Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0144 - Nacht über Manhattan

0144 - Nacht über Manhattan

Titel: 0144 - Nacht über Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
Vom Netzwerk:
hinten auf dem Rücksitz war auch nicht alles in Ordnung, das sah man auf dem ersten Blick.
    Ich hörte, wie er unruhig seine Faust in die andere Handfläche schlug. Mit eintöniger Monotonie kam das klatschende Geräusch wieder, das dabei entstand.
    Als ich anhielt, wollte er schon hinausspringen.
    »Stopp!« rief ich. »Da wäre noch eine Kleinigkeit zu bezahlen!«
    Er zog den Oberkörper wieder zurück.
    »Entschuldigung!« brummte er. »Wieviel macht's?«
    Ich nannte ihm den Fahrpreis, und er kramte aus seiner rechten Hosentasche ein paar Münzen hervor. Er zählte sie mir auf den Cent genau in meine ausgestreckte Hand. Dann knurrte er:
    »Können Sie ein paar Minuten warten?«
    »Höchstens fünf.«
    »Gut. Wenn ich in fünf Minuten noch nicht wieder da bin, dann brausen Sie ohne mich ab. Okay?«
    »Einverstanden.«
    Er stieg aus und lief auf den hellerleuchteten Eingang des Krankenhauses zu. Erst jetzt sah ich, daß er wahrscheinlich vor irgendeiner Nachtschicht kam, denn er trug einen ölverschmierten Overall über dem bunten Baumwollhemd, das am Hals offenstand.
    Ich steckte mir eine Zigarette an und wartete. Es vergingen sieben Minuten, ohne daß er wieder zum Vorschein gekommen wäre. Da startete ich und fuhr zurück, nachdem ich die übliche Meldung meines jetzigen Standortes an die Taxi-Zentrale durchgegeben hatte.
    Ich kam zurück bis zum Union Square, ohne daß sich noch irgend etwas ereignet hätte. Die Überraschung war inzwischen woanders passiert.
    ***
    Am Union Square hat ein Schubgeschäft eingesetzt, als die Kinos in der Umgebung ihre ersten Abendvorstellungen beendet hatten. Innerhalb von knapp zehn Minuten waren sämtliche Wagen unterwegs.
    Als einer der letzten hatte sich Phil zu seinem Fahrzeug begeben, nachdem er in einer Runde ausgelassen worden war. Sein Fahrgast hatte sich auf eine Art gemeldet, die manche junge Burschen so an sich haben: Er war einfach in den Wagen geklettert und hatte auf den Hupring gedrückt.
    »Guten Abend«, sagte Phil, als er in sein Taxi stieg.
    »Guten Abend«, erwiderte sein Fahrgast mürrisch.
    Er hatte sich weit in den Rücksitz zurückgelehnt und hockte völlig regungslos in der Dunkelheit. Phil startete den Wagen und fuhr vom Parkplatz der Taxis herunter.
    »Wo soll's hingehen?« fragte er.
    Die Antwort ließ auf sich warten. Das lange Zögern erweckte den Eindruck, als wisse der Mann selber nicht, wohin er eigentlich wolle. Dadurch wurde Phil erst mißtrauisch gemacht. Er drehte den Rückspiegel ein wenig, weil er seinen Fahrgast sehen wollte, sobald man in den von Reklamelichtern taghell erleuchteten Straßen war.
    »Fahren Sie die Fünfte rauf!« murmelte der Mann auf dem Rücksitz endlich.
    »Okay«, erwiderte Phil. »Sagen Sie mir rechtzeitig Bescheid, wenn ich irgendwo abbiegen muß.«
    »Ja, ja, natürlich!«
    Schweigen kehrte ein. Phil nahm die Richtung auf die Fünfte Avenue, neben dem Broadway sicherlich die berühmteste Straße Manhattans. An der Hausnummer 500, jenem großen Wolkenkratzer, in dem einige ausländische Generalkonsulate ihr Quartier haben, ging es vorbei auf das Rockefeller Centre zu, dieser Stadt inmitten einer Stadt.
    Phil warf ab und zu einen Blick in den Rückspiegel. Sein Fahrgast gab sich Mühe, im Dunkeln zu bleiben, aber bei der Dichte des Gegenverkehrs und den Kaskaden von Reklamelichtern in allen Farben konnte ihm das nicht immer gelingen.
    Der Mann konnte ungefähr fünfundzwanzig Jahre alt sein. Größe und Gewicht waren jetzt nicht abzuschätzen, solange er saß. Aber er hielt seine linke Hand ständig an den Hals gepreßt. Und als er sie einmal für eine Sekunde entfernte, sah Phil den langen, blutroten Streifen an seinem Hals.
    Was hatten die Cops doch gleich gesagt, als sie in der Bude am Union Square aufkreuzten? »… der gesuchte Mann ist wahrscheinlich verwundet. Es ist möglich, daß er blutet.«
    Aufmerksam studierte Phil das Gesicht seines Fahrgastes. Es war ein intelligentes Gesicht, das keine Züge von Brutalität zeigte. Höchstens lag Angst, Gehetztsein, Furcht in diesen Zügen.
    Phil war so mit dem Studium des Gesichtes beschäftigt, daß er keinen Blick, jedenfalls keinen bewußten, auf den Anzeiger für den Benzinvorrat warf. Er hatte auch keine Ursache dazu, denn jeden Abend und jeden Morgen wurden sämtliche Taxis voll aufgetankt, so daß jede Ablösung immer einen vollgetankten Wagen übernahm.
    Eine Weile war sich Phil noch unschlüssig, was er tun sollte, dann griff er doch zum Mikrophon des

Weitere Kostenlose Bücher