0153 - Eine Handvoll Leben
Vouner.
Der Zwischenfall hatte ihn hellwach gemacht. Mit finsterem Gesicht beobachtete er die beiden Aras bei der Arbeit. Nach einer Weile begann er, langsam im Kommandoraum hin und her zu gehen.
Die Zeit verstrich unsäglich langsam. Unaufhaltsam raste die KÖTARK ihrem fernen Ziel entgegen. Hinter ihren Stahlwänden belauerten sich drei Männer, die im Grunde erbitterte Feinde waren. Zwischen Hefner-Seton und Sorgun war es nur zu einem Waffenstillstand gekommen, der im gleichen Augenblick beendet sein würde, in dem es einem der Aras gelang, Vouner zu überwinden.
„Müssen Sie ständig auf und ab gehen?" schrie Sorgun nach einer Weile.
„Ja", sagte Vouner knapp.
Die Nervosität der Männer wuchs ständig. Bald würden sie die Gefahr von Vouners Waffen mißachten und über ihn herfallen.
Zumindest Sorgun konnte sich kaum noch beherrschen.
Die Raumortung übertrug nach wie vor das gleiche Bild. Vouner begann seine Schritte zu zählen. Es würde nicht schwer sein, auf der Erde zu beweisen, daß er der rechtmäßige Besitzer des Zellaktivators war. Man würde Vouner zehn Millionen Solar bieten, ihn aber niemals zwingen, den Aktivator abzugeben.
Vouner wußte nicht, wie viel Zeit verstrichen war, als ihm Hefner- Seton einen kleinen gelben Stern auf dem Bildschirm zeigte.
„Die Sonne, Terraner!"
Vouner begann vor Erleichterung zu zittern. Er ließ sich von dem Kommandanten einige Nahrungskonzentrate geben. Der Hunger war ein gutes Zeichen. Sein angespannter Körper begann wieder normal zu reagieren. Er ließ den Bildschirm nicht mehr aus den Augen.
Das war Sol, der Heimatstern der Menschheit. Als Unsterblicher würde er die Sonne noch oft sehen. In einigen tausend Jahren würde sich der Anblick kaum geändert haben. Ein berauschender Gedanke. Nie hatte Vouner die Macht, die ihm der Aktivator verlieh, so stark gefühlt wie in diesem Augenblick.
„Wir müssen einen Funkspruch absetzen", drang Hefner-Setons Stimme in seine Gedanken.
„Wozu?" erkundigte sich Vouner schroff.
„Um Ihre vorsichtigen Rassegenossen zu beruhigen", spottete der Ara. „Oder dachten Sie, wir könnten auf Terra landen, ohne durch dieses ausgeklügelte Kontrollsystem zu fliegen, das Sol umgibt?"
Vouner überlegte einen Augenblick. „Sagen Sie nichts vom Aktivator", ordnete er an. „Geben Sie die KÖTARK als medizinisches Forschungsschiff aus, das zum Zwecke des Informationsaustauschs auf Terra landen will."
„Diese Lüge wird man spätestens bei unserer Landung durchschaut haben", meinte Hefner-Seton.
„Wahrscheinlich haben Sie recht", stimmte Vouner zu. „Ich möchte nur vermeiden, daß irgendein Kommandant eines Wachschiffes vom Aktivator erfährt."
Der Ara lachte. „Sie haben Angst, daß man Ihnen das Gerät im letzten Augenblick abnehmen könnte", sagte er ironisch.
Vouner ärgerte sich, daß der Ara ihn durchschaut hatte.
Mißtrauisch verfolgte er, wie Sorgun an dem Funkgerät hantierte.
„Warum gibt es keine Bildübertragungen?" erkundigte er sich.
„Fragen Sie doch Ihre Freunde", forderte Sorgun gereizt.
„Dachten Sie, man macht für ein kleines Schiff der Aras einen Kanal frei?"
Vouner konnte als Laie nicht, entscheiden, ob er belogen wurde oder nicht. Er sagte sich jedoch, daß Sorgun angesichts der Nähe Sols keine Tricks mehr riskieren würde.
Nach einiger Zeit präsentierte Sorgun dem Terraner einen Streifen mit Symbolen, die für Vouner keinerlei Bedeutung hatten.
„Landeerlaubnis", erklärte er.
Der Verdacht, daß er hintergangen wurde, wurde in Vouner ständig größer. „Wenn irgend etwas schief geht, schieße ich Sie nieder", drohte er. Seine Unsicherheit wuchs. Warum machten die Aras keine Anstalten, sich seinen Befehlen zu widersetzen? Waren sie so sicher, daß sie ihn doch überlisten konnten?
„Dort!" sagte Hefner-Seton und deutete auf den Bildschirm. „Die Erde!"
Vouner sah eine kleine grüne Kugel auf dem Bildschirm auftauchen. Sie wurde rasch größer. Vouner glaubte bereits Meere und Kontinente unterscheiden zu können.
Der Anblick erschütterte ihn bis in sein Innerstes. Er hatte nie richtig daran geglaubt, daß er die Erde jemals wieder betreten würde. Für einen kurzen Augenblick wurde er wieder zu dem alten Hendrik Vouner, er entglitt für Sekunden dem unheilvollen Einfluß des Aktivators. In diesem Moment war er nichts als ein heimkehrender Terraner, ein einsamer Mann, der kaum das Gefühl seiner Freude unter Kontrolle bringen konnte.
Doch dann verschloß er seine
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