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016 - Herrin der Woelfe

016 - Herrin der Woelfe

Titel: 016 - Herrin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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und nach aus. Seltsam ist, dass in seinen gesamten Aufzeichnungen das Wort Werwolf niemals gebraucht wird. Zapinsky spricht von etwas anderem: von einem »magischen Keim«
    Zapinskys Aufzeichnungen sind zu spärlich. Ich muss gründlicher sein. Es ist so wichtig zu verstehen, was mit uns geschieht und warum wir töten müssen.
    Aus seinen Notizen geht nicht hervor, wann ich in das Rudel kam und wie er mich fand. Und ich habe keine Erinnerung an mein Leben vor dieser Zeit. Das Wolfsgehirn speichert keine Erinnerungen. Ich bin ein Chrysocyon, ein Mähnenwolf. Das wenigstens geht aus seinen Notizen hervor. Zapinsky starb durch das Feuer. Das scheint unser schlimmster Feind zu sein.
    Feuer und Aberglauben. Ich beginne nun systematisch den alten Legenden nachzugehen.
    Sie stecken voller Wahrheiten.
    Wir sterben nicht durch gewöhnliche Gewehrkugeln. Ich glaubte es nicht. Aber ich nahm ein Tier aus dem Rudel und erschoss es. Es spürte den Schmerz, aber es blieb ohne Wunden.
    Es blutete nicht einmal, als ließe das Fleisch die Kugel einfach durch. Das gleiche geschieht bei einem Messer. Ich versuchte es auch am eigenen Körper. Was ein Arzt wohl denken würde, wenn er mich zu operieren versuchte?
    Die alten Legenden sprechen von Silberkugeln und geweihten Gewehren. Es ist nicht immer leicht, zwischen Aberglauben und der dahinter verborgenen Wahrheit zu unterscheiden. Die Waffenweihe ist bei fast allen Völkern ein Brauch. Damit kämpfen die Götter auf ihrer Seite. Und die Weihe war schon immer mein Schutz gegen das Böse, das Dämonische, das Magische. Ich bin sicher, dass ein geweihtes Gewehr mich nicht mehr verletzen könnte als ein ungeweihtes, denn an der Metamorphose ist nichts Magisches. Und wenn man die Kraft besitzt, seine Gestalt zu verändern, warum nicht auch sein Fleisch – unbewusst, gleich einem vom Gehirn gesteuerten Reflex.
    Ich schnitt mich mit einem silbernen Messer, und mein Blut floss reichlich. Etwas ist im Silber, auf das unser magischer Keim nicht reagiert.
    War es das, was Zapinsky und das Rudel so weit nach Norden trieb? Fort von den Karpaten, wo die Menschen die Macht des Silbers kennen und über dem Kruzifix die alten Überlieferungen nicht vergessen haben.
    Es gibt Geschöpfe des Tages und der Nacht. Der Mond übt auch auf die Menschen eine psychische Macht aus.
    Wir sind seine reinsten Geschöpfe.
    Mit dem Vollmond verlieren wir unser Abbild. Die Alten dachten, es wäre die Seele, die mit dem Spiegelbild verschwindet. Oder das Gewissen. Denn sie meinten, ohne Seele und ohne Gewissen wäre es leichter zu morden.
    Aber es ist anders. Der Hunger wird so groß, das Verlangen nach Blut und Lebenskraft, das der Mond in uns weckt, dass alle Vernunft in uns gelähmt wird. Wir müssen töten, auch wenn wir uns noch so sehr dagegen aufbäumen.
    Für mich hat es nie einen Kampf gegeben. Menschliche Gefühle sind mir fremd. Ich töte, wenn der Augenblick da ist – wie sie ein Tier töten, wenn der physische Hunger sie dazu treibt. Ich töte nicht, wie sie einander töten, aus Mordlust oder Profitgier oder Leidenschaft.
    Könnten die Tiere ihre Legenden berichten, so wäre der Mensch ihr größtes Ungeheuer.
    Warum ich? Warum Zapinsky? Gibt es darauf eine Antwort?
    Ist es Zufall? Ich habe mir diese Frage immer wieder gestellt.
    Wer wird nach meinem Tod das Rudel übernehmen?
    Es gibt keinen Beweis, aber ich denke, dass es Cuon sein wird, denn in ihm ist der magische Keim am stärksten. Ich fühle fast die Kraft, die von ihm ausgeht.
    Ich fand ihn in den Mährischen Wäldern auf meiner Reise nach Ungarn. Es ist faszinierend, darüber nachzudenken, wie es diesem Rotwolf gelungen ist, aus seiner mongolischen Heimat hierher zu kommen. Er schien sofort zu fühlen, dass wir etwas gemeinsam hatten. Er ist stark und bedeutet eine wirkliche Bereicherung des Rudels.
    Mein Ruf als Wolfsexperte dringt augenscheinlich überallhin.
    Ein Zirkusdirektor in Budapest schrieb mir, er hätte einen
    Lycaon von einem afrikanischen Tierhändler gekauft. Es sei unmöglich, diesen Hyänenhund zu zähmen, aber es sei auch unmöglich, ihn zu erschießen.
    Ich will ihn mir ansehen. Ich bin beinahe sicher, dass er einer von uns ist. Wir können jeden brauchen.
    Seit Alexis bei uns ist, sind die Dinge einfacher geworden.
    Die Wölfe respektieren ihn als Freund, auch wenn er ein Mensch ist. Ich bin nicht sicher, ob dieser Respekt auch in den Nächten des Vollmondes bestehen bleibt. Er verachtet uns nicht und er fürchtet uns nicht. Er

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