0097 - Das Höllentor
es, Sidi. Aber Sie müssen vorsichtig sein. Jussufs Leute sind überall. Ich darf Ihnen jetzt das Gelände der Oase zeigen? Und vor allem die Wasserspeicher?«
»Ja, gern.«
Zamorra war froh, nach den zahlreichen Einzelheiten der Vorgeschichte direkt sich ein Bild zu machen. Er brauchte die Praxis. Er zog den Kampf der öden Theorie vor.
Yamun führte ihn aus dem Zelt und zeigte ihm die Anlage der Oase. Der Professor interessierte sich neben der Bepflanzung vor allem für das Bewässerungssystem.
»Hier ist die große Zisterne«, sagte Yamun.
»Wieviel Wasser faßt sie?« wollte Zamorra wissen.
»Mehr als hunderttausend Liter, Sidi«, war die Antwort. »Sie ist mehr als dreißig Meter tief. Wir decken sie ab, damit das Wasser unter der brütenden Sonne nicht verdunsten kann.«
»Und von hier aus bewässern Sie die kleine Plantage?« fragte Zamorra.
»Ja, erstens das. Zum anderen können die einzelnen Familien und Sippen hier Wasser für ihren täglichen Bedarf holen. Und drittens haben wir die Pflicht, Fremden, die vorbeikommen, von dem Wasser abzugeben. Wir sind stolz darauf, wenn unsere Wasserspeicher voll sind. Und in der letzten Zeit verlieren sie an Wasser. Niemand kann es erklären, Sidi.«
Zamorra hatte die Erklärung bereits. Aber er teilte seinen Verdacht Yamun noch nicht mit.
»Ich finde das heraus«, sagte er nur. Er sagte es so zuversichtlich, daß Yamun ihn mit höchstem Respekt ansah.
»Ich kenne mich jetzt aus«, sagte Zamorra abschließend. »Wenn Sim mich jetzt in die Stadt zurückfahren könnte?«
»Sofort, Sidi«, sagte er bedeutungsvoll.
Zamorra sah, wie Yamun einen kleinen Schuppen betrat, der hinter dem Zeltplatz lag. Als er herauskam, trug er einen blitzenden Gegenstand aus Metall bei sich.
»Zu Ihrem Schutz«, sagte er und übergab Zamorra diesen Gegenstand. Der Professor sah mit Staunen den reich verzierten Griff eines kleinen Dolches. Er erinnerte an einen türkischen Kris, denn seine Schnittfläche war ein wenig gekrümmt.
Der Berber lächelte ihn an.
»Sie sind zu uns gekommen, um zu helfen. Diese Klinge wird Ihnen helfen, Sidi. Hier kommen Sim und Yurina.«
Der Fahrer war bereit und kam mit dem Jeep heran.
Das Mädchen gab Zamorra die Hand.
»Ich rufe zum Großen Magur«, sagte sie. »Er soll Sie leiten und beschützen.«
»Danke, Yurina«, sagte Zamorra darauf mit einem Lächeln. »Ich verspreche dir, daß ich deine Schwestern finde und zurückbringe.«
Dann verabschiedete er sich von Yamun und stieg in den Jeep. Der Motor lief noch, und Sim konnte sofort starten.
Der Fahrer spürte die Konzentration des Professors. So schwieg er fast während der ganzen Fahrt. Er brachte Zamorra sicher in die Stadt und zum Hotel zurück. Daß ihre Fahrt beobachtet wurde, merkte er nicht.
Er dankte Sim und gelangte durch den zweiten Eingang ins Hotel. Auch dabei wurde er beobachtet. Jussufs Späher waren überall in der Stadt postiert.
Er winkte ab, als der Liftboy die Fahrstuhltür für ihn öffnen wollte, und ging zu Fuß hinauf.
Fast mechanisch langte er nach dem Dolch, den er unter dem langen Berbergewand verborgen hatte.
Als er vor seinem und Nicoles Zimmer angelangt war, strich er fast zärtlich über die Klinge. So, als ahnte er, daß er die Waffe in den nächsten Sekunden schon gebrauchen mußte.
***
Zamorra war gewarnt.
Auf sein Klopfen hin hätte Nicole ihm etwas entgegenrufen müssen. »Wer ist da?« oder dergleichen. Aber hinter der Tür blieb es stumm.
Dann wurde innen der Schlüssel langsam gedreht. Fast unhörbar. Zamorra nahm den kurzen klickenden Laut aber wahr.
Jetzt wußte er endgültig, daß er nicht nur von Nicole erwartet wurde.
Und er schaltete blitzschnell.
Er öffnete die Tür einen Spalt.
»Endlich, Nicole!« rief er in das Zimmer hinein. Von Nicole war noch nichts zu sehen. Und von dem Gegner auch nicht. Der war mit Sicherheit hinter der Tür postiert.
Zamorra mußte ihn in Sicherheit wiegen.
Noch ein Stück öffnete er die Tür.
»Du, Nicole, ich glaube, diese Tür klemmt ein wenig«, rief er hinein. »Sie läßt sich nicht leicht öffnen.«
Im gleichen Augenblick gab er der Tür mit dem Fuß einen Stoß, daß sie nach innen aufflog. Und zwar öffnete sie sich nach rechts hin, Zamorra hob den Dolch hoch, mit der schneidenden Klinge nach oben. Als er die Tür vollends passierte, krachte ein bewaffneter Arm direkt in die Klinge. Ein jämmerlicher Schmerzenslaut folgte.
Die Waffe des anderen, ein keulenähnlicher Totschläger aus Holz mit
Weitere Kostenlose Bücher