0160 - Der Sammler
die Flasche.
Es verging wieder eine halbe Stunde. Der Kleine kam in sein Bett und schlief.
Ty hatte sich nicht gemeldet!
Jetzt hielt es Linda nicht länger aus. Und wenn der ganze Schwindel platzte, ihr war es egal. Sie rief Tys Auftraggeber an.
Zweimal wurde sie weiterverbunden, und als sich der Mann schließlich bei ihr meldete, da explodierte er fast.
»Auf Ihre Stimme habe ich gerade gewartet!« schimpfte er.
»Wo ist Ihr Mann?«
Linda Garret wurde blaß. »Das… das weiß ich nicht. Deshalb rufe ich Sie ja an.«
Pause. »Sie… Sie wissen es wirklich nicht?«
»Nein.«
»Dann ist der abgehauen und will das Geschäft auf eigene Rechnung machen!«
»Niemals!« rief Linda. »Ty hat schließlich Frau und Kinder. Darauf muß er Rücksicht nehmen.«
»Na ja…«
»Ich melde es der Polizei!«
»Sind Sie wahnsinnig!« keuchte Lindas Gesprächspartner. »Sie können doch nicht einfach…«
»Ich kann, Mister. Schließlich geht es um meinen Mann und nicht nur um ein paar Kühlschränke. Ein Menschenleben hat immer Vorrang, das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben.«
Linda legte auf, ohne den anderen erst noch zu Wort kommen zu lassen. Sie wußte selbst nicht, woher sie den Mut genommen hatte, aber der andere sollte sich nicht einbilden, daß er sie herumstoßen konnte wie eine Schachfigur. Nein, nicht mit Linda Garret.
Sie war hier in Tullham geboren, kannte jeden und auch die beiden Polizisten. Die würden ihr bestimmt helfen. Der Kleine schlief. Linda zog ihren dünnen Mantel über und verließ das Haus.
Einige Nachbarn wunderten sich, warum Linda nicht grüßte, aber sie hatte es eilig.
In der Polizeistation fand sie die Beamten.
»Ah, Linda!« rief Melvin Nichols zur Begrüßung, »welcher Grund führt dich denn zu mir?«
»Es geht um Ty.«
»Hat er dich verlassen?«
»Unsinn!«
Linda mußte lächeln. Sie kannte Melvin schon länger. Sie waren zusammen aufgewachsen, und der rotblonde schlaksige Polizist hatte sich immer Hoffnungen gemacht, bis eben Ty Garret gekommen war und sich Linda in ihn verliebt hatte.
»Ty ist verschwunden.«
Melvin Nichols schüttelte den Kopf und beugte sich vor, wobei er beide Hände auf die Schreibtischplatte stützte. »Er wird mal einen draufgemacht haben, Linda, das würde ich nicht so sehen.«
Stur schüttelte die junge Frau den Kopf. »Wenn ich sage, er ist verschwunden, dann meine ich das auch so, mein Lieber«, erwiderte sie sehr deutlich.
»Was kann ich machen?«
»Du bist. Polizist, Melvin Nichols. Such ihn.«
»Und wie?«
Linda schüttelte den Kopf. Nichols war nie der schnellste gewesen, das hatte sie immer an ihm gestört, doch daß er auch jetzt noch so reagierte, wollte in ihren Kopf nicht hinein. Andere änderten sich, er wohl nicht.
»Ich möchte, daß wir beide ihn suchen.«
»Sollen wir die Kneipen abgehen?«
»Nein, er war nicht in einer Kneipe. Er ist mit dem Wagen unterwegs gewesen. Begreife das doch.«
Jetzt wurde Melvin Nichols ernster. »Moment«, sagte er und wandte sich an seinen Kollegen. »Haben wir vielleicht ein Protokoll über einen Unfall hereinbekommen?«
Lindas Herz klopfte plötzlich schneller. Unfall, Verletzung, vielleicht Tod…
»Lieber Gott«, flüsterte sie, »laß nichts passiert sein…«
Der zweite Beamte wühlte in einigen Papieren herum, bevor er den Kopf schüttelte.
»Nichts«, sagte Melvin und lächelte die Frau an. »Bist du nun zufrieden?«
»Nein. Höchstens etwas beruhigt, daß es ein Unfall schon nicht mehr sein kann.«
»Dann wird er sicherlich bald auftauchen«, sagte Nichols.
»Sonst willst du nichts unternehmen?«
»Wieso?«
»Aber wir müssen ihn doch suchen. Du mußt einen Trupp zusammenstellen…«
Jetzt lachten beide Polizisten. »Wie denkst du dir das? Wenn mal einer eine Nacht über nicht nach Hause kommt, kann ich ihn doch nicht suchen lassen. Dann wären wir ja immer unterwegs. Außerdem fehlen uns ganz einfach die Leute.«
»All right, ich habe verstanden, Melvin.« Linda wandte sich ab und ging zur Tür.
»Nimm's nicht persönlich!« rief der Polizist ihr noch nach, aber Linda hörte nicht. Sie wollte ihn auch gar nicht hören. Hastig lief sie nach Hause, überzeugte sich, daß der Kleine noch schlief und setzte dann ihre Idee in die Tat um.
Sie wollte ihren Mann selbst suchen, denn sie wußte genau, welche Strecke er fuhr. Und der Mini stand hinter dem Haus, in dem sie wohnten, auf einer Wiese.
Linda rangierte das Fahrzeug von der Wiese auf die Straße. Dabei würgte
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