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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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germanischen Stämme zu unterjochen und ihr Reich bis fast an die Küste auszudehnen. Es gab viele Wölfe und Luchse in dieser Gegend, und jeder, der von seinen Reisen nicht zurückkehrte, galt schnell als »in Odins Wald geblieben«. Über die Generationen wurde daraus ein wildes Netz aus Fabeln gesponnen, und seither munkelte man von kleinwüchsigen Waldläufern, deren Anblick Unheil brachte.
    Sieglinde mochte den Rhein. Als die Hufe ihres Pferdes erstmals Wasser aufspritzen ließen, empfing sie trotz der Trauer und des Todes, der sie seit Tagen umgeben hatte, so etwas wie eine noble Ruhe.
    Der Rhein war ein Garant für Beständigkeit. Weder Krieg noch Tod konnte ihn zwingen, und in Zeiten der Veränderung hielt er seinen Lauf mit behütender Gemächlichkeit.
    Sie hatten es tatsächlich geschafft, durch die Wälder an Xanten vorbei zum Fluss hinabzureiten, ohne von versprengten Trupps in Hjalmars Sold gesehen zu werden. Zweimal hatten sie angehalten und den Geräuschen des Waldes gelauscht. Es waren Stimmen darunter gewesen, doch sie entfernten sich nach kurzer Zeit wieder.
    Nun, da sie das aufgeschwemmte Ufer des Flusses erreicht hatten, konnten sie hoffen, ohne Spuren südwärts zu reisen.
    Laurens sprang von seinem Pferd und stand bis zu den Knien im Wasser. Dann beugte er sich vornüber und tauchte seinen Kopf unter. Als er ihn wieder in die Höhe riss und die Tropfen aus seinen Haaren spritzten, schien es genauso eine Taufe wie eine simple Erfrischung zu sein.
    Er sah Sieglinde einen Moment lang an. »Der Krieg ist nun für uns vorbei. Kein Sieg, kein Ruhm.«
    »Aber vorbei trotz alledem«, sagte die Königin.
    Laurens sah ein wenig mürrisch die Böschung hinauf. »Möchtet Ihr ein wenig rasten?«
    Sieglinde schüttelte den Kopf. »Und Gefahr laufen, den Dänen doch noch in die Hände zu fallen? Eher reite ich, bis ich tot aus dem Sattel in die Fluten falle.«
    Laurens sah sie mit ehrlicher Bewunderung an und bestieg wieder sein Pferd. »Ihr seid eine starke Königin. Ich gebe zu, als Siegmund Euch erwählte, da dachte ich . . . «
    » . . . wie auch der Rest des Volkes«, beendete Sieglinde seinen Satz. »Und wie der Rest des Volkes hast du dich geirrt. Doch ich sage es dir erneut - ich bin nur noch eine starke Frau. Die starke Königin starb im Morgengrauen an der Seite ihres Mannes.«
    »Line«, murmelte Laurens, als müsse er sich zwingen, den Namen auszusprechen. »Line.«
    Dann ritten sie weiter. Das Wasser, das am überschwemmten Ufer die Beine der Pferde umspülte, platschte immer wieder hoch und lief prickelnd an Sieglindes Beinen herab. Es kühlte ihre geschundenen Füße.
     
    Regin legte sich immer früh zur Ruhe. Nach Einbruch der Dunkelheit gab es in Odins Wald nichts, was zu erforschen wert gewesen wäre. Und in seiner Einsamkeit gab es auch niemanden, mit dem er noch Gespräche hätte führen können.
    Doch heute Abend war es anders. In der Schmiede waren die Kohlen längst ausgeglüht, und das hölzerne Geschirr seines Abendessens hatte er im Bach gewaschen.
    Nun stand er auf dem kleinen Platz, den er vor seiner Behausung von allen Bäumen befreit hatte, als er vor vielen Jahren in diesen Wald gezogen war. Es war stockfinster, kein Mond strahlte durch die Baumwipfel, und selbst die Sterne schienen schwächer als sonst zu leuchten. Es waren die Geräusche einiger Nachttiere zu hören, die nun auf Beutefang gingen. Nichts darunter, vor dem der Schmied sich hätte zu verstecken brauchen.
    Regin brauchte sich sowieso vor nichts und niemandem zu verstecken. Er war Teil des Waldes, und der Wald würde ohne ihn ebenso wenig leben wollen wie er ohne den Wald.
    Er schnüffelte. Dann horchte er.
    Doch die Beunruhigung, die er verspürte, kam nicht von äußerer Gefahr. Sie hatte ihren Ursprung in seinem Inneren. Etwas, dem er tief in seiner Seele verbunden war, war aus den Fugen geraten. Es war, als ob die Götter die Figuren in ihrem ewigen Spiel neu aufstellten und die Konstellationen sich verschoben.
    Regin setzte sich auf den Waldboden. Er legte die Handflächen auf die Erde, als müsse er die Schwingungen der Welt in sich aufnehmen.
    »Siegmund«, flüsterte er leise.
    Und die Erde antwortete ihm.
    Sie sprach von einer neuen Aufgabe, die seines Weges kommen würde.
     
    Tage vergingen in verdächtiger Ruhe, und es bedurfte großer Willenskraft, nicht unaufmerksam zu werden. Laurens war klar, dass Hjalmars Boten, wenn sie es wirklich auf die Königin abgesehen hatten, mittlerweile in allen

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