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0084 - Schreie in der Hexengruft

0084 - Schreie in der Hexengruft

Titel: 0084 - Schreie in der Hexengruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Saupe
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ihrer Eltern nicht mehr erreichte.
    »Da drüben«, sagte Zamorras Begleiterin. »Dort ist das Haus der Familie.«
    Im Haus brannte noch Licht.
    »Wenigstens brauchen wir die Leute nicht zu wecken«, sagte Zamorra und klopfte gegen die Scheiben eines erleuchteten Fensters.
    Einen Klingelknopf oder etwas Ähnliches gab es nicht.
    Von drinnen wurden schlurfende Schritte hörbar. Dann öffnete ein Mann die Tür. Er war Mitte der Fünfzig. Trotz seiner Brille schien er nicht gut zu sehen.
    »Wer seid ihr?« fragte er, dem Brauch der Bergbewohner gemäß.
    »Ich bin Jana, eine Kollegin von Marja Bendic«, stellte die Rumänin sich vor.
    »Guter Gott! Wir haben gehört von dem jungen Mädchen. Ist am Tag nach unserer Idrina verschwunden.«
    »Deswegen sind wir hier, Matilec«, sagte Jana. »Dieser Herr kommt aus Frankreich. Er will Idrina suchen und sie befreien.«
    Der Mann sah auf den Professor.
    »Das wird kein Fremder können, Herr«, sagte er. »Wir wissen nicht, wo wir suchen sollen. Da wird kein Fremder helfen. Aber kommt ins Haus, wenn ihr uns fragen wollt.«
    »Ihr habt von diesem Mann schon gehört, Matilec«, sagte Jana und trat an dem Tischler vorbei in den engen Hausflur.
    »So? Wer ist es denn?«
    »Professor Zamorra.«
    Ungläubig starrte der Rumäne auf den Professor.
    »Ihr? Ihr seid Zamorra? Guter Gott!«
    Dann lief er, so schnell ihn seine dünnen Beine tragen konnten.
    »Frau! Frau!« hörten sie ihn ins Haus rufen. »Komm her!«
    Ohne ein Wort kam die Frau näher. Man sah ihr das Erstaunen an.
    »Kommt herein«, sagte sie nur. »Setzt euch, Professor. Ich hole zu essen und zu trinken. Wen habt ihr da mitgebracht?«
    Jana nannte ihren Namen und den Grund, warum sie Zamorra begleitete.
    Gemeinsam ging man in den kleinen, einfach eingerichteten Wohnraum.
    »Nehmt Platz«, sagte der Mann.
    »Wo war das Mädchen zuletzt?« war die erste Frage.
    »Beim Stephan unten, der ist ihr Verlobter.«
    »Wo wohnt er?«
    »Zur Stadt zu. Eine Stunde von hier. Ihr seid die Straße gekommen, die sie auch gehen mußte.«
    »Und wo kann sie vom Wege abgekommen sein? Oder hat man sie überfallen?« fragte Zamorra.
    Jana übersetzte wieder für ihn.
    »Die Eltern halten einen Überfall oder eine Verschleppung nicht für wahrscheinlich.«
    Zamorra wollte den Grund wissen.
    »Nur friedliche Leute hier«, war die Antwort. »Keine Überfälle, nichts Schweres. Ein kleiner Diebstahl mal, ja, das kommt vor. Sonst gute Menschen, hier in den Bergen. Das Leben ist schwer, die Arbeit ist hart. Man hilft sich.«
    Zamorra nickte. Dann fragte er, wo man nach dem Mädchen gesucht habe.
    »Überall«, war die Antwort. »Am Samosch drüben, am Fluß. Idrina ist sehr sportlich. Schwimmt gut. Kann nicht ertrunken sein.«
    »Und in der Schlucht? Vielleicht ist sie geklettert? Abgestürzt?«
    »Nein«, sagte der Mann. »Sie ist vorsichtig.«
    »Aber es ist sicher, daß Idrina auf dem Weg nach Hause verschwunden ist?« fragte Zamorra, um ganz sicher zu gehen.
    »Idrina ist ein gutes Mädchen«, wandte sich da die Frau an ihn.
    »Brav und immer gut. Geht zum Stephan, kommt immer nach Hause.«
    »Es ist aber sicher, daß jemand auf diesem letzten Weg eure Tochter aufgehalten hat«, sagte Zamorra.
    »Ist nicht zu glauben, ist nicht zu erklären«, sagte der Vater des Mädchens. »Es ist keine Spur da, nirgends. Das Mädchen ist verschwunden, wie aufgelöst in Luft.«
    Idrinas Mutter konnte die Tränen nicht zurückhalten.
    »Ihr seid gekommen, um sie zu suchen?« fragte sie.
    Zamorra nickte ernst, aber zuversichtlich wie immer.
    »Daß ein Mann aus Frankreich kommt, um das zu tun, muß euch doch eine Frage aufwerfen«, ließ er den Eltern durch Jana übersetzen.
    Der Mann zuckte mit den Schultern.
    »Ich weiß nicht, Professor«, sagte er nur.
    »Idrina ist vorgestern abend verschwunden, nicht wahr? Für euch ist das eine schlimme Gewißheit. Und ihr bringt auch eine Meldung zur Polizei, und die Zeitungen berichten darüber.«
    »Ja, Herr. So ist es.«
    »Aber es ist nicht bewiesen, daß ein Verbrechen vorliegt.«
    »Nein, Herr. Kein Beweis dafür.«
    »Also ist es doch nur eine Neuigkeit für die Bewohner dieser Berge«, meinte der Professor.
    Idrinas Vater verstand die Anspielung immer noch nicht.
    »Ja, Herr, nichts weiter. Wenn auch schlimm und traurig. Idrina ist verschwunden.«
    »Das ist wirklich tragisch«, gab Zamorra zu. »Aber wie stellt ihr euch vor, daß diese Vermißtenmeldung in Frankreich bekannt wird? Innerhalb von einem Tag? Den

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