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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nötige Mitteilung, und dann ritten wir fort. Sam tat unterwegs sehr geheimnisvoll, und ich sagte ihm nicht, daß ich seine Absicht bereits kannte. Der Ritt ging auf der von uns vermessenen Strecke zurück, bis wir die Prärie erreichten, welche Sam gestern bezeichnet hatte.
    Sie war wohl zwei englische Meilen breit und doppelt so lang und wurde von bewaldeten Höhen umrandet. Da sie von einem ziemlich breiten Bach durchflossen wurde, gab es Feuchtigkeit genug und infolgedessen einen saftigen Graswuchs. Im Norden konnte man zwischen zwei Bergen hervor auf diese Prärie gelangen, und im Süden endete sie in einem Tal, welches nach dieser Richtung weiterführte. Als wir hier angelangt waren, blieb Hawkens halten und überflog die Ebene mit einem forschenden Blick; dann ritten wir weiter, nordwärts und am Bach hin. Plötzlich stieß er einen Ruf aus, parierte sein Pferd, welches freilich nicht das seinige, sondern ein geborgtes war, stieg ab, sprang über den Bach und ging auf eine Stelle zu, wo das Gras niedergetreten war. Er untersuchte den Ort, kam zurück, stieg wieder in den Sattel und ritt weiter, doch nicht wie bisher in nördlicher Richtung, sondern er bog von dieser in einem rechten Winkel ab, so daß wir nach kurzer Zeit den westlichen Rand der Prärie erreichten. Hier stieg er wieder ab und ließ sein Pferd grasen, band es aber sorgfältig an. Seit er die Spur untersucht hatte, war kein Wort aus seinem Mund gekommen, aber über sein bärtiges Gesicht war der Ausdruck der Zufriedenheit ausgebreitet wie Sonnenschein über eine waldige Gegend. Jetzt forderte er mich auf:
    „Steigt auch ab, Sir, und bindet Euer Pferd fest an! Wir werden hier warten.“
    „Warum fest anbinden?“ fragte ich, obgleich ich es recht gut wußte.
    „Weil Ihr es sonst leicht verlieren könntet. Habe wiederholt gesehen, daß die Pferde bei solchen Gelegenheiten durchgegangen sind.“
    „Was für Gelegenheiten?“
    „Ahnt Ihr das nicht?“
    „Hm!“
    „Ratet einmal!“
    „Mustangs?“
    „Wie kommt Ihr darauf?“ fragte er, indem er mich rasch und verwundert anblickte.
    „Weil ich es gelesen habe.“
    „Was?“
    „Daß die zahmen Pferde, wenn sie nicht fest angebunden werden, gern mit den wilden Mustangs durchgehen.“
    „Hol Euch der Teufel! Alles habt Ihr gelesen, und da ist es nicht gut möglich, Euch zu überraschen. Da lobe ich mir doch die Leute, welche gar nicht lesen können!“
    „Wollt Ihr mich überraschen?“
    „Natürlich.“
    „Mit einer Mustangjagd?“
    „Ja.“
    „Das würde nicht gut möglich sein. Ein Überraschung setzt doch voraus, daß man nicht vorher unterrichtet ist; Ihr aber hättet es mir, ehe die Pferde kommen, sagen müssen.“
    „Das ist richtig, hm! Also hört, die Mustangs sind schon dagewesen.“
    „War das vorhin ihre Spur?“
    „Ja; sie sind gestern hier durch. Es war ein Vortrab, wißt Ihr, so die Kundschafter. Ich muß Euch nämlich sagen, daß diese Tiere ungeheuer klug sind. Sie senden immer kleine Trupps voraus und nach den Seiten. Sie haben ihre Offiziere, grad wie das Militär, und der Hauptanführer ist stets ein erfahrener, starker und mutiger Hengst. Mögen sie weiden oder sich in Bewegung befinden, stets wird die Peripherie der Herde von den Hengsten gebildet; dann folgen nach innen die Stuten, und ganz in der Mitte befinden sich die Jungen. Dies geschieht darum, daß die Hengste die Stuten und Füllen verteidigen können. Ich habe Euch schon wiederholt beschrieben, wie man einen Mustang mit dem Lasso fängt. Habt Ihr es Euch gemerkt?“
    „Selbstverständlich.“
    „Habt Ihr Lust, einen zu fangen?“
    „Ja.“
    „Dann werdet Ihr heute vormittag Gelegenheit dazu finden, Sir.“
    „Danke! Ich werde sie nicht benutzen.“
    „Nicht? All devils! Warum nicht?“
    „Weil ich kein Pferd brauche.“
    „Aber, ein Westmann fragt doch nicht danach, ob er ein Pferd braucht oder nicht!“
    „Dann ist er keineswegs so, wie ich mir einen braven Westmann vorstelle.“
    „Wie soll er denn sein?“
    „Ihr habt gestern von Aasjägern gesprochen, von Weißen, welche die Büffel in Masse töten, ohne daß sie ihr Fleisch brauchen. Ich halte das für eine Versündigung an den Tieren und an den roten Menschen, denen dadurch ihre Nahrung geraubt wird. Ihr doch auch?“
    „Freilich!“
    „Grad so ist's auch mit den Pferden. Ich mag keinem dieser herrlichen Mustangs die Freiheit rauben, ohne mich damit entschuldigen zu können, daß ich ein Pferd brauche.“
    „Das ist brav gedacht,

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