0131 - Druiden-Rache
daß Youenn noch nicht wieder unter magischem Einfluß stand. Demzufolge mußte es eine Art unterbewußte Erinnerung sein.
Youenn entgegnete nichts. Mit einer Kopfbewegung deutete er zur Tür. Zamorra setzte sich in Bewegung. Er verließ den unterirdisch eingerichteten Raum, in dem man die Leiche Ley Cairfaiths untergebracht hatte. Der Mann war mit einem großen Messer, vielleicht einer Sichel, ermordet worden. Eine Sichel… waren Sicheln nicht immer in Verbindung mit Druiden gebracht worden?
Sie stiegen die Treppe hinauf. Nicole wartete oben in Begleitung eines anderen Polizisten. Youenn sah den Mann fragend an.
»Der Wagen steht bereit. Wir können fahren.«
»Lassen Sie jemanden zu diesem Gyulan Darryl fahren. Er soll ein Protokoll aufnehmen und mit diesem Schrieb anschließend zu Portridge fahren und noch einmal nachhaken, was los war. Vielleicht überlegt der Wirt es sich noch einmal anders.«
Youenns Blick wanderte von Nicole zu Zamorra. »Kommen Sie bitte mit mir, wir machen eine Tatortbesichtigung. Davonlaufen werden Sie mir ja wohl nicht, zudem hätte es keinen Sinn. Wir hätten Sie schneller wieder festgenommen, als Ihnen lieb sein kann. Wales mag in vieler Hinsicht ein idyllisches Ländchen sein, aber in solchen Dingen sind wir unglaublich schnell.«
Zamorra lachte bitter. »Ich wäre dumm, davonzulaufen. Dann hätte ich nicht extra Kerr vom Yard bemühen müssen.«
»Sie halten Zamorra immer noch für den Täter?« fragte Nicole.
Youenn nickte nur und öffnete eine Tür im Fond des bereitstehenden Wagens. »Bitte einsteigen. Daß Sie Ausländer sind, vereinfacht die Sache natürlich nicht gerade.«
Zamorra stieg von der anderen Seite ein und ließ es still geschehen, daß sich Nicole an ihn lehnte. Seine Hand glitt durch ihr weiches Haar. »Warum durfte ich nicht gestern abend schon mit dem Konsulat und mit Scotland Yard sprechen?« fragte er.
Youenns Kopf flog herum. »Was murmeln Sie da?«
Zamorra wiederholte die Frage.
Der Inspektor hob überrascht die Brauen. »Sie wollten gestern abend telefonieren? Das ist mir neu!«
Zamorra dachte sich seinen Teil. Er konnte sich deutlich daran erinnern, daß der Polizeichef von Pwllheli ihm die Telefonate verweigert hatte. Und jetzt wußte er von nichts!
Demzufolge hatte Youenn tatsächlich unter dämonischem Einfluß gestanden, der bei seinem Nachlassen einen Teil der Erinnerung verändert hatte. Zamorras Gedanken kreisten wieder einmal um die Druiden.
Was ging hier vor? Wo war er hineingerutscht? Aus seinem Interesse an dem cymrischen Druidenkult schien ein echter Fall zu werden. Seine neugierigen Fragen schienen die Druiden gestört zu haben, und sie versuchten jetzt, ihn auszuschalten. Vielleicht wußten sie sogar schon, wer er war…
Youenn saß auf dem Beifahrersitz des Avenger. Am Lenkrad saß Martynn Ewans, der Police-Sergeant, der auf das Amulett Zamorras so intensiv reagiert hatte. Vor dem Einsteigen hatte er dem Professor noch einen haßerfüllten Blick zugeworfen. Es bestand kein Zweifel, Martynn Ewans befand sich voll unter dem Einfluß des Bösen, auch jetzt noch. Und vielleicht nicht einmal ganz unfreiwillig, überlegte Zamorra.
Der graue Avenger, unauffällig zivil gehalten, kurvte durch die schmalen Straßen Pwllhelis und verließ den kleinen Ort nach kurzer Zeit. Ewans nahm Kurs auf den Strand. Während der Fahrt sprach niemand ein Wort, es schien keinen Gesprächsstoff zu geben. Zamorra war dies nicht einmal unlieb, erhielt er doch so Gelegenheit, die Ereignisse ungestört zu reflektieren.
Schließlich rollte der Polizeiwagen in Grau von der Straße hinab in den einigermaßen festen Sand des Strandes. Die Räder griffen erstaunlich gut. Zamorra runzelte die Brauen. Er wunderte sich etwas, daß Ewans mit dem Fahren keine Probleme hatte, immerhin war der Wagen kein Geländefahrzeug. Auch Youenn schien es merkwürdig zu finden, denn er sah einige Male nach hinten, um die Spur des Wagens im Sand zu finden. Sie war nicht so tief eingegraben, wie es eigentlich hätte sein müssen, dem Gewicht des Fahrzeugs entsprechend.
Zamorra griff nach seinem Amulett. Es vibrierte nahezu unmerklich.
Schließlich stoppte der Wagen neben einem rostbraunen Fleck im Sand. Es war windstill, und die Blutlache war noch nicht vom Flugsand überdeckt worden. An dieser Stelle war der Mord geschehen.
Youenn und Ewans stiegen aus. »Kommen Sie bitte«, verlangte der Inspektor, »wir sind da.«
Zamorra drückte Nicoles Hand. »Ganz ruhig«, murmelte er.
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