Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
hörten.
    »Es ist eher Zeit, daß du dich auf die Socken machst, Kelly. Wer weiß, vielleicht kriegen wir dich nicht. Vielleicht erwischen dich aber die Bullen. Die sind nämlich auch hinter dir her, wie ich gehört habe.«
    »Ihr sitzt doch in der Falle, denkt daran.«
    »Das sagst du, Mann.« Piaggi legte auf, weil er zeigen wollte, wer die Oberhand hatte.
    »Und wie geht es Ihnen, Oberst?« fragte Woloschin.
    »Es war eine interessante Reise.« Ritter und Grischanow
    saßen auf den Stufen des Lincoln-Denkmals, bloß zwei Touristen, die nach einem heißen Tag müde waren und denen
    sich ein Freund als dritter anschloß. Doch alles geschah unter den wachsamen Augen eines einige Schritte entfernt stehenden Sicherheitsbeamten.
    »Was macht Ihr vietnamesischer Freund?«
    »Wer?« fragte Kolja ziemlich überrascht. »Welcher Freund?«
    Ritter grinste. »Das war ein kleiner Kunstgriff meinerseits. Wir mußten bei uns die undichte Stelle suchen, wissen Sie.« 
    »Ich habe mir schon gedacht, daß Sie dafür verantwortlich waren«, bemerkte der KGB-General säuerlich. Zwar war die Falle so offensichtlich gewesen, aber er war trotzdem hineingetappt. Oder beinahe. Das Glück war ihm hold gewesen, und Ritter wußte das womöglich nicht.
    »Das Spiel läuft weiter, Sergej. Werden Sie um einen Verräter weinen?«
    »Um einen Verräter nicht. Um einen, der an eine friedliche Welt geglaubt hat, schon. Sie sind sehr schlau, Bob. Sie haben gute Arbeit geleistet.« Oder vielleicht auch nicht, dachte Woloschin. Ich bin vielleicht nicht so weit in die Falle getappt, wie du glaubst, mein junger amerikanischer Freund. Du hast einen voreiligen Zug gemacht. Diesen Hicks hast du zwar aus dem Weh geschafft, aber CASSIUS nicht. Zu ungestüm, mein junger Freund. Du hast dich verrechnet und weißt es noch gar nicht. Jetzt aber zur Sache. »Was ist mit unseren Leuten?«
    »Wie vereinbart, sind sie bei den anderen. Rokossowskij bestätigt das. Genügt Ihnen mein Wort, Mr. Ritter?«
    »Ja, sehr gut. Heute abend um Viertel nach acht fliegt eine Pan-Am-Maschine vom Flughafen Dulles nach Paris. Ich werde ihn dort absetzen, wenn Sie sich noch von ihm verabschieden wollen. Sie können ihn in Orly abholen lassen.« »Einverstanden.« Woloschin schritt davon.
    »Warum ist er ohne mich weggegangen?« fragte Grischanow, eher überrascht als besorgt.
    »Weil er auf mein Wort baut, Oberst, genauso wie ich auf seines.« Ritter stand auf. »Wir haben noch ein paar Stunden zum Totschlagen... «
    »Totschlagen?«
    »Entschuldigung, das ist so ein Ausdruck. Wir haben noch ein paar Stunden Zeit für uns. Möchten Sie sich gerne Washington ansehen? Im Smithsonian ist ein Felsbrocken vom Mond ausgestellt. Aus irgendeinem Grund gefällt es den Leuten, ihn anzufassen.«
    Halb sechs. Die Sonne schien ihm nun direkt in die Augen. Kelly mußte sich öfter übers Gesicht fahren. Wenn er auf das zum Teil zerschossene Fenster sah, konnte er nichts außer einem gelegentlichen Schatten erkennen. Er fragte sich, ob sie sich ausruhten. Das konnte er nicht zulassen. Er hob den Hörer und drehte an der Kurbel. Sie ließen ihn lange warten.
    »Macht euer Restaurant auch Lieferungen ins Haus?«
    »Wir werden doch nicht Hunger kriegen?« Pause. »Vielleicht willst du mit uns ins Geschäft kommen.«
    »Kommt raus, dann können wir darüber reden«, erwiderte Kelly. Die Antwort war ein Klick.
    Genau richtig, dachte Kelly, während er die Schatten über den Boden wandern sah. Er trank sein Wasser aus und aß seinen letzten Riegel, vergewisserte sich noch einmal, ob sich in der Gegend etwas verändert hatte. Er hatte bereits entschieden, was er tun würde. In gewisser Weise hatten sie ihm die Entscheidung abgenommen. Wieder lief die Zeit ab, tickte auf den Punkt Null zu, der flexibel, aber dennoch endgültig war. Er könnte einfach von hier weggehen, wenn es sein mußte, aber... nein, konnte er nicht. Er blickte auf die Uhr. Es würde gefährlich werden, und die Zeit würde auch nichts daran ändern. Sie waren schon vierundzwanzig Stunden wach, vielleicht sogar länger. Er hatte ihnen Angst eingejagt und sie dann damit vertraut werden lassen. Sie dachten, sie hätten nun leichtes Spiel, genau das, was er zu hoffen gewagt hatte.
    Kelly rutschte auf dem Zementboden rückwärts. Seine Sachen ließ er zurück, denn er würde sie nicht mehr brauchen, egal, wie sich die Dinge entwickelten. Als er stand, klopfte er seine Kleidung ab und überprüfte seinen Colt Automatik.

Weitere Kostenlose Bücher