0145 - Die fliegenden Särge
was bist du nur für ein Idiot…«
»Sir, ich…«
»Halte jetzt keine Volksreden, sonder höre genau zu. Was ist mit der ersten Ladung?«
Der Vorarbeiter wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Die steht bereit.«
»Im Lagerhaus?«
»Ja, in Ihrem. Da sollten die anderen Särge ja auch hin. Alles war gut vorbereitet.«
»Weiß dieser Sinclair davon?«
Da rutschte Kongar zum erstenmal eine Lüge über die Lippen, denn er verneinte.
Der Vorarbeiter konnte sich sehr gut vorstellen, dass Ladween dem Polizisten etwas erzählt hatte, aber das zuzugeben, hätte unter Umständen Kongars Todesurteil bedeutet. Aus diesem Grunde verneinte er.
»Wenigstens etwas«, sagte Costello, der die Lüge geschluckt hatte und aufatmete.
»Was soll ich tun?«
»Die erste Ladung wird heute noch abgeholt. Du begibst dich in das Lagerhaus und wartest dort auf meine Männer. Ich sage ihnen Bescheid, dass sie dich dort finden können. Wenn die Leute kommen, werden die Särge aufgeladen, und ab geht die Post. Ist das alles in deinen Schädel reingegangen?«
»Ja.«
»Okay, Kongar. Ich bin ein großzügiger Mensch. Einen Fehler hast du gemacht, und den verzeihe ich dir. Einen zweiten nicht mehr. Kommt so etwas noch einmal vor, kriegst du das Bad in der Themse. Und zwar mit Betonschuhen.«
»Verstanden, Chef.«
Costello legte auf. Auch Kongar hängte den Hörer ein. Erst jetzt merkte er, wie sehr er schwitzte. Am gesamten Körper klebte der Schweiß. Seine Knie zitterten ebenso wie die Hände. Dieser Anruf, war für ihn wie ein Gang nach Canossa gewesen, aber er hatte ihn überstanden.
Zum Glück…
Kongar fiel fast aus der Zelle. Als er draußen stand, steckte er sich ein Zigarillo zwischen die Lippen und saugte den Rauch tief ein. Einen Gin hätte er auch gebrauchen können, doch die Flasche war nicht zur Hand.
Nun hatte Kongar sich vorgenommen, alles genau so zu machen, wie ihm der große Boss es gesagt hatte. Sollte ihm dabei jemand in die Quere kommen, würde er ihn ermorden, denn vor dem Mafioso hatte er noch mehr Angst als vor der Polizei. Das sollte schon was heißen.
***
Ich ging zwei Schritte zur Seite und presste mich dicht neben der Tür an die Wand.
Auf diesem Fleck blieb ich erst einmal stehen, denn ich wollte auf keinen Fall in das offene Messer rennen. Ich hatte die Ghouls zwar gehört, aber ich sah sie nicht in diesem verdammten Halbdämmer. Sie konnten sich überall versteckt halten, und deshalb musste ich so vorsichtig sein.
Die Halle war länger als breit. Sechs Oberlichter zählte ich, sah auf der linken Seite die hier lagernde Ladung stehen und wie die großen Paletten an der Wand hochwuchsen.
Gegenüber jedoch entdeckte ich etwas anderes.
Särge!
Schon einmal hatte ich mich in einem Sarglager aufgehalten und war angegriffen worden. Das allerdings lag jetzt bereits über ein Jahr zurück. [2] Und hier erlebte ich einen ähnlichen Fall.
Ich lauschte auf die Geräusche.
Das Schmatzen kam von rechts, wo auch die Särge standen, und es hörte sich seltsam leise an. Etwas dumpf.
Ich ließ mir einige Sekunden Zeit und hatte des Rätsels Lösung. Die Ghouls liefen nicht frei herum, sondern steckten in den Särgen. Deshalb war ihr widerliches Schmatzen nicht so deutlich zu vernehmen.
Ein Vorteil für mich, denn wenn die Ghouls in den Totenkisten lagen, konnten sie mir im Augenblick nicht gefährlich werden. Es sei denn, sie hievten die Sargdeckel hoch und sprangen aus ihrer makabren Schlafstätte, doch das hätte ich gehört.
Meine Bleistiftlampe brauchte ich nicht hervorzuholen, ich schaffte den Weg zu den Särgen auch ohne zusätzliche Beleuchtung. Was mir bevorstand, war klar.
Ich musste sämtliche Särge öffnen und die Ghouls mit gezielten Schüssen erledigen.
Eine Aufgabe, die ich keinem wünschte. Dabei fragte ich mich, ob diese Ghouls wirklich für Logan Costello bestimmt waren. Wenn ja, was wollte er damit?
Costello war ein Gangster, kein Dämon. Und umgab sich ein Verbrecher mit Ghouls?
Kaum.
Da steckte etwas anders dahinter. Und ich würde es herausbekommen. Meinen Plan hatte ich längst gefasst. Sollte es mir gelingen, die Ghouls auszuschalten, wollte ich so lange in dieser Halle warten, bis jemand kam, um die Särge abzuholen.
Der würde sich wundern…
Ich blieb vor den Särgen stehen. Es war eine lange Reihe. Man hatte sie nicht übereinander gestapelt, sie standen an der Wand. Einer neben dem anderen.
Und jeder Sarg war verschlossen. Das merkte ich, als ich an der Reihe
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