014 - Der Tod über Paris
schmalen Spalt, den ihr Körper frei ließ, zurück.
Durch einen kreisrunden Ausschnitt sah sie den fahlen Himmel. Ein kreischender Schatten zog darüber seine Bahnen, suchte nach der schon sicher geglaubten Beute. Dann hatte der Avtar das Erdloch entdeckt. Sein gewaltiger Körper senkte sich herab und verfinsterte die Öffnung.
Angstvoll zog Felia die Beine an, so weit es ging, und sprach flüsternde Gebete, während eine gewaltige Klaue über der Öffnung erschien und hinein griff, sie jedoch nicht erreichen konnte. Dann kam der gewaltige Schnabel, bohrte sich tief in den, Gang. Felia schrie, als sie das mörderische Maul des Tieres herankommen sah. Die junge Frau war vor Angst und klaustrophobischer Enge fast besinnungslos.
Endlich sah der Avtar ein, dass er seine Beute nicht erreichen konnte. Mit einem schrillen Schrei erhob er sich in die Lüfte - und war im nächsten Augenblick verschwunden.
Felia wagte kaum zu atmen. Konnte es wirklich sein? War sie den Klauen des Avtar entronnen? Schockiert und erleichtert zugleich schloss die junge Frau die Augen - und verlor vor Erschöpfung das Bewusstsein.
Als sie wieder zu sich kam, vermochte sie unmöglich zu sagen, wie viel Zeit vergangen war. Das Blut pochte in ihrem Schädel. Fahles Sonnenlicht sickerte durch den Nebel und fiel in das Erdloch, schenkte ihr wieder ein wenig Zuversicht.
In der Hoffnung, der Avtar möge nicht mehr da sein, machte sich die junge Frau daran, dem engen Erdloch zu entkommen. Die Füße voran, schob sie sich mühsam empor.
Endlich hatte sie das Ende des Tunnels erreicht. Ohne sehen zu können, was sie oben erwartete, überwand sie den letzten Meter, rollte sich herum - und erstarrte.
Der Avtar war verschwunden. Dafür aber erwarteten sie zehn Männer, welche Kleider aus bunten Stofffetzen trugen. Die meisten von ihnen waren missgestaltet. Sie hatten das Erdloch umstellt und hielten Felia die Spitzen ihrer Speere entgegen.
»Komm mit uns, Mädchen«, forderte eine kehlige Stimme. »Der Avtar wollte dich fressen. Du sollst deinem Schicksal nicht entgehen…«
***
Die Schrift auf dem uralten rostigen Schild war kaum mehr zu lesen.
»Mili…tärisches Sperr… gebiet«, versuchte es Matthew Drax trotzdem.
»Vorsicht, Schusswaffen… gebrauch.«
»Was heißt das?«, erkundigte sich Aruula und betrachtete die Überreste des mannshohen Maschendrahtzauns mit skeptischen Blicken.
»Das heißt, dass hier einst Soldaten waren«, erklärte Matt, »Krieger. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Bunkeranlage oder etwas Ähnliches - wir sollten uns mal umsehen.«
»Wozu?«, fragte Aruula.
»Na ja, vielleicht gibt es dort ein paar Waffen, die wir gebrauchen können. Außerdem würde ich viel für einen fahrbaren Untersatz geben…«
Damit setzte sich Matt in Bewegung, stieg über die Überreste des an vielen Stellen eingebrochenen Zauns hinweg und bewegte sich auf das gedrungene Gebäude zu, das inmitten der kargen Ebene stand.
»Fahrbarer Untersatz?«, fragte Aruula verständnislos. »Was hast du einzuwenden gegen einen Frekkeuscher oder eine Androne?«
»Danke«, knurrte Matt, »von Insekten hab ich erst mal genug…«
Und das war wahrlich nicht übertrieben. Seit ihren Erlebnissen in den Ruinen von »Aarachne« hegte Matt ein tiefes Misstrauen gegen alles, was krabbelte und Facettenaugen besaß - gleich, ob es die Größe eines Lastwagens hatte oder so klein war, dass es bequem unter eine Fliegenklatsche passte. Nur mit viel Glück waren Aruula und er der Insekten-Hölle entkommen, in die Aachen sich verwandelt hatte. Nun waren sie auf dem Weg nach Paris.
Unverhofft hatte Matt eine Spur seines vermissten Staffelkameraden Hank Williams gefunden: Ein Mann, den er in Aachen getroffen hatte, trug dessen Uniform. Angeblich hatte er sie von einem Händler in Paris - und wenn auch nur die geringste Chance bestand, dass Hank dort war, wollte Matt dieser Spur unbedingt nachgehen.
Aruula begleitete ihn wie immer loyal und ohne allzu viele Fragen zu stellen - nur die Abneigung, die Matt neuerdings gegen Insekten hegte, behagte ihr nicht besonders.
Die beiden hatten das Zugangsschott der Bunkeranlage gerade erreicht, als es sich plötzlich wie von selbst öffnete und das weit aufgerissene Maul einer Taratze dahinter erschien. Schleim troff von den gelben Zähnen, die roten Augen leuchteten, während sich das lauernde Tier bereit machte zum Sprung…
Aruula stieß einen gellenden Kampfschrei aus, riss ihr Zweihänderschwert heraus und ließ
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