0091 - Götzen und gelbe Gangster
Einsatz. - Cotton und Decker, die beiden bekannten New Yorker Gangsterjäger, nach dem schweren Feuergefecht mit der Rivell-Gang (siehe unseren ausführlichen Bericht), die bis auf den letzten Mann aufgetrieben wurde. Diese beiden Männer sind vielleicht die schlimmsten Feinde der Unterwelt unserer Metropole…«
Nachdenklich starrte Sen Li Tang auf Bild und Text. In den Staaten ist es nicht gut möglich, einer Zeitung die Veröffentlichung derartiger Artikel und Fotos zu untersagen. Die Presse hat bei uns eine riesige Macht und als Sprachrohr der öffentlichen Meinung kann sie sich allerlei erlauben. Trotzdem wäre es besser gewesen, dieser Bericht wäre nie erschienen.
Ein paar Minuten starrte der alte Chinese in schweigsamer Versunkenheit auf das Bild. Dann erhob er sich und watschelte durch den Flur bis zu jenem Vorhang, der Flur und Lokal voneinander trennte. Mit den Fingerspitzen schob er den schweren Samtstoff ein wenig zur Seite und schielte durch den Spalt. Er sah zu uns herüber, aber davon bemerkte weder Phil noch ich etwas. Wir waren zu der Minute viel zu sehr mit den fremdartigen Leckerbissen beschäftigt, die man uns auf tischte.
Sen Li Tang studierte unsere Gesichtszüge, als wolle er uns malen. Erst nachdem er sich unsere Gesichter sehr genau eingeprägt hatte, huschte der Greis auf leisen Sohlen zurück in sein Büro. Dort blieb er noch einmal für eine Weile stehen und dachte nach. Schließlich nahm er den Telefonhörer von der Gabel und wählte eine Nummer. Als sich der Teilnehmer gemeldet hatte, sagte Sen Li Tang mit unwillkürlich verhaltener Stimme: »Man hat zwei Schnüffler aus New York hierher beordert. Es kann sich eigentlich nur um unsere Sache handeln, denn sonst hatten die Bluthunde hier doch keine größeren Fälle anliegen, in den letzten Monaten. Ich möchte nicht, dass wir diesen beiden Schnüfflern überhaupt erst eine Chance geben. Sie sitzen im Augenblick bei mir und essen. Jeder hat einen großen Lederkoffer bei sich. Wahrscheinlich werden sie sich ein Taxi rufen, wenn sie gegessen haben. Ich wünsche, dass alle beide den Sonnenuntergang nicht mehr beobachten können.«
Er legte den Hörer auf. Mit seiner blumigen Ausdrucksweise hatte er für uns ein Todesurteil gesprochen. Aber davon wussten wir ahnungslosen Babys nichts.
***
Es war kurz vor sechs, als wir mit dem Essen fertig waren. Nachdem wir den Mokka geschlürft und eine Zigarette dabei geraucht hatten, bezahlte ich und beauftragte den Kellner, für uns ein Taxi anzurufen.
Er nickte und verschwand hinter dem Vorhang.
»Ich bin gespannt, was hier anliegt«, murmelte Phil. »Wenn sie extra zwei ortsfremde G-men anfordern, muss es eine interessante Sache von größerer Bedeutung sein.«
»Das zweifellos«, stimmte ich zu. »Und da wir in Frisco sind, tippte ich auf Rauschgift. Opium, wahrscheinlich sogar Einfuhr von Rohopium. Das meiste Rauschgift, das in den Staaten verkonsumiert wird, kommt ja aus Asien und nimmt seinen Weg über einen der Häfen der Westküste. Darunter liegt Frisco an führender Stelle.«
Phil drückte seine Zigarette aus und meinte, ich hätte wahrscheinlich Recht. Wir konnten das Thema nicht weiter ausspinnen, denn der Kellner erschien und gab uns in blumiger Redeweise zu verstehen, dass ein Taxi in wenigen Sekunden vor dem Lokal auf uns warten würde. Wir bedankten uns und gingen. Unter einem Dutzend-Verbeugungen geleitete uns der Kellner zur Tür. Dabei wünschte er uns ein langes Leben, ewige Gesundheit, viele starke Söhne und noch mehr schöne Töchter und was weiß ich alles noch.
Tatsächlich fuhr bereits in dem Augenblick auf der Straße ein Taxi vor, als wir gerade erst aus dem Lokal kamen. Wir verstauten unsere Koffer im Gepäckraum und stiegen ein.
»Wohin darf es gehen?«, fragte der Driver, ein junger Mann von vielleicht zwanzig Jahren mit einem aufgeweckten Gesicht und einer am Hals offen stehenden Lederjoppe.
»311, West Road«, sagte ich und sah auf die Uhr.
Es war genau sechs Uhr nachmittags. Auf dem Zettel hatte gestanden, »ab 17.30 Uhr« - also hatten wir nicht allzu viel Verspätung.
Well, wir fuhren durch San Francisco, mehr ist nicht zu sagen. Vielleicht wissen Sie nicht, dass Frisco eine sehr hügelige Stadt ist. Man hat mir mal erzählt. Rom wäre auf sieben Hügeln erbaut. Na, gegen Frisco muss es dann ein besseres Dorf sein, denn Frisco steht auf mindestens zwanzig Hügeln, die kaum kleiner sein können als die der so genannten Ewigen Stadt.
Die West Road war
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