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016 - Herrin der Woelfe

016 - Herrin der Woelfe

Titel: 016 - Herrin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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Hinblick auf den übel zugerichteten Körper.
    Thania lehnte Dr. Weißers Auftrag ab, was ihr einige Missbilligung eintrug, doch sie hätte es nicht fertig gebracht, die Leiche noch einmal anzusehen. Sie übergab Eddie den Knüller.
    Erst als offensichtlich war, dass die Ermittlungen der Polizei nicht in ihre Richtung zielten, entspannte sie ein wenig; aber erleichtert war sie nicht. Sie begann die Last der Einsamkeit zu spüren wie nie zuvor. Dann kam ein Brief aus Wien.
     
    Sehr geehrtes Fräulein Lemar! Ich brauche Ihre Hilfe! Bitte kommen Sie!
    Khuon
     
    Darunter stand die Adresse. Die Zeilen waren mit ungelenker Hand geschrieben. Es schien dem Schreiber nicht leicht gefallen zu sein, sie zu verfassen.
    Aber woher kannte sie jemand aus Wien?
    Erst nach geraumer Weile sickerte die Unterschrift in ihr Bewusstsein.
    Khuon.
    Ihr Herz pochte rascher. Das konnte niemand anders sein als Cuon – der Rote! Woiew hatte recht gehabt mit seiner Vermutung, dass Cuon nach ihm die Stellung des Leitwolfs im Rudel einnehmen und damit menschliche Gestalt annehmen würde.
    Sie hatten sich also bis Wien durchgeschlagen, und sie brauchten Hilfe.
    Plötzlich wusste Thania, wer ihre Freunde waren und wohin sie gehörte. In Wien würde ihre Einsamkeit ein Ende haben.
     

     
    Khuon war groß und rothaarig – als Mann ebenso beeindruckend, wie er es als Wolf gewesen war. Er lebte mit seinem Rudel in einem der Außenbezirke in einer alten Villa von Karels Geldmitteln, die er aus dem brennenden Hof gerettet hatte; aber die Gelder neigten sich dem Ende zu. Und das würde der Untergang sein.
    Ein weiteres wesentliches Problem war, dass von Karels einstigem Rudel nicht mehr als sechs Wölfe übrig geblieben waren.
    »Sie gingen verloren«, sagte er. »Wir wussten nicht – ich wusste nicht, welche Schlüsse die Polizei ziehen und was man alles entdecken würde. Deshalb zog ich es vor, das Rudel fortzuführen an einen Ort, an dem wir neu beginnen konnten.«
    »Sie waren es, der mich gerettet hat, nicht wahr?« warf Thania ein.
    »Nachdem Sie uns gerettet hatten«, antwortete er. »Es muss gleich nach Karels Tod gewesen sein, dass ich menschliche Gestalt annahm. Aber ich fand mich anfangs nur schwer zurecht. Alles war neu und ungewohnt. Ich machte Fehler.
    Zudem hatte ich keine Papiere und musste vorsichtig sein. Es gelang mir nicht immer, Nahrung für sie zu beschaffen. So mussten wir uns trennen, und manche kamen nicht wieder.
    Durch die Verluste wurde auch die Kraft schwächer. Es gab Stunden, Tage, da war ich nur ein Wolf wie sie. Wir gerieten immer häufiger in Schwierigkeiten, und das«, er deutete auf das halbe Dutzend Wölfe, die im hoch umzäunten Garten der Villa herumliefen – »ist der kärgliche Rest. Und wenn Sie uns nicht helfen …«
    Er ließ die Worte in der Luft hängen.
    »Wie kann ich euch helfen?« fragte sie.
    »Die sechs«, erklärte er, »sind zu schwach, um mir ständig menschliche Gestalt zu geben. Und so, wie es jetzt steht, kann ich ihnen keine Sicherheit garantieren inmitten der Menschen.
    Karels Geld ist beinahe aufgebraucht, und ich sehe keine Möglichkeit, zu Papieren zu kommen, wenigstens nicht in absehbarer Zeit. Glücklicherweise bekam ich die Villa ohne Formalität, aber wir können nur bleiben, solange ich diesen unverschämt hohen Mietpreis zahle.«
    »Brauchen Sie Geld, Cuon?«
    Er schüttelte verneinend den Kopf. »Wir brauchen einen Leitwolf.«
    »Sie meinen, ich soll das Rudel übernehmen?« fragte sie aufgeregt.
    »Ich weiß, dass Sie eine von uns sind – eine Sklavin des Mondes. Aber Sie hat die Natur mit etwas ausgestattet, das wir uns mühsam erhalten müssen – und nicht mehr können: die menschliche Gestalt. Vergessen Sie nie: wir sind Ihre Brüder!«
    Er wurde plötzlich bleich. »Ihre Kräfte lassen nach. Ich fühle die Verwandlung kommen. Werden Sie es tun? Sagen Sie es mir rasch!«
    »Ja!« rief sie glücklich. »Ja, Cuon, ich will für euch da sein!«
    »Auch für uns töten?«
    Bevor sie antworten konnte, veränderte sich seine Gestalt. Es ging rasch – zu rasch für ihre Augen, um Details zu erfassen.
    Nach einem Moment stand der Rote vor ihr, so wie sie ihn in Erinnerung hatte.
    Sie streckte die Hand nach ihm aus, und diesmal wich er der Berührung nicht aus.
    »Ja, Cuon«, murmelte sie. »Ich werde auch für euch töten.«
    Ihre Hand fuhr streichelnd über sein Fell. Es war ein völlig neues Gefühl – Zärtlichkeit ohne Angst.
     

     
    Blut. Wachsendes, fließendes, nasses

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