0126 - Satans Razzia
Teufelsfete waren im Gange. In Feuerschalen wurden gelbe Flammen entzündet. Hoher Besuch wurde erwartet. Als ich im Schein des flackernden Feuers das erste Skelett erblickte, wollte ich fliehen, doch Boris packte meinen Arm und hielt mich zurück…«
»Wie viele Skelette befanden sich in der schwarzen Abtei?« fragte ich.
Eddie Morton nahm einen tiefen Zug von der Zigarette. »Vier – oder fünf. So genau weiß ich es nicht. Und der Satansgeneral war auch da. Er war in Uniform. Mit scharfer Stimme kommandierte er seine Gehilfen herum. Er hatte wie sie einen Totenkopf auf den Schultern. Grauenvoll, sag’ ich Ihnen.«
»Traf der hohe Besuch ein?«
»Wir brauchten nicht lange zu warten«, sagte Morton gepreßt.
»Ko van Hoek ließ die Feuerschalen auf eine bestimmte Weise aufstellen. Die Anordnung ergab ein Hexenmal, in dessen Mitte gleich darauf die Luft zu flimmern begann. Und Geräusche begleiteten diesen Vorgang, die so starke Schmerzen in unseren Ohren hervorriefen, daß wir sie uns zuhalten mußten, was jedoch kaum Linderung brachte. Und dann… Die Luft verdichtete sich, wurde zu einem Körper. Wir sahen ein Mädchen. Ein schöneres als dieses habe ich im Leben noch nicht gesehen, Mr. Sinclair.«
Mir schwante etwas!
Hoher Besuch in der schwarzen Abtei. Ein Mädchen. Bildschön.
Dazu fiel mir nur ein einziger Name ein.
Doch ich sprach ihn noch nicht aus. »Können Sie das Mädchen beschreiben?« fragte ich und merkte, daß meine Stimme belegt war.
»Wie sah es aus?«
»Eine Traumfrau. Eine Superbiene. Das Nonplusultra der Schöpfung«, sagte Eddie Morton. »Gertenschlank, aber nicht mager. Groß, mit einer Fülle langen feuerroten Haares. Nur eines störte…«
»Die zwei Hörner, die aus ihrer Stirn wuchsen.«
Morton blickte mich verblüfft an. »Ja. Woher wissen Sie…?«
»Ich kenne sie«, sagte ich hart, und meine Augen verengten sich.
»Ihr Name ist Asmodina, und sie ist die Tochter des Teufels!«
***
Mir kam es gallenbitter hoch.
Der Name Asmodina wurde allmählich zum Reizwort für mich.
Unermüdlich zog sie ihre Fäden und machte mir das Leben schwer.
Sie war mächtig, und das Repertoire ihrer gemeinen Tricks war schier unerschöpflich.
Sie agierte entweder selbst oder leitete grauenvolle Ereignisse aus dem Hintergrund. Sie war rühriger, als es der Schwarze Tod jemals gewesen war, und es hatte bereits einige Male nicht viel gefehlt, dann wäre es Asmodina gelungen, mich für immer auszuschalten.
Sie hatte sich also eine neue Teufelei einfallen lassen, war in Hastings aufgetaucht, um den Satansgeneral zu aktivieren.
»Weshalb besuchte Asmodina den General in der schwarzen Abtei?« fragte ich.
Eddie Morton drückte die Zigarette in einen Aschenbecher und ließ den Rauch durch die Nasenlöcher sickern.
»Sie sagte, die Hölle wolle Seelen haben. Ko van Hoek solle sie beschaffen. Er würde dafür reich belohnt werden. Der Satansgeneral erwiderte, daß es ihm eine große Ehre sei, Asmodina diesen Dienst erweisen zu dürfen. Die Teufelin sagte ihm, er habe völlig freie Hand. Nur das Ergebnis zähle. Dann nahm sie an einer widerwärtigen Feier teil, in deren Verlauf schwarzes Dämonenblut getrunken wurde. Danach verschwand Asmodina wieder. Boris meinte, wir hätten genug gesehen. Wir wollten uns zurückziehen. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie froh ich darüber war, Mr. Sinclair. Aber Ko van Hoeks Rekruten entdeckten uns und griffen an. Ich ergriff die Flucht. Boris nicht. Mit erhobener Axt blieb er stehen. Die Skelette ließen ihm keine Chance. Ich hörte ihn schreien, war aber nicht fähig, umzukehren. Ich lief, lief und lief. In Hastings stürzte ich wie von Sinnen in die Polizeistation. Man wollte mir nicht glauben, aber ich ließ nicht locker. Vier Beamte fuhren mit mir zur schwarzen Abtei. Es hatte den Anschein, als hätte ich gelogen. Es gab nicht den geringsten Beweis für meine Geschichte…«
»Und Boris Binns?« fragte ich.
»Verschwunden«, sagte Eddie Morton leise. »Ich sah ihn nicht mehr wieder, kehrte nach London zurück und versuchte, die Greuel zu vergessen. Aber da war eine Stimme in mir, die mir andauernd zuraunte, daß die Rekruten des Satansgenerals auch mich holen würden. Als ich dann in jenem finsteren Durchlaß das Klappern von Knochen vernahm, wußte ich, was das zu bedeuten hatte…«
»Vielleicht sollten Sie nicht hier bleiben, Mr. Morton«, sagte ich.
Er blickte mich verzweifelt an. »Wohin soll ich denn? Bin ich irgendwo vor diesen Knochenschergen
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