0138 - Der Höllensohn
verrottetes Aas!«
Er hob die Peitsche mit der vier Meter langen Schnur und hieb zu.
Der Riemen pfiff durch die Luft, er hätte Hadda ins Gesicht getroffen. Aber Roger Marais packte blitzschnell zu und fing den Peitschenriemen ab, wenn er ihm auch in die Hand schnitt.
Ein Ruck, und er entriß Abd el Malek die Peitsche. Er sprang auf den Sheik zu, der einen Moment überrascht war. Roger war außer sich, weil der Sheik Hadda derart behandelte. Abd el Malek griff zum Dolch, aber ein Faustschlag Rogers streckte ihn zu Boden.
Die Beduinen legten die Gewehre an und hoben die Säbel und Dolche. Roger Marais wäre nicht der erste gewesen, den die noch immer räuberischen und wilden Tuareg ermordeten und in der Wüste verscharrten, ohne daß eine Spur von ihm blieb.
Hadda schrie auf.
»Nein!« rief Abd el Malek. »Tötet ihn nicht! So ein Ende wäre viel zu leicht und zu schnell für ihn. Packt ihn, schlagt ihn zusammen.«
Elastisch wie eine Raubkatze sprang Abd el Malek auf. Er griff Roger Marais an, und es zeigte sich, daß der blonde Franzose ihn mit dem ersten Faustschlag überrumpelt hatte. Der Sheik war ungeheuer stark und ein gefährlicher Kämpfer.
Er kämpfte nicht allein gegen Roger. Vier, fünf weitere Männer stürzten sich auf den Franzosen. Zwei Beduinen packten Hadda an den Armen, als sie ihrem Geliebten zu Hilfe eilen wollte.
Die andern vier sahen mit unbewegten Gesichtern zu, wie Roger Marais sich verzweifelt wehrte und wie er bezwungen wurde.
Faustschläge und Tritte nagelten auf den Franzosen nieder, bis er bewußtlos liegenblieb.
Hadda schluchzte und verbarg das Gesicht in den Falten der Isâr.
»Du hast Grund zum Weinen, du Tochter eines Schakals«, sagte Abd el Malek und wischte sich ein wenig Blut von den Lippen. »Für dein Verbrechen wirst du dem großen Dschinn geopfert, dem Mächtigen, dessen Namen man nicht aussprechen darf. Dieser Franzosenhund aber soll dein Ende mit ansehen und elend in der glühenden Wüstensonne verschmachten. – Das schwöre ich bei Allah und bei meinem Bart.«
Hadda flehte den Sheik an, sich zu erbarmen und sie wenigstens anzuhören. Aber Abd el Malek wandte sich brüsk ab. Er gab ein Kommando, und zwei Tuareg trugen den bewußtlosen und blutenden Roger Marais ins Lager.
Zwei andere schleppten die sich sträubende Hadda weg, um sie in einer Erdhütte einzusperren. Abd el Malek versetzte der Laute einen Tritt, daß sie gegen den Baumstamm flog und zerbrach.
Dann folgte er seinen Männern.
***
Als Roger aus seiner Ohnmacht erwachte, lag er in einem schäbigen alten Kamelhaarzelt gefesselt auf dem Rücken. Es stank nach dem getrockneten Kameldung, mit dem ein kleines Feuer in der Mitte des Zeltes in Gang gehalten wurde.
Eine blakende Öllampe hing an der Zeltstange. Bei Roger Marais kniete eine häßliche alte Frau. Unzählige Falten und Runzeln zerfurchten ihr braunes Gesicht. Die Stirn war mit Pigmentflecken übersät.
In den dürren, knochigen Händen hielt die Alte einen nassen Lappen, mit dem sie Rogers Gesicht abwusch.
Es war noch Nacht. Roger sprach die Alte auf Französisch an und radebrechte im Tuareg-Dialekt, als er keine Antwort erhielt. Wieder schwieg die Alte. Sie betastete Rogers geprellte Rippen, nickte, stieß einen grunzenden Laut aus und erhob sich.
Nachdem sie ein paar Handvoll Kamelmist auf das schwelende Feuer geworfen hatte, huschte sie hinaus. Lappen und Tongefäß nahm sie mit. Lautlos fiel der Vorhang des Zeltes hinter ihr zu.
Roger Marais blieb allein in dem Zelt zurück, in dem nur einiges altes Gerumpel herumlag. Er versuchte, sich von der Zeltwand wegzuwälzen, mußte aber feststellen, daß er an einem in den Boden eingeschlagenen Holzpflock hing.
Sein Kopf und sein ganzer Körper schmerzten. Der Gestank des Kamelmistfeuers war schier unerträglich. Doch viel mehr als Schmerzen und Gestank setzten Roger Sorge und Angst zu.
Weniger seinetwegen, er war ein Mann und wußte, daß sein Leben einmal enden würde. Aber die Ungewißheit über Haddas Schicksal peinigte ihn. Vier Monate kannten sie sich jetzt. Schon beim ersten Zusammentreffen hatten Roger und Hadda sich stark zueinander hingezogen gefühlt.
Aber damals wechselten sie kein Wort miteinander, als Hadda den Fremden in dem großen Zelt des Sheiks Abd el Malek bediente.
Aber Haddas Augen ließen den blonden Franzosen nicht mehr los, als er mit den bei den Adscher-Tuareg erworbenen Waren nach Casablanca zurückkehrte.
In Casablanca, Tanger und Tetuan gehörten Roger
Weitere Kostenlose Bücher