0118 - Der Teufel kam aus Frisco
Neville verabschiedete sich, und danach kam die Schwester mit dem Abendessen. Ich fing an, mich gräßlich zu langweilen. Ich glaube, ich bin noch nie so früh eingeschlafen wie an diesem Tag.
***
Am frühen Morgen wurde ich wach. Ich wußte zuerst nicht wodurch, aber 6s waren die üblichen Krankenhausgeräusche, das leise Klappen von Türen, die huschenden Schritte der Schwestern auf dem Gang — sonst nichts.
Ach so, dachte ich. Ich bin ja Bill Logan, den sie zusammengeschossen haben und der jetzt im Lincoln Hospital liegt. So langsam fand ich mich in die Rolle hinein, ich sei wirklich Billy Logan, und ich ■ überlegte mir, was dieser wohl unter den gleichen Umständen tun .würde. Ich hätte ihn ja fragen können. Er lag,' nur durch eine Mauer getrennt, nebenan im Zimmer. Doch ich schloß die Augen und schlief nochmals ein.
Um acht Uhr weckte mich die Schwester und brachte mir das Frühstück, und um neun kam Doc Ferry.
»Ich muß doch sehen, wie es meinem Patienten geht«, erklärte er. »Gut geschlafen?«
»Viel zu gut, aber was macht mein Doppelgänger?«
»Ich denke, wir haben ihn über den Berg. Der Kerl hat eine Bärennatur und wird sich bestimmt schnell erholen.«
»Bitte, sorgen Sie dafür, daß das nicht schneller geschieht, als es mir in den Kram paßt. Ich möchte noch einiges erledigen, bevor er entlassen wird.«
»Unten vqr der Tür steht schon wieder ein ganzer Haufen Reporter«, erzählte der Arzt, »alle wollen sie Bill Logan interviewen und wollen nicht glauben, daß das nicht möglich ist.«
»Soll ich Ihnen dabei helfen?« fragte ich. Es war mir ein guter Gedanke gekommen. »Wer sind die Burschen?«
»Quinn vom ›Herald‹, Everson vom ›Courant‹, Alphons vom ›News‹, Elvis von ›Hells Bell‹…«
»Stopp. Der paßt mir gerade. Sorgen Sie dafür, daß er nicht angehalten wird, wenn er versucht, sich hereinzudrücken, aber nur er und kein anderer.«
»Ich verstehe nicht recht«, meinte Doc Ferry.
»Ich um so besser. Ich werde den Burschen so empfangen, daß weder er selbst noch seine Kollegen einen zweiten Versuch machen. Am besten legen Sie gleich Verbandszeug zurecht.«
»Jetzt verstehe ich«, erwiderte der Doktor lachend. »Ich werde sehen, was ich tun kann.«
Dieser Elvis war ein übler Bursche, und ›Hells Bell‹ ein Revolverblatt. Mr. Bill Logan war dafür bekannt, daß er arrogant und brutal sein konnte. Es war auch klar, daß er wenig für Publicity übrig hatte. Darauf baute ich meinen Plan. Ich legte mir alles zurecht, was ich brauchte, und wartete. Eine halbe Stunde passierte gar nichts. Dann hörte ich vorsichtige Schritte vor meiner Tür, und langsam, ganz langsam bewegte sich die Klinke. Ein gelbes Gesicht mit langer Nase und einer großen Brille lugte durch den Spalt.
»Mr. Logan?« fragte der Mund mit den großen, gelben Zähnen.
»Ja, was gibt’s?« sagte ich und versuchte meiner Stimme einen leidenden Ausdruck zu geben.
Die Tür öffnete sich etwas weiter. Ein kleiner, schmaler Mann quetschte sich durch und sagte:
»Ich bin Elvis von ›Hells Bell‹. Ich möchte Sie interviewen. Es wird eine Bombenreklame für Sie, Mr. Logan.«
»Geh dorthin, wo dein Blatt hingehört, nämlich in die Hölle«, zischte ich, immer noch, ohne mich zu bewegen. »Mach, daß du ’rauskommst!«
»Aber Mr. Logan!« plädierte er. »Nur ein paar Worte…«
Jetzt war es soweit. Ich griff nach einem Gefäß und schleuderte es in hohem Bogen dahin, wo Mr. Elvis stand. Einen Augenblick stand er wie versteinert da, im nächsten Moment war nichts mehr von ihm zu sehen. Als nach wenigen Minuten Dr. Ferry eintrat, wollte er sich vor Lachen ausschütten.
»Der Kerl ist davongerannt, als sei ihm der Böse auf den Fersen«, sagte er. »Jetzt steht er unten und hält Reden. Er meint, er könne sich glücklich schätzen, mit dem Leben davongekommen zu sein.« Dann warf er einen Blick auf die Splitter. »Den zertrümmerten Gegenstand werden wir Ihnen auf die Rechnung setzen müssen.«
»Macht nichts«, erwiderte ich.
Am Abend kam Phil, um mir zu erzählen, daß die ganze Stadt darüber sprach, daß man Bill Logan beim Eintreffen auf dem Flugplatz außer Gefecht gesetzt hatte. Mr. High hatte eine Pressekonferenz abgehalten, und danach waren die Reporter genauso klug gewesen wie vorher. Mr. High konnte eine halbe Stunde lang reden und scheinbar wichtige Auskünfte geben. Wenn die Leute von den Zeitungen sich dann aber hinterher überlegten, was sie tatsächlich erfahren hatten,
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