0125 - Wir stutzten ihm die Krallen
es glaubt, ist schließlich selber dran schuld. Anlass zum Eingreifen kann für die Polizei erst dann bestehen, wenn mit unechten Rembrandtskizzen betrügerische Manöver ausgeführt werden sollen.«
»Das scheint mir allerdings der Fall zu sein.«
Mr. High sah mich aufmerksam an: »Und warum, Jerry?«
»Wir haben den Mann, der die Skizzen bei Johnny bestellte, von einem gegenüberliegenden Friseurgeschäft aus erwartet. Wir wollten ihn verfolgen, um herauszufinden, mit wem er sich trifft, wo er wohnt und so weiter. Gegebenenfalls konnte ja eine Betrüger-Bande im Spiel sein.«
»Diese Möglichkeit besteht«, meinte der Chef.
»Der Kerl bekam heraus, dass wir ihn verfolgten, und er war in solchen Sachen nicht unerfahren, denn er floh in ein Warenhaus.«
»Wo man unerwünschte Verfolger immer am leichtesten abschütteln kann«, sagte Mr. High. »Und das ist ihm gelungen, wie…?«
»No. Er schoss wie eine Rakete im Warenhaus herum, aber wir konnten ihm einigermaßen auf den Fersen bleiben. Die Verwicklung besteht nur in folgenden Dingen: Vom Erdgeschoss aus zielte er mit einer Pistole auf mich, während ich auf dem Geländer einer Rolltreppe hinabrutschte. Ich ließ mich hinter das massive Geländer in Deckung fallen, und der Schuss schlug in die Holzvertäfelung neben der Rolltreppe., Inzwischen haben wir die Kanone dieses Mannes sicherstellen können, und der Witz an der Sache ist, dass aus dieser Waffe nicht geschossen worden sein kann. Meinung unseres Experten.«
»Ach!«, staunte Mr. High. »Sie sahen, dass er zielte, ließen sich in Deckung fallen, der Schuss kam auch tatsächlich, aber er kann nicht aus der Pistole gekommen sein, aus der auf Sie gezielt wurde?«
»Genauso ist es«, sagte ich.
»Das ist in der Tat sehr eigenartig. Man müsste ja annehmen, dass dieser Mann im Warenhaus Komplizen hatte, die für ihn schossen, um ihm seine Flucht zu sichern.«
»Ja, Chef«, stimmte ich zu. »Das müsste man annehmen. Aber es gibt noch mehr Verwicklungen in dieser ganzen Geschichte. Dem von uns verfolgten Mann gelang es, ungefähr mit dreißig Yards Vorsprung das Warenhaus wieder zu verlassen. Wir hörten einen zweiten Schuss fallen, als wir noch im Warenhaus waren, er aber schon draußen war. Als wir die Tür erreicht hatten, lag er auf dem Bürgersteig: tot, Schuss in den Kopf. Der Doc ist zur Stunde im Schauhaus damit beschäftigt, die Kugel zu entfernen.«
Mr. High sah uns ernst an.
»Vom Täter keine Spur?«
»No, Chef, nicht die Geringste. Es war der dickste Betrieb auf der Straße. Es kann aus jedem vorbeifahrenden Wagen geschossen worden sein, ohne dass es jemand sehen konnte. In dem Augenblick, in dem der Schuss krachte, kann der Schütze bereits seine Waffe auf den Boden des Fahrzeugs fallen lassen, wenn er ein bisschen schnell ist. Wer will dann bei unserem Betrieb und unserem Lärm auf den Straßen noch sagen können: Das Geräusch kam genau aus dieser oder aus jener Richtung?«
»Ja, ja, ich verstehe schon«, sagte Mr. High. »Was kann das nur bedeuten?«
»Man kann verschiedene Theorien aufstellen, Chef«, warf Phil ein. »Diejenige, die ich für am zutreffendsten halte, ist so: Wir verfolgten diesen Mann, merkten aber nicht, dass Komplizen von ihm ihrerseits uns folgten. Im Warenhaus griff man ein, indem man auf Jerry zufällig im gleichen Augenblick schoss, als unser Mann auch auf Jerry zielte. Dadurch merkte unser Mann, dass Komplizen zu seiner Hilfe vorhanden waren, und floh, ohne selbst zu schießen. Auf der Straße wurde er bereits erwartet. Wir hatten immerhin sein Gesicht gesehen, wir kannten ihn nun, und wir würden ihn suchen, auch wenn er uns diesmal entkommen konnte. Damit war er eine Gefahr für die Bande. Er musste weg, damit der Faden abgeschnitten wurde, der von uns über ihn zu der Bande lief.«
Ich staunte.
»Nicht schlecht, Phil. Warum hast du mir davon noch nichts gesagt? Ich finde diese Theorie gar nicht so übel.«
»Ich auch nicht«, lächelte Phil. »Aber sie ist mir selbst gerade erst eingefallen. Ich finde aber, sie erklärt vieles.«
»Und wenn Ihre Theorie stimmt, Phil, dann ist auch gleichzeitig erwiesen, dass es sich nicht um eine harmlose Angeberei handeln kann, sondern nur um ein ganz dickes Geschäft, das mit den Fälschungen betrieben werden soll.«
»Ich denke«, sagte ich langsam, »wir sollten an das Letztere glauben. Denn wir haben inzwischen die Leiche des von uns verfolgten Mannes identifiziert, Chef. Er heißt Charles Brockson. In Chicago
Weitere Kostenlose Bücher