Der Tag, als das Ufo-Pony in unseren Garten krachte
Kapitel 1
… in dem Kathi ganz schön nass wird, das vermutlich aufregendste Gewitter ihres Lebens erlebt und ein Blitz in den Springbrunnen einschlägt – und das ist erst der Anfang.
Am Himmel zogen dunkle Wolken auf. Kathi trat schneller in die Pedale. „Mist, Mist, Mist“, murmelte sie und duckte sich tiefer über den Lenker ihres pinkfarbenen Fahrrades. Eigentlich mochte sie die Farbe Pink gar nicht mehr. Darum war das alte Rad von oben bis unten mit Pferdeaufklebern zugepappt. Es hatte außerdem auch nur einen Gang und quietschte beim Bremsen und manchmal sogar einfach nur so. Alle anderen Mädchen in der vierten Klasse hatten Fahrräder mit mindestens drei Gängen. Mindestens drei! Die brauchten sich am Berg nicht so abzustrampeln, dachte Kathi sehnsüchtig.
Ein dicker Regentropfen landete auf ihrem linken Unterarm. Sie hatte nur ein T-Shirt unter die Reitweste gezogen, weil das mit Jacke drunter einfach doof aussah. Egal, was ihre Mutter meinte. Ein quietschfreies Fahrrad mit Gangschaltung wäre jetzt genau richtig, um trocken nach Hause zu kommen. Aber das hatte sie nun mal nicht. Sie wollte aber auch kein Rad zu Weihnachten, und das Geburtstagsgeld von Onkel Klaus legte sie dafür erst recht nicht an. Sie sparte auf etwas anderes als einen neuen ollen Drahtesel. Etwas viel, viel Besseres. Aber das ging niemanden etwas an.
In der Ferne donnerte es. Kathi sah rasch nach oben und runzelte die Stirn. Der Himmel über ihr war inzwischen fast schwarz. Kathi strampelte so schnell sie konnte. Bis zu Hause waren es noch zwei Kilometer. Warum mussten sie auch so weit von der Reitschule weg wohnen! Geli und Luise wohnten gleich um die Ecke. Die hatten zwar nichts für Pferde übrig, aber wenn sie reiten wollen würden , dann hätten sie es überhaupt nicht weit. Die könnten sogar zu Fuß gehen und würden nicht nass werden.
Jetzt krachte es direkt über ihr. Vor Schreck riss Kathi den Lenker zur Seite, und das Fahrrad geriet ordentlich ins Schlenkern. Kathi kämpfte eine ganze Weile, bis sie das Gleichgewicht wiedererlangte. Der nächste Tropfen landete auf ihrer rechten Hand. Dann fiel einer aufs T-Shirt und noch einer und ein weiterer auf den Arm, und dann ging’ s richtig los. Es pladderte, als ob jemand im Himmel eine Dusche voll aufgedreht hätte. Kathi hatte die Augen zusammengekniffen, aber durch die Augenschlitze erkannte sie die Bushaltestelle und bremste scharf. Quietschend kam sie zum Stehen. Sie sprang ab und beeilte sich, unter das Holzdach zu kommen, bevor sie komplett durchgeweicht war. Doch das war eigentlich schon zu spät. Jetzt quietschten auch noch ihre schwarzen Gummistiefel.
„Na! Dein Fahrrad ist ja lauter als das Gewitter“, sagte eine alte Frau mit einer Art Gefrierbeutel mit Schnüren dran auf dem Kopf. Sie schien auf den Bus zu warten. Mit ihrem Gehstock klopfte sie gegen die Speichen von Kathis Vorderrad und schnarrte weiter: „Das muss mal geölt werden. Aber eure Generation passt auf ihre Sachen eben nicht mehr auf. Da wird immer gleich alles weggeworfen und neu gekauft. Stimmt’s?“
„Nein“, widersprach Kathi und hoffte, dass der Regen bald nachließ – oder dass der Bus käme. Je nachdem, was schneller ging. Die Alte schüttelte den Kopf. „Zu meiner Zeit hätte man sich nicht getraut, einer älteren Dame zu widersprechen.“
Der Bus kam schon mal nicht. Kathi lehnte sich über ihr Rad und blickte in den Himmel. Der war immer noch tiefschwarz und offensichtlich gegen sie. Kathi schielte hinüber zu der alten Frau, die immer noch kampflustig zu ihr herübersah und auf Antwort zu warten schien.
„Auch egal“, murmelte Kathi. Sie schüttelte sich, weil ihr das Wasser in den Nacken gelaufen war und stieg wieder auf.
„Tschüs!“, sagte sie laut.
„Kein Benehmen haben die jungen Leute!“, hörte sie die alte Frau hinter sich her schimpfen, als sie im strömenden Regen weiterfuhr.
Kathi war triefnass, und auch wenn der Regen nicht besonders kalt war, begann sie allmählich zu frieren. Endlich erreichte sie die Einfahrt zu dem kleinen Reihenhaus, in dem sie mit ihren Eltern und ihrem Bruder wohnte. Mats war zwei Jahre älter und bisher einen Kopf größer als Kathi, aber wenn er weiter so schnell wachsen sollte, würde sich der Größenabstand bald verdoppeln.
Der Kies knirschte unter Kathis Füßen, als sie das Rad in den kleinen Schuppen hinter dem Carport schob. Missmutig betrachtete sie einen der Pferdeaufkleber auf dem Rahmen. Dort hatte sich der
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