0131 - Druiden-Rache
zweiten Versuch, das heiße Getränk zu sich zu nehmen, fest. »Der richtige Wachmacher.«
Er hatte die Tasse zum ersten Mal abgesetzt, als das Telefon schrillte. Das Geräusch ließ ihn zusammenzucken. »Und das ist der richtige Nervtöter«, stellte er mit verzerrtem Gesicht fest, hob Gerät mit Hörer an und drehte an der Unterseite die Stellschraube, um das Klingelgeräusch zu dämpfen. »Wenn das nicht der Super ist…« Er stellte das Telefon wieder auf die Schreibtischplatte und hob ab. »Hmmm…«
»Ein Anruf für Sie aus Pwllheli, Sir. Moment, ich stelle durch«, flötete die Telefonistin in der Zentrale von New Scotland Yard.
»Pwllheli, das klingt nach alter Heimat«, murmelte der frischgebackene und verkaterte Inspektor. Es klickte in der Leitung. »Kerr, Good morning, und womit kann ich dienen«, murmelte er in die Muschel.
»Hallo, Mister Kerr!« klang eine Stimme aus dem Hörer, die er kannte, im Moment aber nicht unterbringen konnte. »Hier ist Professor Zamorra.«
»Ach du lieber Himmel«, murmelte Kerr. »Sie sind in Dings, äh, in Pwllheli? Tatsächlich hingefahren? Und, was ist dran an den alten Druidengeschichten?«
Er entsann sich, daß Zamorra ihn vor ein paar Tagen in seiner Wohnung heimgesucht hatte. Sie kannten sich von früher. Zamorra, der eine London-Tour machte, hatte die Gelegenheit nicht ausgelassen, seinen alten Bekannten zu besuchen. Kerr war Waliser, und über kurz oder lang war das Gespräch auf walisische Druiden gekommen. Beiläufig hatte Kerr erwähnt, in Pwllheli sei noch ein Druidenzirkel aktiv, und Zamorra hatte angedeutet, sich damit wissenschaftlich auseinandersetzen zu wollen.
Jetzt hörte Kerr zu, was Zamorra erzählte. Seine Augen wurden immer größer. Zwischendurch nippte er an dem Kaffee, während er Babs' schlanke Beine betrachtete, die die Sekretärin in aufregender Weise übereinandergeschlagen hatte.
»Ach du meine Güte…« murmelte er schließlich. »Ich glaube, ich werde mich in die Sache einschalten, Professor. Immerhin ein Mordfall, und Sie sind Ausländer. All right, dabei hatte ich so gehofft, daß mich heute nichts mehr aus meinem Büro bringen würde…«
»Ich kann mich darauf verlassen, Mister Kerr?«
»Sie können«, brummte Kerr. »Schließlich sind Sie kein Mördertyp. Weiß der Himmel, was da los ist. Gut, ich werde sehen, daß ich komme. Ich melde mich auf jeden Fall wieder. Wo sind Sie? Bei der Polizei von Pwllheli? In Ordnung. So long, Professor!«
Er legte auf und leerte die Kaffeetasse endgültig. »Au Backe«, murmelte er. »Hoffentlich gibt mir der Super jetzt grünes Licht für die Dienstfahrt und schickt keinen anderen dahin.«
Babs hatte das Gespräch mitgehört und die Worte Zamorra und Druidenkult gehört.
»Oberinspektor Sinclair scheidet auf jeden Fall aus. Der ist irgendwo im Ausland auf einen Fall angesetzt.«
»Na, dann bleibt dem Alten ja kaum eine andere Möglichkeit…« Und Kerr, der Verkaterte, griff wieder zum Telefon, um über die Hausanlage den Superintendenten von dem neuen Fall in Kenntnis zu setzen.
Eine Stunde später rollte er in einem Dienstwagen los. Bis nach Pwllheli hatte er etwa dreihundertachtzig Kilometer zu fahren. Das war eine schöne, lange Dienstreise.
Er kurbelte die Seitenscheibe des Wagens herunter. Vielleicht würde der Fahrtwind mithelfen, seinen Kater auszutreiben. Schade, daß Babs nicht mitkam, überlegte er. Sie hätte sich auf dem Beifahrersitz recht dekorativ ausgemacht und der langen Fahrt wenigstens eine etwas angenehmere Note gegeben.
***
»Den Mann habe ich nie in meinem Leben gesehen!« Professor Zamorra schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Wie heißt er? Ley Cairfaith? Auch den Namen habe ich nie gehört!«
Er fühlte die brennenden Blicke Inspektor Youenns auf sich gerichtet. Dem Polizisten entging kein Muskelzucken im Gesicht des Parapsychologen. Youenn hielt Zamorra immer noch für mordverdächtig.
Der untersetzte Beamte, der im Leichenschauhaus tätig war, sah die beiden Männer fragend an. »Genug?«
»Genug«, bestätigte der Inspektor knapp. Der Totenwächter schob die Lade mit dem Ermordeten in die Wand zurück. »Wir werden uns den Tatort noch einmal gemeinsam ansehen, Zamorra. Sie haben sich erstaunlich gut in der Gewalt.«
»Ich bin ja auch kein Mörder - aber auch kein Druide!« versetzte Zamorra schnell und fixierte seinerseits den Inspektor.
Ihm entging das schwache Zusammenzucken des Mannes nicht. Sein Griff zum Amulett verriet ihm im gleichen Moment,
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