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0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

Titel: 0112 - Acht Minuten nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Acht Minuten nach Mitternacht
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Anstalten, diese wieder zu schließen.
    »Ich will Ihnen nichts verkaufen, Mrs. Philps. Ich möchte mich nach Ihrem Sohn umsehen.«
    »Wie ein Cop sehen Sie nicht aus«, antwortete sie stirnrunzelnd. »Wer schickt Sie hierher?«
    »Niemand. Ich möchte ihn nur einiges fragen.«
    »Jonny ist nicht hier.«
    »Seit wann nicht mehr? Er war doch hier. Ich weiß das bestimmt.«
    »Ja, das war er«, sagte sie zögernd.
    Ich war es müde, diese Unterhaltung an der Tür fortsetzen zu müssen.
    »Hören Sie, Mrs. Philps. Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten. Können wir nicht hineingehen?«
    Zuerst sah es aus, als wollte sie nein sagen, aber sie besann sich eines besseren und ließ mich eintreten. Irgendetwas stimmte da nicht.
    Das Zimmer war altmodisch eingerichtet, aber außerordentlich sauber. In einer Vase vor einem Heiligenbild standen ein paar Blumen.
    »Nett haben Sie es hier, Mrs. Philps«, meinte ich möglichst harmlos. »Darf ich rauchen?«
    »Aber gewiss. Setzen Sie sich. - Ja, ich habe mir das Häuschen von meiner Entschädigung als Kriegerwitwe gekauft. Lieber wäre mir, mein Mann lebte noch.« Sie warf einen Blick hinüber an die Wand wo das Bild eines schnauzbärtigen Mannes in der Uniform des Sergeanten hing.
    »Er fiel im Pazific«, sagte sie leise. »Jonny war damals noch zu jung, Gott sei Dank.«
    »Heute aber kann er doch bestimmt für Sie sorgen.«
    »Er könnte und er tat es eine Zeitlang, als er noch bei Mr. Masters war. Dann musste er dort aufhören. Wissen Sie, warum?«
    »Ja, ich weiß, und was macht er jetzt?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen.« Sie hob die mageren Schultern. »Ich glaube nicht, dass er arbeitet, aber er hat immer Geld. Er kommt und geht, wie es ihm passt. Seine Post lässt er beim Postamt abliefem. Ich sehe nichts davon. Er ist merkwürdig geworden, der Junge.« Sie seufzte. »Wollen Sie mir nicht sagen, warum Sie ihn sprechen wollen?«
    Sie stand auf, und ich hatte den Eindruck, dass sie durcheinander war. Sie öffnete das altmodische Vertiko und nahm eine Flasche billigen Gins und zwei Gläser heraus.
    »Darf ich Ihnen einschenken?«
    Ich nickte. Ich wollte ihr keinen Korb geben, und dieses billige Gesöff war anscheinend das Mittel, mit dem sie sich aufrecht erhielt. Ich hatte die letzte Frage nicht beantwortet, aber sie schien diese auch schon vergessen zu haben.
    »Sie sehen aus wie ein anständiger Mensch«, meinte sie und musterte mich erneut. »Ich habe niemanden, dem ich mich anvertrauen könnte, ich will auch nicht, dass Jonny in Schwierigkeiten kommt.« Wir tranken beide, und sie schenkte von neuem ein.
    »Wenn er nichts Schlimmes getan hat, so wird er auch keine Unannehmlichkeiten haben«, sagte ich und bemühte mich, einen gleichgültigen Ton anzuschlagen.
    Hastig trank sie auch das zweite Glas aus. Auf ihren Wangen erschienen runde, rote Flecken.
    »Ich habe Angst um Jonny. Sie sehen nicht aus wie ein Polizist. Sie ziehen sich auch nicht so an.« Und dann brach es plötzlich aus ihr hervor. »Ich weiß nicht, warum Sie kommen. Seit der Geschichte von damals ist Jonny anders geworden. Er gehört einfach nicht mehr zu mir. Ich fürchte, er hat etwas ausgefressen. Ich habe den Eindruck, dass er sich versteckt, und ich weiß nicht, vor wem.«
    »Hat er irgendwelche Freunde?«
    »Keine, die ich kenne. Er ist gestern Morgen einmal wieder weggegangen und bis jetzt nicht nach Hause gekommen. Er hat auch nichts mitgenommen. Plötzlich wird er dann wieder da sein, und wenn ich ihn frage, wo er war, lacht er und gibt mir fünf Dollar. Manchmal bringt er mir auch eine Flasche mit.«
    »Hat er auch kein Mädchen?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Das ist eigenartig. Finden Sie nicht auch?«
    »Ja, vieles ist eigenartig.«, dann sah sie mich plötzlich voll an. In ihren Augen blinkten Tränen.
    »Machen Sie sich nicht so viel Sorgen, Mrs. Philps«, versuchte ich sie zu beruhigen. »Es wird sich schon alles wieder einrenken. Gelegentlich setze ich mich nochmals mit Ihnen in Verbindung.«
    »Soll ich Jonny etwas ausrichten?«
    »Nicht nötig. So wichtig ist es nicht.«
    »Sehen Sie hier.« Sie öffnete eine Tür. »Das ist sein Zimmer. Ich habe es ihm so nett wie möglich gemacht, und er benutzt es kaum. Hier sind seine Bilder von der Zeit an, als er geboren wurde bis jetzt.« Sie drückte mir ein Päckchen Fotos in die Hand, das ich durchsah.
    Das erste zeigte ein abschreckend hässliches, mageres Kind, das auf einem Eisbärenfell lag, und das letzte einen schlacksigen jungen Mann.

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