01 - Gnadenlos
und nicht einmal beim Archiv des FBI nach einem Eintrag über Kelly gefragt, womit er Bob Ritters ersatzweises Einschieben der Fingerabdrücke von jemand, der höchstwahrscheinlich nie wieder nach Amerika kommen würde, im nachhinein überflüssig machte.
Die einzige offene Frage, die Ritter große Sorgen bereitete, war ein Telefonanruf. Aber sogar Verbrecher durften einen Anruf tätigen, und Ritter wollte Clark bei so etwas nicht in die Quere kommen. Fünf Monate spater kündigte Sandra O'Toole ihre Stelle am Johns Hopkins und zog an die Küste von Virginia, wo sie aufgrund einer sehr lobenden Empfehlung von Professor Samuel Rosen ein ganzes Stockwerk des Lehrkrankenhauses in dieser Gegend übernahm.
Epilog 12. Februar 1973
»Wir sehen es als große Ehre, die Gelegenheit zu erhalten, unserem Land in schwierigen Zeiten zu dienen«, sagte Captain Jeremiah Denton und beendete mit einem »Gott segne Amerika« seine nur aus vierunddreißig Wörtern bestehende Ansprache, die über die Rampe am Luftwaffenstützpunkt Clark hallte.
»Was sehe ich denn da?« sagte der Berichterstatter, der dafür bezahlt wurde, dieses Erlebnis mitzuteilen. »Direkt hinter Captain Denton steht Colonel Robin Zacharias von der Luftwaffe. Er ist einer von dreiundfünfzig Gefangenen, über die wir bis vor kurzem keine Informationen besaßen und der mit... «
John Clark hörte nicht weiter zu. Er schaute auf das Fernsehgerät, das auf der Kommode seiner Frau im Schlafzimmer stand, blickte auf das Gesicht eines Mannes eine halbe Welt weiter weg, dem er vor nicht allzu langer Zeit persönlich schon einmal viel näher und geistig sogar noch enger verbunden gewesen war. Er sah, wie der Mann seine Frau umarmte, von der er wohl fünf Jahre getrennt gewesen sein mußte. Er erblickte eine Frau, die vor Kummer gealtert war. Doch nun machte die Liebe zu ihrem schon totgeglaubten Ehemann sie wieder jung. Kelly mußte mit ihnen weinen, da er zum erstenmal das Gesicht des Mannes als lebendes Bild sah und entdeckte, daß Freude wirklich den Schmerz ersetzen konnte, egal, wie tief er gewesen war. Er drückte Sandy die Hand so fest, daß er ihr fast weh tat, bis sie seine nahm und auf ihren Bauch legte, damit er spürte, wie sich ihr künftiges Erstgeborenes bewegte. Da klingelte das Telefon, und Kelly ärgerte sich zuerst über die plötzliche Störung des häuslichen Friedens, bis er die Stimme vernahm.
»Ich hoffe, Sie sind stolz auf sich, John«, sagte Dutch Maxwell. »Wir bekommen alle zwanzig zurück. Ich wollte sichergehen, daß Sie es erfahren. Ohne Sie wäre es nicht möglich gewesen.«
»Ich danke Ihnen, Sir.« Clark legte auf. Es gab nichts weiter zu sagen.
»Wer war das?« fragte Sandy, die noch seine Hand hielt. »Ein Freund«, sagte Clark, der sich die Augen wischte, seiner Frau zuwandte und ihr einen Kuß gab. »Aus einem anderen Leben.«
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