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0109 - Das Alptraum-Mädchen

0109 - Das Alptraum-Mädchen

Titel: 0109 - Das Alptraum-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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sonnenklar, daß der Fahrer nur darauf wartete, daß er ein paar Scheine locker machte. Dann würde er sich noch den Teufel um jede Geschwindigkeitsbeschränkung scheren. Außerdem lagen die Straßen der nördlichen Bronx wie ausgestorben unter den Pneus. Wer immer es sich leisten konnte, floh während der heißesten Jahreszeit übers Wochenende aus der Stadt.
    Aber Maruc Nbowana hatte in der Eile zu wenig Geld eingesteckt. Ja - er zweifelte sogar, daß er überhaupt die ganze Fahrt würde bezahlen können.
    Obendrein wußte er nun, daß er selbst zu spät zur Abrechnung mit Halbridge kommen würde. Er starrte durch die Windschutzscheibe, sah jedoch nicht den nachtschwarzen Asphalt sondern die Szene in der Zentrale des Callgirl-Rings.
    Halbridge war schon tot. Seine Wesen hatten seinen Auftrag durchgeführt. Er hatte nicht gelautet gehabt, daß sie auch die anderen Männer umbringen sollten, denn Maruc Nbowana brauchte sie noch. Vielleicht.
    Die lebenden Toten standen wie ausgebrannte Automaten herum. Die ersten der Männer wollten sich schon auf den Weg machen, dem unheimlich gewordenen Ort zu entgehen. Vorsichtig zwar, aber trotzdem wild entschlossen, suchten sie nach einem Ausweg aus der Falle.
    Nbowana mußte alle Kraft zusammennehmen, um die vier Wesen gleichzeitig steuern zu können und wußte sehr schnell, daß ihm das über größere Entfernungen weg noch nicht so perfekt möglich war. Deshalb konzentrierte er sich ganz auf Carina Fleetwood.
    »Daggas«, murmelte er und versetzte sich in den Zustand einer halben Trance. »Carina. Die Männer müssen bleiben, wo sie sind.«
    Aus Gewohnheit hatte er englisch gesprochen, und der Taxifahrer sah verwundert zu ihm herüber.
    »He, Mann? Sind Sie besoffen? Ich fahr die Nigger sowieso nicht gerne. Ich mag es nicht, wenn Sie so vor sich hinmurmeln. An der nächsten Straßenecke können Sie aussteigen.«
    Maruc Nbowana hörte gar nicht hin. Er mußte sich konzentrieren.
    Er sah vor seinem geistigen Auge, wie das blonde Callgirl sofort reagierte.
    Es griff nach der MP des nächststehenden Mannes, eines Puertoricaners, nahm sie in beide Hände und verbog den Lauf, bis die Mündung nach hinten zeigte, der Stahl brach.
    »Ihr werdet alle hierbleiben. Keiner verläßt diesen Raum und dieses Haus.«
    Maruc Nbowana hatte das, was sie sagen mußte, in Gedanken mitgemurmelt. Er schreckte erst auf, als er fast gegen die Windschutzscheibe fiel. Der Fahrer war abrupt auf die Bremse getreten.
    »Du verläßt sofort meinen Wagen, Mann! Nun mach schon! Oder soll ich erst meine Kollegen rufen? Dann wirst du sehen, wie die auf deinem fetten Bauch herumtrampeln und wie sie dir in den Hintern treten.«
    Der Ex-Diplomat räusperte sich.
    »Sind wir schon da?«
    »Einen Dreck sind wir. Aber hier ist Endstation für dich, Nigger. Mach ’ne Fliege!«
    Nbowana bereute es inzwischen, keine Pistole eingesteckt zu haben. Auf den Taxifahrer kam es nun auch nicht mehr an. Aber der Kerl war ihm körperlich überlegen, und zu den großen Kämpfernaturen hatte sich Maruc Nbowana noch nie gezählt.
    »Warten Sie«, sagte er so normal wie nur möglich. Er sah auf seine Quarzuhr mit dem Armband aus purem Gold. Er sah auch das begehrliche Aufglitzern in den Augen des Drivers.
    Es war 21.26 und 15 Sekunden.
    Er schnallte sich die Uhr ab und reichte sie hinüber zum Driver.
    »Sie gehört Ihnen«, sagte er. »Aber jetzt halten Sie mich nicht länger auf.«
    Der Taxifahrer hatte auf den ersten Blick festgestellt, daß es sich um eine 1000-Dollar-Uhr handelte. Sie würde selbst noch beim größten Gauner unter den Pfandleihern einen äußerst respektablen Preis ergeben.
    Zum ersten Mal, seit der Neger zu ihm in den Wagen gestiegen war, grinste er. »Für diese Uhr können Sie spinnen, bis Sie weiß werden«, meinte er und lachte scheppernd. Er hielt sein Wortspiel für einen gelungenen Witz.
    Jetzt kümmerte sich der Fahrer auch um keine Geschwindigkeitsbeschränkung mehr. Keine vier Minuten später hielt er in der Pellry Street an.
    Maruc Nbowana wartete, bis der gelbe Wagen in der Dunkelheit verschwunden war. Er schaute die grauen, fensterlosen Fassaden der abbruchreifen Häuser ab und erkannte in ihnen die Bilder aus Tom Shafers Erinnerungen wieder.
    »Nina!« kommandierte er halblaut und spürte, wie das Wesen unweit von ihm aufzuckte. »Hol mich hier ab!«
    Ein Krachen und Poltern dröhnte aus dem Haus. So, als würden drinnen mit einem Schaufelbagger Umbauarbeiten gemacht.
    So ähnlich war es auch.

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