013 - Das Milliarden-Heer
Zahl!«
Matt nickte. Natürlich hatte Staan Recht. Es wäre Wahnsinn, diese »Festung«, die die Insektoiden um den alten Dom errichtet hatten, blindlings zu stürmen. Sie würden diesen Kreaturen zum Opfer fallen, noch bevor sie auch nur in die Nähe des Ortes kamen, wo sie ihre Opfer »lagerten«. Es sei denn…
Matt schaute sich um. Der Abwassertunnel, in dem sie sich aufhielten, wurde von ein paar Fackeln in schwaches Licht getaucht, das nicht weiter reichte als ein paar Meter. Trotzdem waren zu beiden Seiten Abzweigungen aus diesem Tunnel zu erkennen. Und diese anderen Stollen verzweigten sich weiter und immer weiter. Das Labyrinth zog sich zweifelsohne unter der gesamten Stadt dahin. Die Frage war nur…
»Gibt es Tunnel, die bis unter die Festung führen?«
»Niemand ist sie je gegangen«, behauptete Staan. »Warum sollte sich jemand freiwillig auch nur in die Nähe dieses schrecklichen Ortes wagen?«
»Das stimmt nicht. Ich war schon dort.«
Die Stimme war von leisem, aber festen Ton. Solde hatte bislang so wenig gesprochen, dass Matt eine Sekunde brauchte, um zu realisieren, dass Staans Frau das Wort ergriffen hatte.
»Du warst…?«, keuchte der Alte. In seinem Tonfall mischten sich Erschrecken und Empörung. Solde trat aus dem Halbdunkel am Rande der Insel aus Fackelschein hervor. Jetzt, da sie im Licht stand, konnte Matt sehen, dass die Frau etwas hielt, das sie mit beiden Armen vor ihre magere Brust presste.
Sie nickte. »Ja, ich bin den Weg durch die Tunnel gegangen bis unter den Aarachnodom. Damals, als diese Ungeheuer unseren Sohn geholt hatten. Du hast geschlafen, Staan, aber ich wollte Ranold finden. Natürlich, das war eine unsinnige Idee, und es gelang mir auch nicht, sie zu verwirklichen. Aber immerhin weiß ich jetzt, dass es Gänge gibt, die bis unter den Aarachnodom führen.«
Matt hatte eine unbestimmte Ahnung, dass es da noch etwas gab, das Solde nicht aussprach. Er vermutete, dass sie den Weg, von dem sie sprach, in selbstmörderischer Absicht gegangen war. Aus irgendeinem Grund aber war es ihr offensichtlich nicht gelungen, ihr Leben einfach wegzuwerfen. Vielleicht hatte ihr doch das letzte und entscheidende Quäntchen Entschlossenheit gefehlt; von »Mut« wollte Matt in diesem Zusammenhang nicht einmal in Gedanken sprechen.
»Das heißt also, es gibt mehrere Tunnel, die unter diesem Aarachnodom verlaufen?«, wandte er sich an Solde. Solde nickte abermals. »Ja. Und es gibt auch mehr als einen Ausstieg. Nur weiß ich nicht, wohin genau sie führen.«
Matt überlegte einen Moment lang, dann sagte er: »Es wäre gut zu wissen, wo in ihrer Festung diese Biester ihre Gefangenen fest halten, damit wir den kürzesten Weg dorthin nehmen könnten, um unser Risiko möglichst gering zu halten.« Er seufzte und grinste schief. »Aber es wird ja wohl kaum einen Plan dieses Aarachnodoms oder etwas in der Art geben.«
»Vielleicht doch.«
Matt wandte sich nach Aruula um. Sie stand neben Ch'zzarak, und das Hybridwesen sah die Barbarin mit schräg gehaltenem Kopf an, als erwarte es eine Antwort auf eine stumm gestellte Frage. Doch Aruula sprach zunächst zu Matt.
»Mir fiel schon bei unserer Ankunft in der Stadt etwas auf, erinnerst du dich? Es war, als würde ich ein Flüstern hören, das in der Luft lag. Bei unserem Kampf vorhin hatte ich diesen Eindruck wieder. Ich konnte nicht wirkliche Worte verstehen. Es handelt sich eher um bildhafte Eindrücke, die zwischen diesen Wesen hin und her wechseln. Als…«, sie suchte einen Moment lang nach einer Erklärung für etwas, das sie sich selbst kaum erklären konnte, »…als würden diese Kreaturen jeden ihrer Gedanken teilen, verstehst du?«
Matt nickte zögerlich. Er glaubte einen Begriff für das zu kennen, was Aruula zu beschreiben versuchte: kollektives Bewusstsein.
Konnte es sein, dass die insektoiden Herrscher dieser Stadt eine Art gedankliche Vernetzung entwickelt hatten?
Es gab wohl kaum einen Grund, daran zu zweifeln - zumal Ch'zzarak Aruulas Ausführungen bestätigte. Das Wesen nickte; des relativ starren Halses wegen bewegte sich dabei sein ganzer Oberkörper auf und nieder, als würde es sich verbeugen.
»Na schön«, meinte Matt, »nehmen wir an, dem ist so. Welchen Nutzen bringt uns das?«
Aruula lächelte und legte Ch'zzarak die Hand auf die Schulter. »Unser Freund«, erwiderte sie, »glaubt sich in diese Gedanken einhaken zu können. Und dabei teilt er jeden seiner Gedanken mit mir.«
Matt verstand. Was nicht bedeutete,
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