010 - Die Bestie mit den Bluthänden
führe.
Es gelang dem PSA-Agenten, die Bedenken Blandeaus zu zerstreuen. Dennoch
sah Larry seinen schönen Plan, vielleicht Eingang in das geheimnisumwitterte
Haus des Einsiedlers zu erhalten, sich in Luft auflösen. Er hatte fest damit
gerechnet, bei Blandeau telefonieren zu können. Bei dieser Gelegenheit hätte er
weitere Trümpfe ausgespielt, um einiges über das interessante Leben dieses
Mannes zu erfahren.
Doch nun musste er diese Hoffnung zunächst begraben.
»Vielleicht ist auch nicht viel dran«, bemerkte Blandeau mit einem
Seitenblick auf den Peugeot.
»Doch. Ein Kabel ist durchgeschmort. Außerdem scheint mit der Benzinleitung
etwas nicht zu stimmen. Ich habe vergebens versucht, den Wagen zu starten.«
Larry zuckte die Achseln.
Blandeau meinte: »Versuchen Sie es bei meinem Nachbarn Sandos. Ungefähr
achthundert Meter von hier – wenn Sie sich nach meinem Haus weiter links
halten, stoßen Sie auf einen kleinen Gehpfad, der direkt auf das Grundstück von
Dr. Sandos stößt. Sicher werden Sie dort telefonieren können. Wahrscheinlich
brauchen Sie jemanden aus Rostrenen. Hier im Ort gibt es nur eine kleine
Tankstelle, ob die auch größere Reparaturen durchführen kann, entzieht sich
meiner Kenntnis. Ihren Wagen werden Sie wohl hier stehen lassen müssen.« Das
war mehr eine Feststellung als eine Frage. Larry merkte, dass dem
Privatgelehrten diese Vorstellung nicht behagte.
»Vielleicht können Sie ihn wenigstens ein wenig zur Seite schieben,
Monsieur.«
Das ließ sich machen. Larry löste die Handbremse. Blandeau schaute zu, wie
der PSA-Agent den Peugeot auf die Seite schob. Er selbst verließ den Platz an
der Tür nicht.
»Au revoir, Monsieur«, sagte er, als sich Larry von dem Wagen löste. »Hier
geht es lang.« Damit war für Blandeau offensichtlich das Problem erledigt, und
er drückte die Tür zu. Der schwere Riegel knackte.
Larry Brent konnte sich eines unbehaglichen Gefühls nicht erwehren.
Blandeau machte den Eindruck eines Mannes, der das Sprechen verlernt hatte, der
recht einsilbig war. Dennoch hatte er überraschenderweise offenbar mehr
gesprochen, als es seine Art war. Es sah ganz so aus, als ob ihn das Auftauchen
des Fremden misstrauisch und neugierig zugleich gemacht habe.
In Gedanken versunken folgte Larry Blandeaus Wegbeschreibung. Die Stille
des weiten Waldes umgab ihn. Einmal sah er zwei Rehe und mehrere Wildschweine,
die durch das Unterholz brachen.
Und einmal – ganz in seiner Nähe – knackte ein Ast.
Er glaubte, eine schattengleiche Gestalt zwischen den Bäumen
hindurchhuschen zu sehen. Aber sicher war er sich nicht.
Dennoch war seine Aufmerksamkeit jetzt noch mehr geweckt, und er achtete
sehr genau auf jedes Geräusch und auf jede Bewegung.
Wenig später näherte er sich dem freundlichen Erholungsheim des Dr.
Sandos'.
Die parkähnliche Anlage schloss das Grundstück von drei Seiten ein. Der
Gebäudekomplex war u-förmig in das Grün hineingebaut und schmiegte sich an die
Baumfront.
Durch das Hauptportal betrat X-RAY-3 die weite, freundliche Empfangshalle.
Sein Kommen war offenbar nicht unbemerkt geblieben. Von der anderen Seite des
Ganges näherte sich ihm eine junge, hübsche Person mit langen, aufregend
schönen Beinen, einem Minirock, der die wohlgeformten Schenkel bloßlegte und einem
Gang, der eine Augenweide war.
Larry Brent hatte an sich sein Vorbeikommen als reine Zeitverschwendung
angesehen. Doch unter diesen Umständen war es den Abstecher wert.
Die junge, blonde Französin kam ihm entgegen.
Larry grinste. Sie sprach zu ihm mit ruhiger, charmanter Stimme und
erkundigte sich nach dem Zweck seines Besuches.
X-RAY-3 musste vorerst die Rolle weiterspielen, in die er sich
hineinmanövriert hatte. Er redete von dem defekten Motor und von einer
Reparaturwerkstätte, die er anrufen müsse. So war das Spiel jedenfalls mit
Fernand Rekon abgesprochen. Der Kommissar würde einen Reparaturwagen schicken,
sobald Larry Brent einen ersten Kontakt zu Blandeau hatte. Nun aber war diese
Angelegenheit schiefgelaufen.
Larry konnte in dieser Sekunde nicht ahnen, dass dies nicht der einzige
Schlag ins Wasser bleiben würde.
In dem Augenblick, als er seinen Fuß über die Schwelle des Hauses von Dr.
Sandos setzte, waren die Dinge seiner Kontrolle entglitten. Ein tödlicher Sog
zog ihn unaufhaltsam in das Zentrum seines Verderbens.
»Natürlich können Sie telefonieren. Bitte, kommen Sie doch mit!« Sie führte
Larry Brent zu einer Tür, an der der Name Dr. Sandos
Weitere Kostenlose Bücher