014 - Der Tod über Paris
Vorhang beiseite gezogen wurde.
Hank und der Parii-Mann zuckten zurück. Sie standen vor einer dicken Glasscheibe - und dahinter war das gewaltige Haupt eines riesigen, mit Schuppen bedeckten Vogels, der sie stechend anblickte…
***
Matt und Aruula eilten durch die Dunkelheit, in ständiger Erwartung, dass sich ihnen eine Horde wilder Freaks in den Weg stellen würde - aber da war niemand. Ungehindert drangen die beiden in die finsteren U-Bahnschächte vor. Die Taschenlampe aus Hanks Notbox leistete ihnen dabei wertvolle Dienste.
Immer tiefer stiegen sie hinab, passierten verlassene U-Bahnhöfe, stiegen über Trümmer und Wracks von Wagen hinweg, die seit Hunderten von Jahren unbewegt auf den Gleisen standen.
Aruula hielt die lange Klinge mit beiden Händen umklammert. Geschmeidig huschte die Kriegerin durch das Halbdunkel, drehte sich immer wieder um ihre Achse, behielt wachsam die Umgegend im Auge.
Matt war nur von dem einen Gedanken erfüllt: Hank zu finden und ihn zu befreien. Er war so glücklich gewesen, seinen alten Freund lebend und gesund aufgespürt zu haben - er würde den Teufel tun, Hank in diesem finsteren Loch versauern zu lassen, und wenn es ihn das Leben kostete. Er konnte nur hoffen, dass er nicht zu spät kam Ein gutes Stück vor ihnen, dort wo sich der Lichtschaft der Lampe in der Dunkelheit verlor, waren hektische Schritte zu hören. Jemand entfernte sich rasch durch die Tunnelröhre, schien vor ihnen zu fliehen. Matt und Aruula tauschten einen verblüfften Blick.
Man schien zu wissen, dass sie hier warenaber wieso griffen die Me'ros sie nicht an…?
***
Der Moment der Erkenntnis war so schrecklich wie ernüchternd.
Hank Williams schloss die Augen, als ihm alles klar wurde. Die Bestie, die hinter dem schmutzigen Glas kauerte, war ein weiterer Avtar, bei weitem nicht so gewaltig wie der, der die Stadt in Angst und Schrecken versetzt hatte, aber immerhin noch groß genug, um mit seinem Schnabel einen ausgewachsenen Mann in zwei Hälften zu zerbeißen. Seine Augen wiesen den gleichen kalten Blick auf wie die des größeren Tieres, seine Klauen waren nicht weniger furchterregend.
Es war ein Jungtier.
Offenbar hatten die Me'ros dem Avtar sein Junges gestohlen, was erklärte, warum der Vogel die Einwohner der Stadt so verbissen attackiert hatte. Das Muttertier hatte sein Junges zurück haben wollen und die Menschen deshalb angegriffen - dabei wohnten die wahren Urheber der Untat tief unter der Erde…
Erschüttert stellte Hank fest, dass sich in all den Jahrhunderten, die seit dem Untergang der alten Welt verstrichen sein mussten, nichts geändert hatte.
Auch nachdem die Katastrophe ihn beinahe vernichtet hatte, war der Mensch noch immer dabei, sich die Natur Untertan zu machen, sie für seine niederen Ziele zu missbrauchen.
Und irgendwann würde sie sich wieder an ihm rächen.
Warum war der Mensch nur so dumm?
Schack, der neben Hank kauerte, verfiel in angstvolles Gemurmel, als er den jungen Avtar gewahrte. Zwar hielt ein armdickes Seil den Vogel in Zaum und schützte die Glasscheibe die Zuschauer vor dem Tier, doch war es beängstigend anzusehen mit seinen glänzenden Schuppen, den mächtigen Schwingen und dem Schnabel, von dem frisches Blut troff.
Entsetzt sah Hank die menschlichen Leiber, die rings um den Avtar am Boden verstreut waren. Die wenigsten von ihnen waren noch am Stück, die meisten entsetzlich zugerichtet. Vorn an der - Scheibe lag ein abgetrennter Kopf, dessen erstarrter Gesichtsausdruck vorwurfsvoll zu blicken schien. Schack brach bei seinem Anblick in Tränen aus - offenbar war der Mann einer seiner Gefährten gewesen…
Plötzlich konnte der Anführer der Parii nicht mehr an sich halten. Mit einem Brüllen schlug er den Speer seines Bewachers beiseite und sprang auf, wollte sich mit bloßen Fäusten auf Domm Peer stürzen - doch er erreichte seinen Erzfeind nie. Denn sein Bewacher reagierte augenblicklich und warf den Speer.
Das Geschoss schnitt durch die Luft - und bohrte sich mit solcher Wucht in den Rücken des Parii, dass er auf seiner Brust wieder austrat. Schack strauchelte, fiel der Länge nach hin. Vergeblich versuchte er sich noch einmal aufzurichten, während sich der Boden um ihn her mit dunklem Blut färbte.
Der Oberste Lord brach zusammen, blieb reglos liegen. Zu den Füßen seines erbarmungslosen Erzfeindes hauchte er sein Leben aus.
Domm Perr lachte dröhnend; an Wahnsinn grenzender Hass blitzte in seinen Augen. Er näselte seinen Schergen
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