010 - Der Derbysieger
nach. »Sehen Sie, hier steht es. El Rey, von Diamant aus Monata, ein dreijähriger Hengst. Das heißt also, daß das Pferd jetzt vier Jahre alt ist«, fügte er hinzu, nachdem er nach der Jahreszahl auf der Titelseite gesehen hatte. »Hat acht Rennen mitgemacht, von denen es sechs als erster gewann. Ich möchte nur wissen, was Soltescu wieder im Schilde führt, wenn er dieses Pferd kauft. Es hat doch keinen Sinn, El Rey von der Rennbahn zuzurückzuziehen und in ein Gestüt zu schicken. Ich glaube auch gar nicht einmal, daß er ein großes Gestüt besitzt.«
Er schloß das Buch und stellte es wieder zu den anderen Bänden. Den ganzen Vormittag blieb er sehr nachdenklich und blätterte viel in anderen Sportbüchern. Er hatte die Nachricht in einem kleinen brasilianischen Blatt gelesen. Es erschien in einer Stadt, in deren Nähe das Alvarez-Gestüt lag.
Am Nachmittag erkundigte sich Milton bei den verschiedenen Agenturen brasilianischer Zeitungen, konnte jedoch keine weiteren Nachrichten über diesen merkwürdigen Kauf erhalten.
In einer führenden Tageszeitung von Rio fand er nur die Bemerkung, daß Sir George Brasilien einen kurzen Besuch abgestattet hätte und mit dem nächsten Dampfer wieder nach England zurückkehren würde.
»Dieser Tage muß er ankommen«, erklärte er, als er wieder in sein Büro kam. Er nahm den Hörer vom Telefon und ließ sich mit der La-Plata-Dampfschiffahrtsgesellschaft verbinden. »Können Sie mir sagen, wann Ihr nächster Dampfer England erreicht? - Am Dienstagmorgen?« Er war schon im Begriff, wieder aufzulegen, als ihm noch etwas einfiel. »Ach, sagen Sie mir bitte, ist Sir George Frodmere an Bord dieses Dampfers?«
»Sir George benützt diese Linie nicht«, erklärte er, als er den Hörer auflegte. »Aber sie transportieren einige Pferde für ihn, darunter sicher El Rey. Der Dampfer kommt am Dienstag in Tilbury an. Das trifft sich gut, denn ich habe gerade auch in der Nähe zu tun, allerdings schon am Tag vorher.«
»Das ist Ihnen wohl eben erst eingefallen?« fragte Janet lächelnd.
»Nein, das hängt mit meiner Tätigkeit für Eric Stanton zusammen. Ich habe in der Beziehung ein ziemlich schlechtes Gewissen. Dauernd nehme ich seine Bezahlung an und habe noch nicht den mindesten Erfolg aufzuweisen. Bedenken Sie, daß ich ja gar nicht ernstlich die Absicht hatte, ein Detektivbüro zu eröffnen.«
Sie sah ihn an und runzelte leicht die Stirn.
»Wie meinen Sie denn das?« fragte sie langsam. »Wissen Sie, daß ich mir schon längst Gewissensbisse mache? Am Ende haben Sie dieses Büro nur aufgemacht, damit ich eine angenehme Stellung finde?«
Er schüttelte lachend den Kopf.
»Nein, da sind Sie doch zu argwöhnisch. Aber das schlimmste an Stantons Auftrag ist, daß ich nicht einmal eine Fotografie von der jungen Dame, die er sucht, zur Verfügung habe. Ich besitze kaum einen Anhaltspunkt und muß warten, bis ein Wunder geschieht. Und dafür bekomme ich zwölf Pfund wöchentlich von dem Mann.«
»Gibt es denn gar keine Möglichkeit, sich einige Anhaltspunkte zu verschaffen?«
»Das könnte man vielleicht. Bis jetzt habe ich nur herausgebracht, daß gleichzeitig mit Stantons Mutter auch eine alte Dienerin aus dem Hause verschwand. Sie hat wahrscheinlich die Frau und das Kind begleitet. Nun ist es mir vor kurzem gelungen, eine Verwandte dieser Dienerin aufzufinden, und ich hoffe, daß ich dadurch die Frau selbst ausfindig machen kann. Und dann lassen sich ja schließlich weitere Schritte unternehmen. Aber ich habe jetzt auch andere Dinge zu tun. Vor allem muß ich herausbekommen, warum Sir George Frodmere ein Rennpferd für Soltescu gekauft hat. Soweit ich bisher feststellen konnte, besitzt der Mann überhaupt kein Gestüt. Ich habe mich auch bei verschiedenen Rumänen erkundigt, die hier in London leben, und niemand weiß etwas davon.«
»Außerdem haben Sie aber noch einen großen Auftrag, den Sie hoffentlich nicht vergessen werden.«
»Ach, meinen Sie, daß ich Soltescus Schriftstücke über den Herstellungsprozeß des biegsamen Glases wiederfinden soll? Daran denke ich Tag und Nacht. Ich habe doch wirklich Glück, daß ich drei so bedeutende Fälle zu bearbeiten habe. Es sollte mich nicht wundern, wenn ich sie eines Tages alle drei zugleich lösen würde. Ja, ich muß wirklich sagen, daß ich großes Glück habe.« Er lächelte verschmitzt. »Jetzt können Sie mit mir Tee trinken, bevor Sie nach Hause gehen.«
Sie erhob sich und zog ihren Mantel an.
»Helfen Sie mir
Weitere Kostenlose Bücher