010 - Die weiße Hexe
sich im Hintergrund, Miß Clooney, wenn wir losschlagen«, sagte er.
Claudia, Ian Ekenberry und Bruce Perkins rückten ab. Sie setzten sich in den blaumetallicfarbenen Talbot 1510, denn das erschien ihnen für die nächste Zeit der sicherste Platz zu sein.
Und Chefinspektor Ryan griff zum Megaphon, um sich bei den Dämonen bemerkbar zu machen…
***
Ich war am Verzweifeln. Auf dem Scheiterhaufen leckten die glutroten magischen Flammen, die die beiden Mädchen fressen sollten, und Magos Schergen zwangen mich, dabei zuzusehen. Keiner im Saal wagte sich zu rühren. Wir alle waren Todeskandidaten, denn Mago würde keinen von uns am Leben lassen. Seine Schergen würden mit ihren Höllenpeitschen reiche Ernte halten. Wir würden nicht nur einen qualvollen Tod erleiden, wir würden danach obendrein noch als mordende Skelette durch die Gegend laufen. Bei diesen Aussichten packte mich das nackte Grauen. Konnte ich wirklich nichts mehr tun?
Waren Oda, Roxane, ich und alle Menschen, die sich an diesem Abend im Gasthaus befanden, rettungslos verloren?
Mago lachte begeistert. »Brennt, Hexen! Brennt!« schrie er.
Die Hitze nahm den Mädchen allmählich den Atem. Oda wand sich. Ich sah, wie der Schmerz Roxanes hübsches Gesicht verzerrte, und litt mit ihr.
»Brennt!« schrie Mago vergnügt.
Die Flammen leckten sich an die Füße der abtrünnigen Hexen heran. Normalerweise verfugten Roxane und Oda auch über übernatürliche Fähigkeiten. Oda war aber noch viel zu geschwächt, um sich ihrer bedienen zu können, und Roxane vermochte sie nicht zu aktivieren, weil es sich um kein gewöhnliches Feuer handelte, in dem sie sterben sollte.
Es war das Feuer des Schwarzmagiers. Dagegen kam sie nicht an.
»Tod allen abtrünnigen Hexen!« rief Mago. »T-o-d-!«
Seine Stimme dröhnte im ganzen Saal.
Und plötzlich war da noch eine Stimme. Sie kam von draußen!
»Hier ist die Polizei! Hier ist die Polizei! Das Gebäude ist umstellt! Wir wissen, was vorgeht! Wenn binnen fünf Minuten nicht alle Personen, die sich in dem Gasthaus aufhalten, herauskommen, stürmen wir das Gebäude!«
Die Stimme, von einem Megaphon verstärkt, irritierte Mago nicht nur, sie machte ihn rasend.
Ich konnte mir vorstellen, wer die Polizei alarmiert hatte: Ian Ekenberry und Bruce Perkins.
Nicht nur Mago war irritiert. Auch die beiden Schergen waren es, die mich festhielten.
War das meine Chance? Ich überlegte nicht lange. Mir war klar, daß ich sie umgehend nützen mußte.
Mago brüllte und tobte. »Polizei!« geiferte er. »Was bilden die sich ein? Was denken die, mit wem sie es zu tun haben? Mit einem gewöhnlichen Verbrecher? Denen werde ich es zeigen! Ich bin Mago, der Schwarzmagier!«
Ich kümmerte mich nicht um ihn, sondern wuchtete mich blitzartig nach vorn. Damit rechneten die ghoulartigen Wesen, die mich festhielten, nicht.
Ich rutschte aus ihrem Griff, ließ mich fallen, ehe sie mich wieder packen konnten, und rollte von ihnen weg.
Im selben Moment hieb Mr. Silver die Flügeltüren des Festsaales auf. »Hinaus!« schrie er, so laut er konnte. »Alles raus!«
Und dann brach die Hölle los.
***
Ian Ekenberry und Bruce Perkins drückten Tony Ballard und allen, die sich im Gasthaus befanden, die Daumen. Perkins wischte sich mit einer fahrigen Handbewegung über die Augen. »Mann, bin ich aufgeregt.«
»Nicht mehr als ich«, sagte Ekenberry. Er streckte die Hände vor.
»Sieh her, wie ich zittere. Ich könnte glatt in einer Konditorei als Zuckerstreuer arbeiten.«
»Denkt der Chefinspektor wirklich, mit den Dämonen fertigwerden zu können?« fragte Claudia Clooney. »Ich hatte unmittelbar mit einem solchen Biest zu tun. Kein Mensch ist diesen Ungeheuern gewachsen.«
»Wenn die fünf Minuten um sind, wird die Polizei das Gasthaus stürmen«, sagte Ekenberry. »Davon bin ich überzeugt.«
»Mit gewöhnlichen Kugeln kann man diesen schleimigen Monstern doch nichts anhaben«, sagte Claudia.
»Es wird ein heilloses Durcheinander geben, und in dem Tohuwabohu wird es vielleicht einem Großteil der Geiseln gelingen, aus dem Gasthaus zu fliehen«, meinte Perkins.
»Vorausgesetzt, die Monster lassen die Polizei überhaupt hinein«, sagte Claudia ernst.
»Abwarten«, sagte Ekenberry. »In fünf Minuten wissen wir mehr.«
***
Chefinspektor Ryan blickte auf seine Uhr. Er war ein großer, hagerer Mann mit dunklen Augen. Ein drahtiger Polizeibeamter, geradlinig, unbestechlich und furchtlos.
Er sah die Situation realistisch. Viel mehr, als
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