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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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er sie ansah. An diesem Tag war sie seine Verlobte geworden - und in dieser Nacht seine Frau.
    Siegmund beugte sich über Sieglinde, und sie versuchte, seinen muskulösen Brustkorb zu streicheln. Es war schwer, dabei nicht ständig in offene Wunden zu fassen. Ihre Finger fanden das Muttermal in der Vertiefung zwischen dem Schlüsselbein und der linken Schulter.
    »Meine Königin«, flüsterte Siegmund heiser.
    Er sprach nicht von ihrem Rang, ihrem Stand. Das alles war bedeutungslos, war es immer gewesen. Er betonte das Wort meine. Sie war sein.
    Dann nahm sie ihn mit in ihren Traum.
    Es war erstaunlich, wie schnell ihre Körper zueinander fanden, wie geschmeidig ihre Bewegungen noch waren -als würde ihre unversehrte Gestalt seinen geschundenen Leib heilend umfangen. Sie trank nicht nur seine Liebe, sie trank auch seinen Schmerz, seine Angst und seine Verzweiflung.
    Sieglinde hatte nie den Körper eines anderen Mannes gespürt, nie spüren wollen. Siegmund war ihr König, ihr Mann, ihr Leben. Sie liebten sich mit der Verzweiflung zweier Menschen, denen nur noch dieser Abschied geblieben war. Denen die Zeit davonlief.
    Und die Zeit lief ihnen davon.
    Siegmunds Körper hatte sich ihr kaum zitternd ergeben, seine Muskeln sich kaum entspannt, als draußen vor dem Zelt der Klang eines Schwertknaufs ertönte, der auf einen Brustpanzer geschlagen wurde.
    Der König von Xanten stand auf, vorsichtig, um seiner Geliebten nicht aus Versehen wehzutun. Er küsste ihre Brüste, wie er es immer nach dem Liebesakt tat.

    Siegmund zog sein Beinkleid hoch und ging leicht humpelnd zum Eingang des Zelts.
    Es war Laurens, sein treuer Heerführer. Der linke Arm war ihm kurz unter dem Ellbogen von einer feindlichen Streitaxt abgeschlagen worden, aber das hatte ihn nur für kurze Zeit vom Schlachtfeld fern halten können.
    Auch Laurens wusste, worum es ging. Es ging um Xanten.
    Der Krieger hatte keinen Blick für den schweißbedeckten Körper seiner Königin, der im Halbdunkel zu sehen war. Er schaute seinen König seltsam unbewegt an: »Sie kommen.«
    Siegmund wusste, was das bedeutete. Es ging nicht um einen weiteren Angriff der dänischen Truppen, die seit Monaten mit schierer Mannsgewalt gegen Xanten anrannten, um das Königreich zu erobern. Es ging um den Angriff.
    Hjalmars Streitmacht hatte wohl die Verstärkung bekommen, von der die Späher berichtet hatten.
    Siegmund fuhr sich müde über die Augen, dann blickte er an Laurens vorbei nach draußen.
    Die Sonnenscheibe ging hinter den Hügeln auf. Ihr Rund war noch nicht zu sehen, aber ihr Licht tauchte den Horizont in Helligkeit.
    Und der Horizont lebte.
    Es war wie eine schwarze Welle, die träge auf das Schlachtfeld zuwogte. Eine Welle aus Leibern, Mensch und Pferd, aus Eisen und Leder. Entferntes Geschrei ertönte wie eine Brandung am Fels.
    Siegmund nickte und füllte seine mächtigen Lungen mit Morgenluft.
    Sieglinde war niemals dabei gewesen, wenn der König und seine Getreuen sich auf die Schlacht vorbereiteten. Sie hatte Karten entfaltet, doch diese niemals zu lesen gelernt. Alles, was sie über den schon drei Jahre dauernden Krieg mit Dänemark wusste, war, was sie am Körper ihres Mannes sehen konnte. Und es stand nicht gut.
    Hjalmar hatte heimlich ein riesiges Heer aufgebaut, unterstützt von friesischen Horden und Söldnern aus den Südlanden. Es gab Gerüchte, dass er mit den alten Göttern im Bund stand, vielleicht sogar von den Isländern unterstützt wurde. Hakan von Isenstein war schon immer unberechenbar gewesen.
    Die benachbarten Königreiche hatten sich aus den Kämpfen herausgehalten. Es war das alte Gesetz: Um sicher auf der Seite des Siegers zu stehen, musste man das Ende des Krieges abwarten. Sachsen, Burgunder, Franken, sie alle hatten lediglich ihre Grenzen geschlossen und ihre Späher geschickt.
    Sieglindes Blick fiel auf den Gegenstand, den Siegmund hatte fallen lassen, als er zu ihr kam.
    Es war Nothung, das Schwert der Götter. Und es war zerbrochen!
    Seit Anbeginn der Dynastie, seit die Ahnen erste Steine aufeinander stellten, um Xanten zu gründen, war Nothung das Symbol des Königshauses gewesen. Der Legende nach war es in einem Feuerstrahl direkt aus Asgard gekommen und von Thors Donner begleitet in die Erde geschlagen. Zu groß und rau für einen Mann, hatten zehn Schmiede es zehn Tage lang behauen. Zehn Tage, in denen es glühte wie von Sonnenfeuer. Und danach war es König Rutger zum Geschenk gemacht worden.
    Das Götterschwert stand für Xanten -

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