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0104 - Portaguerra

0104 - Portaguerra

Titel: 0104 - Portaguerra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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auf die Kabine zu. George öffnete für ihn die Tür. »Ich werde Domenico sagen, daß er dich in Ruhe lassen soll.«
    Domenico Chalor bediente die Bergstation und sah es nicht gern, wenn sein jüngerer Kollege eine Extratour fuhr.
    »Was willst du eigentlich oben?« rief George dem Reporter zu, während er die Kabinentür festhielt. »Du hast doch schon alles abgegrast.«
    »Ich will ein paar Fotos in der Todeswand schießen«, antwortete Raoul Gasconne. »Ich kann ein paar Francs gebrauchen.«
    »Wer nicht?« rief George lachend, knallte die Tür zu und ging an das Telefon im Schaltraum. Der Reporter hörte, wie er mit der Bergstation sprach. »Eine Gruppe hübscher Touristinnen kommt mit dieser Kabine!« versicherte George ernsthaft. »Du wirst sehen, Domenico! Einfach süße Puppen!«
    Raoul Gasonne grinste, dann setzte sich auch schon die Kabine in Bewegung, und er schloß das Fenster. Ein kühler Wind pfiff um die einsam am Seil schwebende Kabine, die über die Rollen der Stützpfeiler holperte und den Reporter unaufhaltsam höher trug, seinem Schicksal entgegen.
    In der Bergstation wartete Domenico Chalor bereits auf die Touristinnen. Er zog ein langes Gesicht, als er Gasconne entdeckte.
    »Sei nicht zu böse mit dem Jungen, er hat es gut gemeint!« rief der Reporter dem im Rollstuhl sitzenden Mann zu. »Er hat mir damit einen großen Gefallen getan!«
    Chalor brummte etwas, das Raoul Gasconne nicht verstand und das ihn auch nicht interessierte. Der Reporter beeilte sich, damit er noch genügend Licht für seine Fotos hatte. Abenddämmerung in der Todeswand, daraus mußte sich doch etwas machen lassen!
    Er war ein erfahrener Bergsteiger wie viele in dieser Gegend zwischen Grenoble und der italienischen Grenze am Frejus-Eisenbahntunnel. Dementsprechend gut war er auch ausgerüstet, so daß er ohne Schwierigkeiten den Einstieg in die Wand erreichte und zielstrebig abstieg.
    Er kletterte nicht ganz bis zu der »Nase« hinunter, sondern bezog einen sicheren Posten, von dem aus er das Tal, im Hintergrund die Bergketten des Grande Casse mit seinen dreitausendachthundert Metern und die »Nase« im Vordergrund überblicken konnte. Natürlich ahnte der Reporter nicht, was sich vor einem knappen Monat ausgerechnet auf diesem Felsvorsprung ereignet hatte, sonst wäre er nicht so leichtsinnig gewesen.
    Noch war es zu hell. Raoul Gasconne wollte einige besonders düstere Bilder schießen und dazu einen Bericht über die alten Legenden schreiben, die sich um die Todeswand rankten. In Gedanken hatte er alles schon fertig, er mußte den Text daheim nur mehr in die Maschine tippen.
    Gasconne zuckte zusammen, als er seitlich unter sich eine Bewegung wahrnahm. Erstaunt beugte er sich vor.
    Er hatte zuletzt in den Himmel geblickt, so daß er geblendet war und nur eine dunkle Gestalt erkannte, die direkt auf ihn zukletterte.
    Noch befand sich der Mann etwa zehn Meter unter ihm, aber er stieg mit unglaublicher Geschwindigkeit.
    Und das, obwohl er einen weiten, bis zu den Füßen reichenden Umhang mit einer über den Kopf gestülpten Kapuze trug.
    Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Gasconne schaltete. Er kannte die Wand zwar nicht so gut wie die Lerois-Brüder, aber er wußte, daß der Fremde auf einer völlig unbegehbaren Route kam.
    Nicht einmal eine Gemse hätte an diesen Felsen Halt gefunden.
    Mit der Geistesgegenwart des findigen Reporters drückte er auf den Auslöser und bannte die schemenhafte Gestalt auf den Film.
    Jetzt erkannte er auch schon mehr, weil sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnten. Er sah die Hände des merkwürdigen Bergsteigers und schrak zurück.
    Das waren keine menschlichen Finger sondern skelettartige Knochenhände, über denen sich welke Haut spannte. Dennoch gruben sich die gebogenen Fingernägel in winzigste Ritzen und zogen den ganzen Mann nach.
    Mit vor Aufregung trockenem Mund drückte Raoul Gasconne noch einmal auf den Auslöser, nachdem er vorher das eingebaute Blitzlichtgerät eingeschaltet hatte.
    Der Lichtblitz zuckte durch die dunkle Felswand und traf den Unheimlichen. Der riß den Kopf in den Nacken.
    Im selben Moment löste Raoul Gasconne noch einmal die Kamera aus. Sein Verstand blieb stehen. Durch den Sucher des Fotoapparates sah er den grinsenden, mumifizierten Schädel mit erschreckender Klarheit und in allen grausamen Details. Die Kamera entglitt seinen Händen und fing sich am Sicherheitsriemen. Der Reporter schnellte hoch.
    Er mußte verschwinden! Weg hier! Er dachte nur noch

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