010 - Die weiße Hexe
rumänischen Kollegen entwickelt.
Ich drückte auf jenen Knopf, der aus dem harmlos aussehenden Feuerzeug einen für alles Dämonische gefährlichen Flammenwerfer machte.
Die armlange Flamme schoß in das züngelnde, zischende Feuer des Scheiterhaufens. Die Wirkung war verblüffend.
Mein Flammenstrahl biß und schnappte ebenso um sich, wie es das schwarzmagische Feuer machte.
Jedoch mit mehr Erfolg. Der Strahl teilte sich, faserte auseinander, schoß über den Scheiterhaufen und verschlang die schwarzmagischen Flammen.
Die letzte Höllenzunge starb, und gleich danach erlosch mein Feuer. Ich atmete erleichtert auf, denn nun konnte ich mich Roxane gefahrlos nähern, und es bestand auch keine Eile mehr, sie loszuschneiden.
Ich konnte mir so viel Zeit lassen, wie ich brauchte. Der Scheiterhaufen würde nicht noch mal hochlodern.
Als die Fesseln gefallen waren, hob ich Roxane vom Holzstoß herunter, und sie küßte mich aus Dankbarkeit.
Wir hatten es geschafft. Blieb nur noch Mago – das letzte Kapitel in dieser gefährlichen, kräfteraubenden Geschichte.
***
»Mago!« brüllte Mr. Silver. »Jetzt bist du dran!«
Mit hochgeschwungener Streitaxt stürmte der Ex-Dämon heran.
Der Schwarzmagier wußte nicht, daß Mr. Silver nicht mehr über seine übernatürlichen Fähigkeiten verfügte.
Er hatte alle seine Schergen, die er auf die Erde mitgenommen hatte, verloren. Das brachte ihn aus dem Gleichgewicht, knackste seine Selbstsicherheit ein wenig an.
Er war zwar stark und mächtig – aber im Moment auch durcheinander, und ein Kampf gegen Mr. Silver erforderte seiner Meinung nach einen klaren Kopf.
Den besaß er im Moment jedoch nicht, deshalb wollte er sich dem haßerfüllten Ex-Dämon, dem nichts wichtiger war, als ihn zu vernichten, lieber nicht zum Kampf stellen.
Das hatte nichts mit Feigheit zu tun, fand Mago. Das war lediglich ein taktischer Schachzug.
Er würde zuschlagen, wenn die Voraussetzungen für ihn günstiger waren. Wenn er geahnt hätte, daß Mr. Silver gerade jetzt seinen absoluten Tiefpunkt erreicht hatte, hätte er nicht gezögert, ihn tödlich zu treffen.
So aber zog er es vor, sich zurückzuziehen.
Vier Meter befand sich Mr. Silver noch von der Bühne entfernt, auf der Mago stand. Der Schwarzmagier umgab sich mit einem brennenden Kegel.
Mr. Silver wußte, was das zu bedeuten hatte. »Das sieht dir ähnlich, du miese Kreatur!« schrie der Ex-Dämon außer sich vor Wut.
Davonstehlen wollte sich der Jäger der abtrünnigen Hexen. Mr. Silver setzte alles daran, um es zu verhindern.
Er forcierte sein Tempo, erreichte die Bühne. Mit einem kraftvollen Sprung landete er oben auf den Brettern.
Es war ihm schon mal gelungen, den Zeitablauf anzuhalten.
Diese Fähigkeit wäre jetzt äußerst wertvoll gewesen.
Doch er konnte sich ihrer nicht mehr bedienen. Würde er überhaupt jemals wiedererstarken? Oder würde er fortan auf der Kraftstufe eines Menschen stehenbleiben?
Der Flammenkegel hüllte Mago vollkommen ein. Die brennende Luft waberte. Mr. Silver wuchtete sich vorwärts.
An manchen Stellen zerfaserte der Kegel schon. Würde es Mago schaffen? Würde ihm die Flucht gelingen?
Es sah danach aus.
Aber Mr. Silver kämpfte mit zäher Verbissenheit um den Sieg.
Seine ganze Kraft, die ihm geblieben war, legte er in den Schlag.
Die magische Streitaxt surrte durch die Luft. Senkrecht schnitt sie auf den Feuerkegel zu, in dessen Zentrum sich Mago mehr und mehr auflöste.
Und als die Schneide der gewaltigen Axt den brennenden Kegel traf, war Mago, der Schwarzmagier, nicht mehr zu sehen.
Die Axt hieb den Kegel auseinander. Das rote Glühen verging.
Aber Mago, der Jäger der abtrünnigen Hexen, war unbeschadet davongekommen.
»Verdammter Mist!« machte sich Mr. Silver Luft.
Enttäuscht drehte er sich um. Roxane eilte auf ihn zu. Er nahm sie in die Arme.
»Mach dir nichts draus, Silver«, sagte ich. »Du hast es ebenso versucht wie ich damals. Nun wissen wir es beide: Man muß wesentlich schneller sein, wenn man Mago zur Strecke bringen will.«
»Er hat trotz allem eine schmähliche Niederlage erlitten«, sagte Roxane. »Vielleicht wird ihm das eine Lehre sein.«
»Dem?« Mr. Silver lachte gallig. »Dieser gottverfluchte Satansbraten wird es immer wieder versuchen.«
ENDE
[1] Siehe
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