0112 - Der Mann mit den zwei Gesichtern
solch einer Bedrohung geworden. Die Doppelfunktion seines Gehirnes, wodurch er in der Lage war, Rhodans Gehirnwellenmuster zu aktivieren, sobald er Telepath oder Orter-Mutanten in der Nähe wußte, identifizierte ihn immer wieder als den echten Rhodan.
Diese Tatsache ließ einfach nicht zu, daß auch nur der leiseste Verdacht aufkam, er könnte Thomas Cardif sein.
Die Gefahr, entdeckt zu werden lag auf ganz anderen Gebieten.
Er, der den größten Teil von Rhodans Wissen mit übernommen hatte, besaß nicht das volle Ausmaß jener Intuition, die seinen Vater immer wieder aus der Masse herausragen ließ.
Professor Kalup war als erster argwöhnisch geworden, als er sich mit Cardif-Rhodan über Entwicklungsarbeiten am Lineartriebwerk unterhielt.
„Sir", hatte Kalup ihn fassungslos unterbrochen, „wie kommen Sie denn zu dieser Ansicht?"
Es war Cardif-Rhodan nichts anderes übriggeblieben, als sich mit der Entschuldigung aus der Affäre zu ziehen, daß er noch immer unter der Thrnasson-Schockbehandlung zu leiden hätte.
Der Begriff Thrnasson-Schock geisterte von da an durch Terrania. Der vermeintliche Rhodan ließ sich immer weniger bei Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern sehen. Seit der Rückkehr vom Planeten Okul war es nicht mehr vorgekommen, daß eine zündende Idee von ihm ausgegangen war, die ein stagnierendes Projekt vorwärtsgetrieben hatte.
Immer wieder hieß es: „Der Thrnasson-Schock hat dem Chef das Fingerspitzengefühl für technische Probleme genommen!"
Cardif hatte es verstanden, selbst daraus Kapital zu schlagen.
Kaltschnäuzig hatte er sich den Ärzten gestellt, auf das Gespräch mit Professor Kalup hingewiesen und sein Versagen in den Vordergrund geschoben.
„Ist es möglich, daß ich durch den Thrnasson-Schock einen Teil meiner geistigen Fähigkeiten verloren habe?"
Darauf konnten die Ärzte weder mit ja noch mit nein antworten.
Innerlich zutiefst befriedigt, hatte Cardif-Rhodan sie wieder verlassen. Gefahren aus dieser Richtung begegnete er von jenem Zeitpunkt an mit dem Hinweis, noch unter der Schocktherapie zu leiden.
Der Öffentlichkeit gegenüber hatte er sich nicht verändert. Cardif war seinem Vater Rhodan zu ähnlich, nicht nur äußerlich, sondern auch in vielen geistigen Dingen. Dazu kam ihm das übernommene Wissen zustatten, und mit Hilfe seiner Veranlagungen verstand er es, es derart geschickt zu benutzen, daß er manchmal seinen engsten Freunden als Perry Rhodan in seiner besten Zeit erschien.
Aber wenn er allein war - und von Woche zu Woche kapselte er sich mehr ab dann überkam ihn wie ein Gespenst die Erkenntnis, nur eine Marionette der Antis zu sein. Sie hielten ihn in der Hand.
Wenn er nicht nach ihrer Flöte tanzte, würden sie ihm die Daumenschrauben anlegen.
Selbst in den Nächten fand er kaum noch Schlaf.
Verzweifelt suchte er nach einem Ausweg, von den Dienern des Baalol-Kults unabhängig zu werden. Je länger er Rhodans Rolle spielte, um so mehr wurde er vom Machtrausch erfaßt, und der ursprüngliche Haß auf den Vater trat durch dieses neue Machtgefühl immer mehr in den Hintergrund.
Doch auch diese Gefahr hatte er erkannt. Wie ein Süchtiger kämpfte er gegen den Machtrausch an. Er durfte sich nicht davon beherrschen lassen, denn eins war ihm von der ersten Minute an klar gewesen, daß er stets nur als Thomas Cardif handeln konnte, nie aber als Perry Rhodan.
Die Übertragung auf Okul war nur zum Teil gelungen. Er schrieb es der begrenzten Zeitspanne zu. Er ahnte nicht, daß die Ursache in ihm selbst lag. Das Ich in Thomas Cardif war einfach nicht dazu in der Lage, sich in dieser zwingenden Situation unterzuordnen! Er hörte das Klopfen. „Ja!" rief er erschreckt. Aus tiefstem Grübeln war er in die Wirklichkeit zurückgerufen worden. Als er zur Tür blickte, hatte er sich schon gefaßt.
„Mercant, Sie?" fragte er, als er Allan D. Mercant eintreten sah.
„Ich kann mich nicht erinnern, eine Besprechung auf dem Terminkalender vermerkt zu haben!"
Früher hatte Perry Rhodan hin und wieder auch so scharf gesprochen, aber immer nur, wenn es berechtigt war. Seit der Rückkehr von Okul herrschte fast nur noch dieser Ton.
Der Solarmarschall ließ sich nicht abschrecken. Wie üblich, nahm er links von Rhodans Schreibtisch Platz.
„Sir", begann er und legte den Expertenbericht vor sich hin, „ich habe bei Mister Bull dieses Gutachten vorgefunden. Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß der Personalbestand der Solaren Abwehr um ein Vielfaches
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