0112 - Acht Minuten nach Mitternacht
Während ich großes Interesse heuchelte, wartete ich, bis Mrs. Philps sich einen Augenblick abwandte, um die Tischdecke geradezuziehen, und ließ das Bild in der-Tasche verschwinden. Dann verabschiedete ich mich.
Soweit Phils Bericht. Er hatte es fertiggebracht, die Auskünfte zu bekommen, ohne sich zu erkennen zu geben. Das hatte natürlich einen Vorteil, aber auch den Nachteil, dass er Jonnys Mutter nicht hatte bitten können, anzurufen, falls ihr Sohn wieder auftauchte. Ich rief die Polizei in Jersey an und sprach mit Detective-Sergeant Polkin, der mir versprach, man werde das Haus im Auge behalten und uns benachrichtigen, falls der Junge sich sehen ließe. Vorsichtshalber gab ich dann Jonnys Bild und Beschreibung an die Vermisstenzentrale der City Police. Selbstverständlich hatte ich vorher ein paar Kopien davon machen lassen.
Ich rief Evelyn Masters an und fragte sie, ob sie Lust habe, am Abend mit mir essen zu gehen.
»Mit-Vergnügen«, antwortete sie. »Ich langweile mich zu Tode.« Und dann fragte sie, »hängt diese Einladung vielleicht mit Vater zusammen?«
»Es könnte sein. Ich erkläre Ihnen das noch, wenn ich sie abhole.«
»Und ich dachte schon, Sie hätten nur Mitleid mit einem einsamen Mädchen.«
Leider konnte ich es nicht riskieren, auch Phil mitzunehmen, so gern ich das getan hätte, aber wenn wir plötzlich zu zweit angekommen wären, So hätte das komisch aussehen können.
Ich fuhr nach Hause, zog mich um und war pünktlich kurz vor acht im Claridge. Zuerst zeigte ich Evelyn Jonnys Bild.
»Ja, das ist er«, sagte sie. »Haben Sie ihn schon gefunden?«
Ich erzählte ihr, was Phil ermittelt hatte und dass ich hoffte, der Junge werde am nächsten Tag wieder erscheinen. Ich war so gut wie sicher, dass er nicht nur etwas wusste, sondern auch kein reines Gewissen hatte. Seine Mutter sagte, es sähe so aus, als ob er sich verstecke. Er arbeitete nicht und verfüge immer über reichlich Geld. Das konnte auch andere Gründe haben, es gab genügend Banden von Einbrechern in seinem Alter, die davon lebten, dass sie Automaten plünderten und was dergleichen Scherze mehr sind.
ROMA ist ein exquisites Restaurant an der 7th Avenue im Village, das für seine italienischen Gerichte berühmt ist.
Sam Willets winkte schon von weitem. Er schien bester Laune zu sein, was ich verstehen konnte, denn das Mädel, von dem er gesagt hatte, dass es eine Freundin sei, musste durch ihre bloße Anwesenheit jeden Mann in gute Laune versetzen. Ihr Haar war braun mit einem leichten, rötlichen Schimmer, die Augen tief schwarz, und der rote Mund sah aus als ob seine Farbe nicht von Helena Rubinstein, sondern von ihrer Mutter stammte.
Das Mädchen hieß Gaby Morton. Ich nannte Evelyns Vornamen, und da mir gerade nichts anderes einfiel, sagte ich Brown. Die beiden Mädchen schienen Gefallen aneinander zu finden und vertiefen sich sofort in die Speisekarte. Willets bestellte Drinks, und es vergingen keine zehn Minuten, bis wir uns alle mit Vornamen anredeten.
Gaby was alles andere als dumm. Man hörte ihr an, dass sie eine gute Schulbildung genossen hatte, sicher eine bessere als Sam Willets, der diesen Mangel allerdings durch persönlichen Charme ausglich. Wir aßen eine Pasta - mit viel Tomaten, Käse und Fleisch. Dazu Salat, und ich muss sagen, dass mir das Zeug ganz gut schmeckte. Wir tranken Espresso mit Brandy und blieben dabei. Langsam steuerte ich das Gespräch dahin, wo ich es haben wollte, nämlich auf Öl und auf Geschäfte. Ich tat so, als sei ich daran interessiert, verstünde aber nichts davon.
Sam Willets spielte den überlegenen, wozu er ja auch berechtigt war.
»Das Geld liegt auf der Straße, mein lieber Jerry«, meinte er lachend, »man muss es nur verstehen, es aufzuheben.« Und dann entwickelte er freimütig den Trick mit der noch nicht existierenden Ölquelle, für die er Interessenten durch das bewusste Inserat gesucht hatte.
»Sie werden es nicht glauben, wenn ich ihnen erzähle, dass sich innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden schon dreihundert Leute gemeldet haben, die fürchten, keinen Anteil mehr zu bekommen. Es werden sich bestimmt nicht eintausend, sondern doppelt soviel Reflektanten an mich wenden, und wahrscheinlich werde ich nicht nein sagen.«
»Und was wird, wenn einer Auskunft darüber verlangt, wie es mit den Bohrungen steht?«
»Ich bin doch nicht dumm. Wenn ich 50 000 Dollar glatten Profit habe, so kann ich25 000 Dollar riskieren, um vielleicht wirklich ein
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