0125 - Wir stutzten ihm die Krallen
Seite der Mann stürzte, als ihn die Kugel traf. Darüber wollen wir gar nicht erst Spekulationen anstellen, die sich doch nur in unbeweisbaren Vermutungen erschöpfen werden. Wir brauchen nur die Fingerabdrücke des Toten und die Kugel, die jetzt irgendwo in seinem Gehirn sitzt.«
»Gut, ich fahre um sieben rüber zum Schauhaus und erledige das noch heute Abend für euch. Einverstanden?«
»Sehr. Vielen Dank, Doc.«
Ich legte den Hörer auf. Wir fuhren mit dem Lift hinauf in unser Office und kippten den Inhalt des Ledersäckchens auf meinen vorher abgeräumten Schreibtisch. Ich diktierte, Phil schrieb alles in die übliche Liste, die jedes Mal vom Tascheninventar angefertigt wird.
»Ein Schlüsselbund mit vier großen, zwei kleinen Schlüsseln. Lederne ›Chicago‹. Ein Ronson-Feuerzeug ohne Monogramm. Ein zerknülltes Taschentuch, ein sauberes Taschentuch. Ein Safety. Sechs Dollar fünfundzwanzig in Münzen. Zwei abgerissene Kinokarten, Loge, Central-Theater, 21ste Straße. Ein halb volles Röhrchen Kopfschmerztabletten. Eine Packung Camel-Zigaretten mit sechzehn Stück. Eine zweite, ungeöffnete Packung. Einen Nylonkamm, eine Fingernagelschere in kleinem Etui mit Feile und Spiegel. Einen Führerschein auf den Namen Charles Brockson in durchsichtiger Hülle. Eine Brieftasche mit diversen Papieren.«
Phil sah von seiner Liste auf. »Das wär’s?«
Ich nickte und hielt dabei eine Smith & Wesson hoch.
»Bis auf diese Kanone. Schreib auf: Smith & Wesson, Modell 38 Special. Mit geladenem Magazin. Wo er das Ding nur herhat? Einen Waffenschein habe ich bis jetzt noch nicht entdeckt. Und die Seriennummer ist auch herausgefeilt. Sehr verdächtige Behandlung einer Schusswaffe.«
»Hat er nicht einmal auf dich geschossen?«
»Richtig«, rief ich aus. »Die Kugel schlug ein Stück über mir in die Vertäfelung auf der Wandseite der Rolltreppe. Eigenartig. Das Magazin ist vollgeladen und der Lauf riecht kein . bisschen nach Pulver.«
»Zum Nachladen hatte er bestimmt keine Zeit. Außerdem müsste der Lauf noch nach Pulver riechen, wenn vor knapp einer Stunde daraus geschossen worden wäre.«
Ich griff zum Telefonhörer.
»Das werden wir gleich haben. -Wer ist an der Strippe? Ballistische Abteilung? Klar, die habe ich ja auch gewählt. Aber wer spricht? - Ach so, du bist es, Stew. Komm doch mal einen Augenblick rauf in mein Office. - Du wolltest gerade Feierabend machen? Keine Angst, es wird nicht lange dauern.«
Stew war einer unserer Experten der Schusswaffenabteilung. Er konnte am bloßen Knall schon die unmöglichsten Schusswaffen auseinanderhalten und meistens sogar auch schon den Typ am Geräusch erkennen. Als er unser Zimmer betrat, tippte er nur schweigend an seine Hutkrempe und steuerte sofort auf die Kanone los.
»Das ist sie? Wann soll daraus geschossen worden sein?«
»Vor etwa einer Stunde.«
»Hatte der Mann Zeit, die Waffe in der Zwischenzeit zu reinigen?«
»No. Völlig ausgeschlossen. Keine zwei Minuten nach dem Schuss wurde er selbst umgebracht. Wir haben die Kanone nur noch dem Toten abnehmen können.«
Stew beschäftigte sich noch ein paar Sekunden mit der Kanone, dann schüttelte er entschieden den Kopf.
»No. Aus dieser Waffe ist kein Schuss abgefeuert worden innerhalb der letzten vier bis fünf Stunden. Man müsste es noch riechen, wenn man in solchen Dingen eine geschulte Nase hat.«
»Ganz sicher?«, erkundigte sich Phil.
»Ganz sicher. Jeden verlangten Eid schwöre ich darauf. Davon verstehe ich was und weiß, was möglich und was nicht möglich ist.«
»Gut, danke, Stew. Das war alles für heute.«
Ich griff wieder zum Telefon und ließ mir unseren Einsatzleiter geben.
»Hier ist Cotton«, sagte ich. »Vor ungefähr einer Stunde wurde auf mich geschossen. In dem Warenhaus in der 23. Straße. Die Kugel schlug in die Holzvertäfelung rechts von der Rolltreppe, die hinauf ins erste Geschoss führt. Ist im Augenblick jemand frei, der sich darum bemühen könnte, ob die Kugel dort aufzutreiben ist?«
»Sicher. Ich schicke sofort jemand hin.«
»Danke.«
Ich legte den Hörer wieder auf.
»Es sieht ganz so aus, als wären ein paar ganz andere Leute hinter uns her, Phil. Ich sah zwar, dass der Kerl auf mich anlegte, und ließ mich deshalb über das Geländer der Rolltreppe fallen, um in Deckung zu sein. Aber wenn Stew sagt, dass aus der Waffe nicht geschossen worden ist, dann stimmt das. Stew ist Experte in solchen Sachen und kann sich kaum irren.«
»Damit hätten wir es auf
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