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0137 - Luzifers Ende

0137 - Luzifers Ende

Titel: 0137 - Luzifers Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»Ist ja fantastisch…«
    Nicole strahlte. »Dann können wir ja tanzen«, erklärte sie. »Diese Discotheken-Welle hängt mir ohnehin schon zum Hals 'raus…«
    »Nicht nur dir«, schmunzelte Zamorra. »Den jungen Bretonen ebenfalls, sonst hätten die Fest-Noz in den letzten Jahren nicht so unerhörten Zulauf gefunden. Überhaupt sind hier Tradition der Tänze und Gesänge viel stärker erhalten als in anderen Landstrichen.«
    Bill nickte langsam und sah in die untergehende Sonne. »Ein seltsames Land«, sagte er. »Aber es gefällt mir. Es hat einen eigenartigen Zauber. Ich bin jetzt zwar erst zwei Tage hier, aber… ich fühle mich fast wie zuhause…«
    »Du, als hektischer Amerikaner?« fragte Zamorra überrascht.
    »Auch Hektiker brauchen Ruhepunkte…«
    Ihr Kaffee kam. Nicole, modebewußt wie immer, sah den Wirt besorgt an. »Was zieht man denn bei so einer Veranstaltung an?«
    Monsieur Le Breuic lächelte. »Eine Tracht werden Sie wohl kaum besitzen, Mademoiselle, aber das ist auch nicht weiter schlimm. Kommen Sie so, wie Sie sind. Wir sehen das nicht so eng. Sie brauchen keine besondere Festkleidung.«
    Er entfernte sich still wieder, und drei Menschen genossen ihren Kaffee in Erwartung eines unvergeßlichen Abends.
    Sie ahnten nicht, wie unvergeßlich er ihnen bleiben würde…
    ***
    Der Alte spürte, daß er dem Tod wieder um einen Tag näher gerückt war. Er war alt, uralt. Schwarze Magie hatte sein Leben verlängert, doch jetzt ging es nicht mehr. Er hatte einen Fehler begangen, und man hatte ihm damit bestraft, daß man ihm die Unsterblichkeit nahm.
    Er war kein Mensch. Zumindest kein Reinrassiger. Wohl besaß er annähernd das Aussehen eines Menschen, doch konnte er sich nie ohne ein gewisses Maß an Tarnung unter die Sterblichen mischen. Er wäre aufgefallen.
    Seit langer Zeit lebte er unter ihnen, Sohn einer Menschenfrau und eines Faun. Damals, vor Jahrtausenden, hatte er sich dem Bösen verschrieben und ihm treu gedient. Nie war seine Tarnung durchschaut worden. Er lebte unter denen, die er verachtete und als Opfer benutzte, wie einer der ihren. Es gab sogar Menschen, die ihn für seinen Freund hielten. Doch er war es nicht, war es nie gewesen.
    Jetzt verfiel sein Körper, der jahrtausendelang jung geblieben war. Er war verbittert. Sie hatten ihm das genommen, das er oft verfluchte, und doch nichts sehnlicher zu erhalten wünschte - die Fähigkeit des Nicht-sterben-Könnens. Nichts hatte ihn bislang töten können, weder das Alter noch die Gewalt.
    Jetzt starb er. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis es ihn nicht mehr im Universum gab - wenn nicht…
    Es gab eine Möglichkeit, einen Plan. Und er war gewillt, diese Möglichkeit bis zum letzten auszuschöpfen. Wehe dem, der ihn aufhalten wollte. Er besaß einen geradezu fantastischen Lebenswillen. Er wollte nicht sterben. Er wollte weiterleben und seinen bösen Neigungen und Experimenten nachgehen.
    Seine Chance war - das Meer…
    Wieder brach die Dunkelheit herein. Wieder sandte er den Ruf aus. Aus seinem nichtmenschlichen Gehirn jagten die Gedankenstrahlen und tasteten nach etwas Unbegreiflichem, das in den Tiefen des Meeres hauste und sich erneut auf den Weg machte. Wieder würde es etwas stärker sein als zuvor.
    Die untergehende Sonne warf einen langen Schatten über das Land. Den Schatten des Alten, der starb und nicht sterben wollte. Es war ein langsames grausames Sterben.
    Wer den Schatten betrachtete, wäre erschrocken. Denn die Tarnung galt für ihn nicht, wurde vom Licht der sinkenden Sonne zerrissen. Der Schatten zeigte das Unheimliche.
    Aus der Stirn des Alten ragten kleine, gekrümmte Hörner…
    ***
    Schon von weitem klang ihnen die Musik entgegen. Zamorra erkannte die Klänge der Bombarde und des Biniou, dem bretonischen Dudelsack. Die Melodien waren eigenartig klagend, aber dennoch auf unvergleichliche Weise faszinierend. Sie betraten das Haus und erreichten den Festsaal. Auf einer kleinen Bühne standen langgelockte Musiker, und davor tanzte ein buntgemischtes Völklein plin. Nicoles Augen begannen zu leuchten. Sie tanzte gern, und hier bot sich ihr die Gelegenheit, neue Tänze zu erlernen, die in Wirklichkeit gar nicht neu waren, sondern von Generation zu Generation in diesem Land weitergegeben wurden. Alt und Jung gaben sich hier ein Stelldichein.
    Einige Minuten standen die drei am Rand des Geschehens und sahen zu. Schließlich begann Nicole vorsichtig einige Tanzschritte zu üben. Dabeiblieb es nur für ein paar Sekunden.

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