ray Onedin wird Ihre Aussage aufnehmen.«
Corporal Onedin war der Schwarze. Er lächelte und zeigte dabei ein blendendweißes Gebiß.
Der Sergeant hob einen Balken hoch, so daß Laurie hinter die Barriere gehen konnte. »Und eine Fahndung lassen Sie nicht anlaufen?« fragte sie.
»Nein.«
»Dann glauben Sie mir nicht?«
Der hartgesottene Bronx-Sergeant schob seinen Kaugummi in den anderen Mundwinkel und grinste.
Diese »Antwort« reichte Laurie. Sie überlegte sogar, ob sie wirklich ein Protokoll aufsetzen sollte, entschied sich aber dafür, daß sie später etwas in der Hand haben wollte.
Corporal Onedin nahm vor seiner alten Schreibmaschine Platz. Der Tisch stand im rechten Winkel zu Laurie Ball.
Sie machte Angaben zu ihrer Person und berichtete.
Onedin nahm alles auf. In seinem Gesicht regte sich kein Muskel. Die anderen Cops hörten zu.
Es war unheimlich ruhig auf dem Revier. Normalerweise war sonst die Hölle los, aber in dieser Nacht passierte rein gar nichts. Als würde die South Bronx schlafen.
Hin und wieder rasselte das Telefon. Fahndungsmeldungen, die notiert wurden. Mehr nicht.
Der Bericht zog sich über drei Seiten hin. Als Laurie fertig war, lächelte der Korporal, zog das Blatt aus der Maschine und legte es der Reporterin samt Kopie zur Unterschrift hin.
Laurie las das Protokoll durch und zeichnete ab.
Der Sergeant erhob sich ächzend von seinem Stuhl. »Wir werden der Sache nachgehen«, meinte er lahm. Es war mehr eine Alibi-Antwort.
»Das brauchen Sie gar nicht«, erwiderte Laurie spitz.
»So?«
»Ich danke Ihnen für Ihre Mühe.« Die Reporterin lächelte krampfhaft. Sie hatte auf die Frage des Polizisten keine Antwort gegeben, nahm ihre Handtasche und ging zur Tür.
»Moment noch«, sagte der Sergeant.
An der Tür drehte sich Laurie um.
»Haben Sie einen Wagen?«
»Nein, ich bin mit dem Taxi gekommen.«
Der Sergeant dachte nach und legte seine Stirn in Falten. »Die Gegend ist gefährlich. Corporal Onedin wird Sie nach Hause fahren.«
Laurie lächelte spöttisch. »Auf einmal diese Ritterlichkeit, Sergeant?«
»Man weiß ja, was man den Bürgern schuldig ist.«
Onedin trat an Laurie vorbei. Er hielt ihr die Tür auf, und die Reporterin verschwand.
Sie nahmen den ersten Streifenwagen. Noch immer war es ruhig. Keine Straßenbanden fochten ihren Krieg aus, keine Schreie, keine Schüsse, keine heulenden Polizeisirenen.
Glatt und dunkel spannte sich der Himmel über New York. Es
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