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009 - Der Engel von Inveraray

009 - Der Engel von Inveraray

Titel: 009 - Der Engel von Inveraray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karyn Monk
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er in Gegenwart der Polizisten liebevolle Worte an sie richtete. Er begnügte sich mit einem flüchtigen, ermutigenden Lächeln.
    Dann wandte er sich ab und ließ sich die Treppe hinabzerren, bevor er sich in die Kutsche setzte, die vor dem Haus auf ihn wartete.
    Schwarzer Rauch waberte über die Häuserdächer und legte sich wie ein dunkler Schleier vor den bleigrauen Winterhimmel. Es war plötzlich kalt geworden, und die Menschen verfeuerten viel Holz und Kohle in ihren Öfen, um sich die Kälte vom Leib zu halten. Genevieve stieg mit eiligen Schritten die Treppe zu ihrem Haus hinauf, denn sie konnte es kaum erwarten, Haydon von ihrem Treffen mit dem Bankdirektor zu berichten.
    Es war höchst erfolgreich gewesen. Mr. Humphries hatte sich gefreut zu hören, dass Haydon durch den Verkauf von Monsieur Boulonnais' Bildern eine so stattliche Provision hatte erzielen können. Noch mehr hatte er sich allerdings über den Scheck gefreut, der ihm von Genevieve überreicht worden war. Mit dem Geld, das der Verkauf ihrer Bilder auch in Zukunft einbringen würde, würde sie all ihre Schulden begleichen und ihre Familie ernähren können. Vielleicht reichte es sogar, um den Kindern das ein oder andere Extravergnügen zu bereiten. Sie konnten alle neue Kleider und Schuhe gebrauchen, und es gab eine Menge Bücher, die Genevieve ihnen zu Unterrichtszwecken gern kaufen würde. Sie öffnete die Tür, eilte ins Haus und versuchte, nicht an die unerträgliche Tatsache zu denken, dass Haydon bald fortgehen würde. Die wenige gemeinsame Zeit, die ihnen noch vergönnt war, sollte nicht durch düstere Gedanken getrübt werden.

    Ein Blick auf die wunden Nasen und rot geweinten Augen von Eunice und Doreen zeigte ihr, dass etwas Entsetzliches geschehen sein musste.
    „Was ist passiert?" fragte sie knapp und bemühte sich, ihre Angst im Zaum zu halten.
    „Er ist fort, Mädchen." Oliver wirkte alt und kraftlos, als er ihre schmale Hand in die seine nahm. „Wir haben getan, was wir konnten, doch es hatte keinen Zweck."
    Genevieve schaute ihn verständnislos an. „Haydon ist gegangen ... ohne sich zu verabschieden?"
    „Der arme Kerl hatte keine Gelegenheit mehr dazu." Eunice schniefte herzhaft in ihr Taschentuch. „Diese gemeinen Polizisten sind hier einfach eingedrungen und haben ihn aus dem Haus gezerrt."
    Nein! Genevieve war, als reiße man ihr das Herz aus der Brust. Gütiger Himmel, nein!
    „Ich habe versucht, sie nicht einzulassen." Oliver verzog zerknirscht das faltige Gesicht. „Doch ich konnte nichts ausrichten gegen die drei. Sie waren groß wie Riesen - und doppelt so wild!"
    Es ist meine Schuld, sagte sie sich bitter. Ich hätte Haydon auf der Stelle fortschicken sollen, nachdem man ihn in Glasgow erkannt hat. Ich hätte drohen müssen, ihn höchstpersönlich bei der Polizei zu verraten, falls er sich weigern sollte zu gehen.
    Stattdessen habe ich zugelassen, dass er bei mir blieb, die Nacht mit mir verbrachte und mich zurück nach Inveraray begleitete, weil ich tief in meinem Herzen nicht bereit gewesen bin, ihn aufzugeben. Ich bin eine Närrin gewesen. Eine selbstsüchtige, törichte Närrin.
    „Komm, Mädchen, setzen Sie sich, Sie sind ja kreidebleich", forderte Eunice sie auf und schob Genevieve sanft zum Sofa hinüber. „Doreen, sei so gut und hole Miss Genevieve ein Glas Wasser. Ich fürchte, der Schreck ist zu viel für sie."
    „Ich bin wohlauf", murmelte Genevieve. Der Boden unter ihren Füßen wankte, und im Zimmer herrschte mit einem Male glühende Hitze. Sie schloss die Augen, ließ sich auf die Couch sinken und schmiegte die Wange an die kühle Wolle ihres Mantels.
    Fort! Haydon war fort. Und nun würde er hingerichtet werden. Sie hatte entsetzliche Geschichten darüber gehört, wie sehr Menschen litten, wenn sie gehängt wurden. Wie ihre Leiber sich verzweifelt wanden, während sie hilflos nach Atem rangen, ihre Gesichter sich grauenvoll verfärbten ... Sie dachte an Haydon, diesen schönen, starken, mächtigen Mann, wie er hilflos an einem Strick baumelte und darum kämpfte, seine Lungen mit Luft zu füllen.
    Ein gequälter Seufzer entschlüpfte ihren Lippen.
    „Schscht, kommen Sie, trinken Sie ein Schlückchen davon", sagte Eunice besänftigend, half Genevieve auf und reichte ihr das Wasserglas.
    Genevieve nippte gehorsam an der kühlen Flüssigkeit.
    „So, das ist schon besser." Eunice legte ihren molligen Arm um Genevieve und zog ihren Kopf an ihren üppigen Busen. „Es ist nur der Schreck, Mädchen,

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