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0118 - Der Drachengott von Bali

0118 - Der Drachengott von Bali

Titel: 0118 - Der Drachengott von Bali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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bis der glückliche Vater den mißratenen Sohn in die gerade laufenden Geschäfte eingeweiht hatte, und Lun LinYang war erstaunt über das Fachwissen, das Kien mit einem Male an den Tag legte. Hie und da eingeworfene Zwischenfragen mußten Lun LinYang vermuten lassen, daß sein Sohn die Zeiten in den Hörsälen der vielen Universitäten keineswegs verschlafen hatte.
    »Darf ich mich jetzt zurückziehen, Vater?« fragte Kien LinYang devot. »Ich möchte in meinem Arbeitszimmer alles noch einmal überdenken. Und gib mir doch bitte gleich die Akten über die Harbor Developing Corporation mit. Ich sehe da vielleicht eine Chance, schnell einen guten Schnitt zu machen.«
    Kien LinYang machte den »guten Schnitt« mit einigen Telefonaten und einer gefälschten Unterschrift seines Vaters innerhalb einer halben Stunde. Er hatte dem LinYangschen Vermögen das von Amir Hamzahs Vater hinzugefügt. Amir Hamzah war ruiniert.
    ***
    Zamorra nutzte den Nachmittag, um die letzten Vorbereitungen für den Beginn der Expedition zu treffen. Dank der Vermittlung des freundlichen Bibliothekars hatte er schon vor zwei Tagen einen Dolmetscher engagiert.
    Siri war ein halber Noabibe, und er bestellte in einem Dorf nahe bei Denpassar ein paar Reisfelder. Bei ihrem ersten Zusammentreffen hatte er felsenfest behauptet, die versteckt lebenden Bergstämme auch heute noch finden zu können.
    Zamorra ließ sich von einer Taxe hinaus nach Punuka fahren, wo Siri ein kleines Gehöft besaß. Er war zum Hindu-Glauben übergetreten und lebte dementsprechend.
    Der Parapsychologe ließ den Taxifahrer warten.
    »Es dauert nicht lange«, sagte er.
    Dann stand er vor Siris Anwesen.
    Wie die anderen auch war es von einer hohen, aus hellem Lehm errichteten und mit Reisstroh abgedeckten Mauer umgeben. Zamorra passierte den von kleinen Geisterschreinen flankierten Eingang. Hinter diesem Durchgang war eine weitere breite und hohe Mauer mit magischen Symbolen bemalt, die ein Eindringen böser Dämonen verhindern sollten, denn ein Balinese vermutet sie überall. Stets konnten sie wie ein Unwetter über einen Menschen hereinbrechen. Doch gegen Unwetter gab es Schirme. Gegen Dämonen Zaubersprüche.
    Zamorra entdeckte den kleinen Familientempel mit den Schreinen für die vergöttlichten Ahnen der Familie. Daneben standen das Wohn- und das Schlafhaus, die Hütten für die Kinder und für die Webstühle. Zur Rückseite hin schloß sich die »lumbung«, die Reisscheune, an.
    Webstühle klapperten, und ein paar Hunde bellten.
    Da kam Siri aus dem Wohnhaus.
    Er war ein kleiner, drahtiger Mann, dem man es ansah, daß nicht nur das Blut der Küstenbewohner in seinen Adern floß. Seine in steinzeitlichen Verhältnissen aufgewachsene Mütter hatte ihm noch ein paar Narben in Stirn und Wangen geritzt, aber sie waren nicht so sehr sichtbar, weil sie später nie erneuert worden waren.
    Siri ging Zamorra unverbindlich lächelnd entgegen. Er sprach ein paar Brocken Niederländisch, und so konnten sich die beiden ungleichen Männer verstehen. Zamorra überragte ihn um zwei Köpfe.
    »Bist du bereit?« fragte Zamorra. »Morgen früh um acht?«
    »Ja, Herr.«
    »Und du hast auch Träger gefunden?«
    Siri behielt sein freundliches Lächeln bei und sagte: »Nein.«
    Zamorra zog die Stirn kraus. »Aber es war doch abgemacht, daß…«
    »Sie wollen nicht in die Berge. Es ist Reisernte. Vielleicht hätte man in Denpasar suchen sollen.«
    »Das fällt dir reichlich spät ein.«
    Siri zuckte mit den Achseln.
    »Das ist nicht schlimm. In den Bergen wächst kein Reis mehr. Dort gibt es auch viele Männer. Sie werden gute Träger sein.«
    Zamorra traute diesem Versprechen nicht so recht. Viele Männer gab es dort mit Sicherheit; wie überall auf Bali, wo jeder Quadratzentimeter fruchtbaren Bodens genutzt wurde. Aber man konnte die Balinesen beim besten Willen nicht als überaus arbeitseifrig bezeichnen. Feste zu feiern lag ihnen eher. Zamorra hatte nachgelesen, daß ihr Kalender 200 Festtage im Jahr verzeichnete. Bevor die Holländer kamen, hatten sie wirklich im Paradies gelebt.
    Doch anders als andere Völker ließen sie sich von den Leistungen der sogenannten Zivilisation nicht sonderlich beeindrucken. Sie lächelten und vertrauten blind ihren Gottheiten.
    Der Tod barg für sie keine Schrecken. Auch er war ein Fest. Die Seele wurde befreit und ging ein in ein Paradies, das auch kaum schöner sein konnte als Bali.
    Der unverbrüchliche Glauben an dieses Jenseits machte die Insulaner auch so

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