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0091 - Satans Schloß

0091 - Satans Schloß

Titel: 0091 - Satans Schloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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Pierre Arambon setzte sich kerzengerade auf seiner Luftmatratze auf. Er war schweißgebadet. Ein entsetzlicher Alptraum hatte ihn geweckt, die Vision, seine Freundin Michelle habe gräßlich geschrien.
    »Michelle?« fragte der junge Mann mit bebenden Lippen. Er streckte die Hand nach ihr aus, doch der Platz neben ihm auf der Luftmatratze war leer, der Schlafsack zur Seite geschoben. Sein Blick fiel auf den Eingang des Zeltes. Der Reißverschluß war aufgezogen.
    »Michelle?« stammelte Pierre verwirrt. Noch war er schlaftrunken und begriff nicht sofort, was sich in dem Zelt auf der einsamen Waldlichtung abgespielt hatte.
    In diesem Moment gellte vor dem Zelt ein Schrei.
    Pierre schnellte hoch. Er hatte gar nicht geträumt! Michelle schrie in Todesangst!
    Mit einem Satz war Pierre im Freien und sah sich um. Der Mond beschien eine gespenstische Szene. Seine Freundin stand mitten auf der Lichtung, die Arme abwehrend von sich gestreckt, und starrte mit verzerrtem Gesicht auf Nebelstreifen, die langsam auf sie zutrieben.
    »He, Cheri!« rief Pierre Arambon erleichtert. Dem Neunzehnjährigen fiel ein Stein vom Herzen. Er hatte schon gedacht, es wäre wirklich etwas geschehen! »Cheri, komm ins Zelt und…«
    Der Rest des Satzes blieb ihm im Hals stecken. Ächzend wankte er.
    Die Nebelfetzen nahmen Gestalt an. Schauderhafte Wesen krochen auf Michelle zu, Ungeheuer mit glühenden Augen und weit aufgerissenen Mäulern!
    Schlagartig fielen Pierre die alten Geschichten über das Schloß ein. Château Brouillard sollte mit einem Fluch beladen sein. Er hatte nie daran geglaubt, doch in diesem Moment erblickte er das Schloß auf dem Hügel über den Baumwipfeln. Es war von einem unheimlichen rötlichen Schein umgeben.
    Pierre spürte die Wellen des Bösen, die von diesem alten Gemäuer ausstrahlten. Und er erkannte endlich die tödliche Gefahr, in der seine Freundin schwebte.
    Mit einem wilden Aufschrei warf er sich den Bestien entgegen. Er wollte Michelle retten, wollte sie gegen die Angreifer verteidigen, doch aus dem geballten Nebel schoß eine krallenbewehrte Pranke hervor. Sie traf ihn am Kinn.
    Der Schlag schleuderte Pierre über die halbe Lichtung. Benommen blieb er liegen. Vergeblich versuchte er, sich wieder hochzustemmen. Seine Finger bohrten sich in den weichen Boden. Er hatte Erde und Grasfetzen im Mund und spuckte sie aus. Sein Atem pfiff aus den Lungen. Jeder Knochen fühlte sich an, als wäre er gebrochen.
    Und dort drüben stand Michelle noch immer regungslos, von Grauen und Todesangst gelähmt. Sie konnte nicht einmal weglaufen, als sich von allen Seiten abscheuliche Dämonen auf sie stürzten, packten und zu Boden rissen.
    »Nein!« schrie Pierre Arambon gequält auf. »Laßt sie los!«
    Er verlor fast den Verstand, als die Fabelwesen seine Freundin mit ihren scheußlichen Pranken hochrissen. Michelle schwebte jetzt über den deformierten Schädeln mit den glühenden Augen und den geifernden Mäulern. Wie eine aufgebahrte Leiche ruhte sie auf den schleimigen, schuppigen oder mit zottigem Fell bedeckten Händen der Dämonen.
    Sie gab kein Lebenszeichen mehr von sich!
    Trotz der Schmerzen kam Pierre Arambon auf die Beine. Er war hart im Nehmen, und bei den Fußballspielen am Wochenende mit seinen Vereinskameraden wurde er schon mal kräftig umgesäbelt, ohne daß er vom Platz getragen werden mußte.
    »Michelle!« rief er noch einmal und überquerte humpelnd die Lichtung.
    Die Dämonen trugen ihr Opfer davon, in den Wald hinein und zum Château Brouillard hinauf, dem roten Leuchten entgegen.
    »Pierre!« Michelles Stimme drang schwach zwischen den Bäumen hervor. »Um Himmels willen, Pierre, hilf mir!«
    »Ich komme!« Pierre verdoppelte seine Anstrengungen, doch es war vergeblich. Die Schauerwesen waren viel schneller als er, obwohl er den Berg hinaufhetzte, als wäre er bei einem Wettrennen. Er sah eben noch, wie sie durch das Portal in das Schloß glitten. Hinter ihnen schlug das schwere Holztor mit einem dumpfen Poltern zu.
    Wie ein Verrückter riß Pierre Arambon an dem Klingelzug, bis sich nach einigen Minuten eine Klappe in dem Tor öffnete. Das häßlichste Gesicht, das Pierre je gesehen hatte, tauchte auf.
    »Verschwinde!« keifte der alte Mann. »Weg hier!«
    »Michelle!« keuchte Pierre. »Sie haben meine Freundin ins Schloß gebracht! Diese… diese Ungeheuer haben sie verschleppt!«
    Der Alte stieß ein hohles Kichern aus. »Du hast zu viel Rotwein getrunken, Kleiner!« rief er mit schriller Stimme.

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