010 - Botschafter von den Sternen
dieser Rebellen handelte, von denen der Craahl gesprochen hatte?
Nolan schauderte noch im Nachhinein, wenn er an den seltsamen Ausdruck in den Augen des Fremden dachte. Diese Augen, in denen er einen Erfahrungsschatz zu lesen geglaubt hatte, der den eines jeden Menschen übertraf und der trotz der scheinbaren Jugendlichkeit von Xybrass nur einem weisen, uralten Wesen zustand.
Der Widerschein eines Blitzes tauchte das Zimmer für einen Sekundenbruchteil in fast taghelles Licht. Wenige Sekunden später grollte der Donner. Unwillkürlich zuckte Nolan zusammen. Er hatte noch niemals Angst vor einem Gewitter gehabt. Blitz und Donner waren für ihn niemals mehr als Folgen der atmosphärischen Elektrizität gewesen; zumindest, solange er in der von der Technik beherrschten Welt des einundzwanzigsten Jahrhunderts gelebt hatte. Hier aber, in dieser archaischen Umgebung, erschienen sie ihm fast wie das Toben eines unbegreiflichen Ungeheuers. Auch wenn sein Verstand diese Gedanken närrisch schalt, kam er gegen seine Gefühle nicht an. Es war eine Folge seiner zerrütteten Nerven.
Kein Wunder, er hatte in den vergangenen vierundzwanzig Stunden mehr erlebt, als jemals ein Mensch zuvor. Nicht allein, dass er mittelbar durch die freiwerdende Energie bei der Explosion eines Star Gate-Aggregates um mehr als hundert Jahre in die Vergangenheit geschleudert worden war, wurde er auch noch von den Hilfstruppen einer galaktischen Großmacht gejagt.
Er trat ans Fenster. Regen prasselte gegen die Scheibe und lief in bizarren Bahnen daran hinab. Blitz auf Blitz zuckte nun vom Himmel herab und die Abstände zum Donner wurden immer kürzer, bis sie schließlich kaum noch wahrnehmbar waren.
William Nolan kehrte zum Bett zurück und ließ sich darauf fallen. Er schloss die Augen. Obwohl er gegen die Müdigkeit ankämpfte, übermannte ihn die Erschöpfung. Kaum eine Minute später war er bereits in einen tiefen, traumlosen Schlaf geglitten.
*
Zwischenspiel
Das Universum breitete sich vor ihm wie ein schwarzes, mit Tupfern von Sternenlicht gesprenkeltes Meer aus. Er spürte und genoss die Kraft der Sonnenmassen, die um ihn herum im Rhythmus der Ewigkeit pulsierten, badete förmlich in ihren Energien und sog sie zum Teil in sich auf. Es war eines der wenigen Vergnügen, die es in seinem nach Jahrtausenden zählenden Leben gab. In Augenblicken wie diesen schien selbst der Strom der Zeit langsamer zu fließen und sein Dasein erschien ihm nicht mehr ganz so schlimm und unerträglich. Zwangsläufig eilten in solchen Momenten seine Gedanken zurück in die Vergangenheit; zurück in die Zeit, in der alles begonnen hatte.
Damals, als er so sehr gefrevelt hatte, dass es außer ihm nur noch einen einzigen Abkömmling der Dhuuls gab und ihn die Hor-Hekenu bitter bestraften. Nur er und Yulendra, sein weiblicher Gegenpart, wussten, dass die Hor-Hekenu die Form war, in die alle Dhuuls sich geflüchtet hatten, außer den Dhuuls auf ihrer Hauptwelt. Denn nur die Hauptwelt war damals vom größten und schlimmsten Krieg verschont geblieben, den das Universum je gesehen hatte. Er hätte alle Dhuuls außerhalb der Hauptwelt endgültig ausgelöscht, über alle galaktischen Grenzen hinausgehend, wenn sie nicht unter Aufbieten ihrer letzten Kräfte sich in diese nächst höhere Daseinsform geflüchtet hätten: Sie waren seitdem, also seit nunmehr rund fünftausend Jahren, eine besondere Energieform, die alle noch lebenden Dhuuls auf der Zentralwelt fortan wie Götter verehrt hatten. Das Wissen, dass sie nicht wirklich Götter, sondern nichts anders als die weiter entwickelte Lebensform der Dhuuls waren, hatten die letzten Dhuuls verloren. Es war auch nicht wichtig genug für sie gewesen.
Bis vor rund dreitausend Jahren durch Xybrass und Yulendra auch die letzten Dhuuls scheiterten. Damit hatte Xybrass wahrlich eine Schuld auf sich geladen, die er niemals wiedergutmachen konnte. Darum litt er unter seiner Unsterblichkeit, die ihm nicht nur ewige Schuldkomplexe bescherte, sondern ihm auch jedweden Ausweg aus seiner Situation verwehrte.
Yulendra hatte solche Gewissensbisse nicht, wie er wusste. Sie war skrupellos geblieben und hätte sich womöglich als wahre Plage des Universums erwiesen, hätten die Hor-Hekenu nicht ganz besonders über sie und ihre Taten gewacht. Ein Schicksal, das wenigstens Xybrass erspart geblieben war …
Aber auch die Hor-Hekenu, die Götter der Dhuuls, waren nicht ganz ohne Schuld. Deshalb täuschte Xybrass ihnen gegenüber
Weitere Kostenlose Bücher