0107 - Die Geier und der Wertiger
glühendem Eisen angefüllt zu sein. Es brodelte, blubberte und waberte.
Ein grauenvolles Ende hatte mir Malagu zugedacht. Er blickte mich triumphierend an.
»Wie gefällt dir das?«
»Absolut nicht.«
»Die Hitze wird dich verschmoren, John Sinclair! Dem Feuer der Hölle ist noch keiner entronnen! Es wird auch dich vernichten!«
In den blutroten Flammen tanzten häßliche Fratzen. Ich sah abscheuliche Horrorgestalten, die sich auf mich stürzen würden, sobald ich in diese Höllenspalte fiel.
Hoch, immer höher leckten die Flammen. Bis an die Decke reichten sie manchmal schon.
Malagu gab seinen Dienern ein Zeichen. Mir stockte der Atem.
Ich dachte, nun würden sie mich in die Hölle stoßen, doch Malagu befahl ihnen mit herrischer Stimme: »Laßt ihn frei! Ich will sehen, wieviel Mut er hat. Das Feuer, das uns Macht über die Menschen gibt, wird dich vernichten, John Sinclair! Sei kein Feigling. Stürz dich selbst hinunter!«
***
Oben, im Kessel des Todes, ereignete sich zur selben Zeit folgendes: Malagus grausame Diener, in deren Reihen sich auch William van Dyke und George McKammit befanden, wollten Harald McClure und Donna Varese den fleischfressenden Pflanzen überlassen.
Sie schleppten die beiden zu einem pflanzlichen Wesen, das an Scheußlichkeit unübertroffen war.
Es hatte einen glitschigen Stamm mit dicken borstigen Warzen, und seine Blätter waren graubraun und schlammig.
Sie waren so groß, daß man einen Menschen darin einwickeln konnte, und sie hatten die Form eines Riesenrochens.
Sie bewegten sich auch so. Ihre Ränder bogen sich fortwährend auf und klatschten dann wieder wie nasse Lappen auf den Boden.
Als die Diener des Bösen die beiden Menschenopfer auf die lappigen Todesblätter zuführten, straffte sich jede Faser in der Killerpflanze.
Donna Varese verlor vor Angst beinahe den Verstand.
Harald McClure erging es nicht besser. Der Schweiß glänzte auf seiner Stirn.
Es hatte keinen Sinn, sich gegen die Höllenschergen zu stemmen.
Sie waren in der Überzahl und waren stärker als McClure und das Mädchen.
Das Schicksal der beiden schien besiegelt zu sein.
McClure dachte daran, mit welchem Optimismus er hergekommen war. Und nun…
Er warf einen Blick auf das verzweifelte Mädchen. Donna konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie weinte lautlos.
Knapp vor der hungrigen Pflanze blieben die Diener des Bösen stehen. Die anderen Mörderpflanzen neideten ihrer Artgenossin den Fraß.
Sie stimmten einen zitternden und rasselnden Protest an. Doch Malagus Diener hatten sich entschieden und waren dadurch nicht umzustimmen. Ungeduldig streckte die Pflanze den Opfern ihre riesigen Schlammblätter entgegen.
Sowohl Donna Varese als auch Harald McClure wußten, daß jeder Mensch verloren war, wenn diese scheußlichen Blätter ihn erst einmal einhüllten.
Vermutlich erstickte man darin qualvoll.
»Mit wem machen wir den Anfang?« fragte William van Dyke rauh.
»Mit dem Mädchen!« entschied ein dunkelhäutiger Inder.
»Nein!« schrie Donna verzweifelt auf. »Ich will nicht sterben!«
»Los!« kommandierte der Inder.
Die andern stießen Donna Varese vorwärts. »Laßt mich!« schrie das Mädchen. »Bitte, laßt mich leben!«
Erbarmungslos drängten die Diener des Bösen das Mädchen auf die Todespflanze zu.
Donna wehrte sich gegen dieses schreckliche Ende, doch Malagus Diener waren kräftiger als sie.
Das schlammige Blattwerk wellte sich an den triefenden Rändern. Ein ekliger Gestank stieg davon auf.
Näher, immer näher führten die Schergen das Opfer an die Killerpflanze heran.
Da half alles Schreien und Flehen nichts, denn die Mitglieder der schwarzen Sekte hatten kein Herz im Leibe.
Als Donna nur noch wenige Zoll von der Mörderpflanze entfernt war, brüllte Harald McClure, der das nicht mehr mit ansehen konnte: »Halt! Nehmt mich statt des Mädchens!«
William van Dyke, sein einstiger Freund, wandte sich gemein grinsend um und sagte: »Sei unbesorgt, Harald. Auch du kommst dran. Gleich nach dem Mädchen! Die Pflanze hat einen unbändigen Appetit.«
»Ihr gottverdammten Teufel!« schrie McClure außer sich vor Wut. Er wollte sich losreißen und auf van Dyke stürzen, doch die Hände ließen ihn nicht los.
Als Donna Varese noch näher an die Killerpflanze herangedrückt wurde, drohte sie ohnmächtig zu werden.
Sie fühlte sich kaum noch in der Lage, all das Grauen durchzustehen. Sie sehnte sich nach einer barmherzigen Ohnmacht, damit sie nicht mitbekam, was die
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