0129 - Die Vampir-Lady
Nicoles süßer Stupsnase. »Psst!« flüsterte er. »Entschuldige bitte, Chérie, aber dieser Geheimdienstler hatte mir so die Laune verdorben…«
Nicole schmiegte sich enger an ihn. Er spürte ihre warme Haut und küßte sie erneut. Sie schlang die Arme wieder um ihn. »Laß ihn noch ein bißchen warten, ja?« hauchte sie.
Doch Zamorra schob sie sanft von sich. »Das würde doch etwas zu lange dauern, glaube ich«, schmunzelte er und erhob sich. Nicole öffnete die Augen. Sie waren dunkelbraun und mit winzigen, goldenen Sprenkeln übersät, die sich je nach Erregungszustand vergrößerten oder verkleinerten. Augen, die Zamorra immer wieder in ihren Bann schlugen und die allein es wert waren, dieses Mädchen zu lieben.
Doch der Professor blieb hart gegen sich selbst. Nicole räkelte sich ausgiebig und erhob sich dann ebenfalls. Ihre Blicke kreuzten sich, dann grinsten sie sich wie auf Kommando an.
»Bon…« murmelte Zamorra. Zusammen verschwanden sie in dem luxuriös eingerichteten Badezimmer.
Nach einer langen halben Stunde endlich traten sie in die große Empfangshalle. In einem der Schalensitze saß ein graugekleideter Mann unbestimmbaren Alters und schwang jetzt mit dem Drehsessel herum, als er die gedämpften Schritte auf der Treppe vernahm. Raffa el stand stocksteif unter dem großen Kronleuchter.
»Guten Morgen, mon Professeur, Mademoiselle…«
Andersrum, dachte Zamorra. Der Geheimdienstler schien Raffael gehörig durcheinandergebracht zu haben, daß er Nicole an zweiter Stelle begrüßte.
Am Fuß der Treppe blieb Zamorra stehen. Er erwiderte den Gruß. Während Nicole neben ihm verharrte, musterte er den Graugekleideten, der nicht im Traum daran zu denken schien, sich zu erheben.
Flegel, dachte der Professor und wandte sich kommentarlos wieder ab. Da schnellte sich der andere doch aus dem Sessel hoch. »Sie sind Zamorra?«
Der Meister des Übersinnlichen blieb erneut stehen. Er sah den Agenten nicht an, aber seinen Diener, und sagte halblaut: »Raffael, bitte wünschen Sie dem Herrn in meinem Auftrag einen recht guten Morgen, bitten Sie ihn, sich vorzustellen, und informieren Sie ihn darüber, daß ich mit ›Monsieur‹ oder ›Professor‹ anzusprechen bin. Schließlich wird er von meinen Steuergeldern bezahlt.«
Eiskalt hatte seine Stimme geklungen. Seine Laune befand sich wieder auf dem Gefrierpunkt. Normalerweise hielt er nicht allzuviel von Konventionen und verzichtete auf förmliche Anreden und Titel, aber diesem unhöflichen Burschen, der es nicht einmal beim Erscheinen einer Dame fertiggebracht hatte, sich zu erheben, wollte er Manieren beibringen.
»Mein Name ist Gaston Verdier«, erklärte der Geheimdienstbeamte, ehe Raffael den Mund öffnen konnte. »Einen guten Morgen, Professor Zamorra.«
»Das klingt schon besser«, knurrte der Professor. »Wenn Sie noch die Güte hätten, Mademoiselle Duval ebenfalls zu begrüßen…«
Er ersparte dem Mann nichts. Nicole nahm den Handkuß frostig entgegen. Zamorra wartete, bis sie saß, nahm dann ebenfalls Platz und wies auf einen weiteren freien Sessel, in dem sich der Agent jetzt niederließ.
»Hat Ihre Angelegenheit Zeit, bis wir gefrühstückt haben?« fragte Zamorra. Er bot den krassen Gegensatz des vertrockneten Akademikers. Sein markantes Gesicht mit den grauen Augen drückte Ablehnung aus. Jetzt, im Sessel, kam seine kraftvolle, durchtrainierte Gestalt nicht so richtig zur Geltung, die er in enge Jeans und ein geblümtes Hemd gezwängt hatte. Seine neununddreißig Jahre sah man ihm nicht an, ebensowenig, daß er sich mit der immer noch nicht in vollem Maße anerkannten Wissenschaft der Parapsychologie befaßte. Zu viele Menschen gab es noch, die diesen Zweig mitleidig belächelten und alles Übersinnliche entrüstet von sich wiesen.
Nicole, derzeit mit rötlichblond schimmerndem Haar, das ihr bis auf die Schultern fiel, trug einen leichten, ihren Körper locker umspielenden Hausanzug und schlug jetzt die langen Beine übereinander.
»Eigentlich bin ich etwas in Eile«, gestand der Agent.
»Ihre Legitimation?« fragte Zamorra kalt.
Der Agent griff in eine Jackettasche, zog seinen Dienstausweis hervor und reichte ihn dem Professor. Aufmerksam studierte Zamorra das Dokument, prüfte Stempel und Unterschriften. Dann klappte er den Ausweis wieder zu und warf ihn dem Agenten zu.
»Was wollen Sie? Ich bin ebenfalls in Eile. Erstens verspüre ich gräßlichen Hunger, weil Sie mich nicht erst frühstücken lassen wollen, und zum anderen
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