0106 - Wir sprengten die Garde
sie in beide Hände und zielte ruhig.
Mein Schuss traf. Ben Hay sank aufs Steuer, rutschte zu Boden. Das Motorboot beschrieb einen großen Bogen. Der Motor lief auf vollen Touren. Mit ziemlicher Geschwindigkeit näherte es sich der Washington.
»Lassen sie ein Boot zu Wasser«, rief ich und lief weiter nach hinten, wo das Boot aufprallen musste.
Phil hatte unterdessen die Strickleiter erreicht und hielt sich daran fest. Wir konnten beobachten, wie Ben Hay hochzukommen versuchte. Er sah die drohende Gefahr. Immer näher schoss das Motorboot auf die Bordwand der Washington zu.
Da hatte Ben Hay das Steuerrad erreicht. Das Boot machte eine scharfe Wendung, krachte mit der Breitseite gegen die Washington, schlidderte einige Yards an ihr entlang und drehte wieder in weitem Bogen auf das Meer hinaus.
Theresa Norteek stand neben mir. Sie hielt meinen Arm umklammert. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie auf das Schauspiel.
Das Motorboot beschrieb einen großen Kreis. Es schoss mit höchster Geschwindigkeit dahin. Ben Hay war wieder zurückgefallen. Er konnte das Schiff nicht mehr dirigieren.
Phil kam nach oben. Er schüttelte sich wie ein Hund. Zu seinen Füßen bildete sich eine große Wasserlache. Gebannt verfolgte auch er die Fahrt Ben Hays.
Das Boot befand sich jetzt in ungefähr dreihundert Yards Entfernung. Es musste hinter dem Heck der Washington herumkommen. Wir rannten auf die andere Seite.
Das Boot raste direkt auf uns zu. Nochmals versuchte sich Ben Hay hochzureißen. Es gelang ihm nicht mehr. Mit unheimlicher Gewalt krachte das Schiff gegen den Rumpf der Washington. Ben Hay flog in großem Bogen ins Wasser. Teile des zerberstenden Bootes flogen bis zu uns aufs Deck.
Ich überkletterte die Reling, wartete noch einen Herzschlag lang und sprang.
Ich fiel an derselben Stelle ins Wasser, wo auch Ben Hay untergegangen war, tauchte tief hinab. Ich hatte Glück. Vor mir war ein dunkler Schatten. Ich packte zu. Es war Ben Hay.
Trotz seiner Verletzung gelang es Ben Hay, sich aus meinem Griff zu lösen. Beide strebten wir der Oberfläche zu. Als ich auftauchte, sah ich Ben Hay neben mir.
Er brüllte auf, als er mich erkannte. Er griff mit den Händen umher und erwischte ein Holzstück. Ich lag etwa zwei Yards von ihm entfernt auf der Lauer.
»Ich nehme dich mit, G-man«, keuchte er.
Er hob mit einem Ruck den Oberkörper hoch und schleuderte das Holz nach mir. Dabei musste ihm die Bewegung unheimliche Schmerzen bereiten. Ich sah es seinem Gesicht an.
Im Wasser ist man nicht so beweglich wie auf dem Land. Als daher das Holzstück angesaust kam, brachte ich zwar meinen Kopf noch rechtzeitig zur Seite, erhielt aber einen wuchtigen Schlag gegen die linke Schulter, der mir ziemlich zu schaffen machte.
Es dauerte zwei, drei Atemzüge, bis ich den ersten Schmerz überwunden hatte. Ich tauchte, sah den Gangster vor mir, schwamm um ihn herum und kam hinter ihm wieder hoch. Mit beiden Armen umklammerte ich ihn.
»Halt ihn fest«, hörte ich noch jemand rufen. Es musste Phil sein.
Ben Hay strampelte mit den Beinen. Es war unwahrscheinlich, welche Energie der Bursche aufbrachte. Ich ließ ihn gehen, griff mit der rechten Hand um seinen Hals. Dann versuchte ich, nach oben zu kommen. Ben hing wie ein lebloses Bündel in meinem Griff. Er rührte sich nicht mehr.
Neben mir tauchte ein Rettungsboot auf. Hände griffen zu, packten mich und den Gangster und zogen uns ins Boot. Phil bemühte sich sofort um den Bewusstlosen.
»Er lebt. Hoffentlich haben wir Glück.«
Ich deutete auf die Schussverletzung an der Hüfte. »Das sieht gefährlich aus. Nur der Hass gegen mich hat ihn bis jetzt noch aufrecht gehalten. Sonst wäre er längst hinüber.«
Man hatte unser Boot indessen wieder hochgehievt. Dr. Marshall stand mit zwei Matrosen auf Deck. Ben Hay wurde auf eine Tragbahre gelegt und fortgeschafft.
Langsam folgten wir Dr. Marshall zur Krankenstation.
***
Ben Hay lag bereits auf dem Operationstisch. Er war bewusstlos. Dr. Marshall wusch sich die Hände. Die Krankenschwester war auch da. Phil räumte das Zimmer von den Neugierigen, die sich in der Zwischenzeit eingefunden hatten. Ich wartete, bis alle draußen waren, dann wandte ich mich an Dr. Marshall.
»Ist er zu retten?«
Er schüttelte den Kopf. »Aussichtslos. Ich brauche es gar nicht erst zu versuchen. Jede Hilfe kommt hier zu spät.«
»Es kann passieren, dass er nicht mehr zu sich kommt.«
»Ich rechne sogar damit. Der Blutverlust ist zu groß. Es ist
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