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009 - Der Engel von Inveraray

009 - Der Engel von Inveraray

Titel: 009 - Der Engel von Inveraray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karyn Monk
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ist schlicht, doch ansprechend. Die größte Aufmerksamkeit widmete sie jedoch ihrem Gesicht. Auf der Stirn waren zarte Linien zu erkennen, und in ihren Augenwinkeln hatten sich kleine Fältchen gebildet. Wann habe ich die nur bekommen, fragte sie sich. Ich bin kein Mädchen von achtzehn Jahren mehr, sondern eine 26-jährige Frau, die unzählige schlaflose Nächte hinter sich hat, rief sie sich in Erinnerung. Doch sie musste einräumen, dass es auch viele glückliche Augenblicke gegeben hatte. Es war wohl unvermeidlich, dass ihr Leben seine Spuren in ihrem Gesicht hinterließ. Dennoch war es beunruhigend zu sehen, wie groß die Veränderungen waren, seit sie sich zum letzten Mal eingehend im Spiegel angeguckt hatte. Sie war damals frisch mit Charles verlobt gewesen und hatte sich für besonders gesegnet gehalten, die Aufmerksamkeit eines so eleganten und gebildeten Gentleman wie des Earl of Linton gewonnen zu haben.
    Die Zeit war Schwindel erregend schnell vergangen.
    Ein Klopfen ertönte. Sie erhob sich, zupfte mit fahrigen Fingern eine letzte widerspenstige Haarsträhne zurecht und ging zur Tür, um zu öffnen.

    Haydon stand im Flur, elegant gekleidet mit einem schwarzen Abendrock, einem blütenweißen Hemd, sorgfältig gebundenem Halstuch und eng anliegenden schwarzgrauen Hosen. Er sagte nichts, sondern betrachtete sie schweigend - von den glänzenden Locken ihres Haars bis hinab zum zarten Spitzensaum ihres Kleides, der über den dunklen Teppich unter ihren Füßen strich.
    Sie spürte, wie sein Blick flüchtig auf ihrem milchweißen Dekolletee verweilte, dann über ihr enges Mieder und die durch den Reifrock betonten Hüften glitt und zurück zu ihrem Gesicht wanderte. Genevieve errötete, weil ihr wieder einfiel, wie Haydon ihre Brüste liebkost und an ihren Knospen gesaugt hatte, wie er sie leidenschaftlich an sich gezogen hatte, so dass ihr der Atem gestockt war, wie er die verborgensten Winkel ihres Körpers mit der Zunge erkundet hatte, in die Tiefen ihres Schoßes eingedrungen war und sie jedes Gefühl von Zeit, Verantwortung oder Reue hatte vergessen lassen.
    Ihr war mit einem Male unangenehm heiß, obgleich es recht kühl im Zimmer war, und sie wandte sich hastig von Haydon ab.
    „Guten Abend", begrüßte er sie, als er die Fassung wiedererlangte, die ihm Genevieves Aussehen im ersten Moment geraubt hatte. Dass sie schön war, ob in eins ihrer verblichenen Kleider gehüllt oder nackt auf den zerwühlten Laken seines Bettes liegend, hatte er schon immer gewusst. Dennoch war er nicht auf den betörenden Anblick vorbereitet gewesen, den sie nun bot. Ihr Kleid war trotz seiner Schlichtheit atemberaubend, denn es versuchte nicht, mit ihrer Schönheit zu konkurrieren, sondern brachte sie lediglich noch stärker zur Geltung. Haydon betrat das Zimmer, warf seinen Zylinderhut und seinen Mantel achtlos auf einen Sessel und widerstand mit Mühe dem Verlangen, Genevieve in die Arme zu schließen und zu küssen.
    Sie gehört dir nicht, ermahnte er sich. Trotz der Freiheiten, die du dir so schamlos mit ihr erlaubt hast.
    „Sie sehen heute Abend wirklich hinreißend aus, Mrs. Blake", sagte er, ein unbeschwertes Benehmen zur Schau tragend. „Alle männlichen Besucher der Galerie werden Sie ehrfürchtig anstarren, kein Zweifel, und ich werde gewiss alle Hände voll zu tun haben, sie von Ihnen fern zu halten."
    Er tat, als scherzte er, doch seine Augen verrieten Genevieve, dass er tatsächlich von ihrem Äußeren angetan war.
    Vielleicht waren die Fältchen, die sie in ihrem Gesicht entdeckt hatte, doch nicht so tief und beunruhigend, wie sie zunächst geglaubt hatte.
    „Es ist schon so lange her, dass ich ein gesellschaftliches Ereignis besucht habe, dass mir fast entfallen war, mit welch großer Sorgfalt man sich dafür herrichten muss."
    Sie zupfte verlegen an ihrem Kleid, das ihr mit einem Male viel zu weit ausgeschnitten vorkam. „Glücklicherweise hat mir das Hotel ein Zimmermädchen zur Verfügung gestellt, das mir beim Ankleiden und Frisieren behilflich war."
    Haydon malte sich aus, wie er die Hände in den sorgfältig hochgesteckten weichen Locken vergrub, die Haarnadeln löste und mit den Fingern durch ihr rotblondes, seidiges Haar fuhr, bis es über die schneeweißen Hügel ihrer Brüste fiel. Was ihr Kleid betraf, war er sich ziemlich sicher, dass er es innerhalb von Sekunden aufknöpfen und über ihre hübschen runden Schultern streifen konnte.
    Verwirrt ob seiner Gedanken, wandte er den Blick ab.

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